Nonsens und Niveau – kein anderer kann diese beiden Größen so gut miteinander verbinden wie Helge Schneider. Am Dienstagabend ist der Künstler auf der Parkbühne im Clara-Zetkin-Park zu sehen und zu hören.
Das Leben ist wie eine Stiege Pflaumen. Nur ohne Wurm. Zumindest wenn man Helge Schneider ist. Oder Gast in seinem Universum. Noch aus den fauligsten Pflaumen quetscht er eine süß-swingende Jazzmelodei und die grünen lässt er reifen, bis sie rhythmisch pfeifen. Und manchmal packt er sie zusammen mit seiner Perücke, einer Handvoll zwielichtiger Charaktere und einem Plot wie aus dem »Lustigen Taschenbuch« in einen Mixer, um daraus so etwas wie einen Krimi in Pflaumenmus-Form zu machen.
Wer ihm bei »Katzenklo« noch Dada unterstellte, musste spätestens seit den Kollaborationen mit Peter Thoms in der Begleitband Hardcore anerkennen: Die singende Herrentorte ist Jazz. Selten im schnieken Anzug und mit Prosecco, aber mit Perücke und viel abstrusem Humor – so etwas wie Hardcore-Jazz eben. Mit großer Freude hat er immer schön die Grenze zwischen Ulk und ernsthafter Nudel verschwimmen lassen. Dass er bis in die Bartspitzen ein Musiker ist, kann Helge Schneider mit der Auszeichnung des Bundesverbandes Klavier nachweisen, der ihn 2008 zum Klavierspieler des Jahres gekürt hat.
Für alle, die es dann immer noch nicht glauben, oder auf derlei Titel keinen Wert legen, ist eine Referenz wie Chilly Gonzalez vielleicht mehr wert. Mit dem hat er sich live schon das ein oder andere musikalische Duell geliefert. Für Schneider selbst zählt das sicher allemal mehr. Er ist Musiker durch und durch, aber auch einer, der sich nie selbst Platten kauft, zumindest wenn man ihm in Interviews glauben darf. Musik passiert bei ihm auf der Bühne, im Proberaum und Studio oder notfalls auf irgendeiner Terrasse. Improvisation ist alles. Das war mit seiner ersten Begleitband, Die alten Wurstgesichter mit den unterlaufenen Augen und den unter den Achseln kneifenden zu engen Jäckchen, so, mit denen er den Grundstein für seinen Hardcore-Jazz legte, bis Hardcore dann übernahmen.
Das war auch mit den Firefuckers so, bis die Schneider zu rockig wurden. Und jetzt, zur Tournee zum Pflaumenmus, holt er nicht nur das Saxofon, sondern auch Peter Thoms wieder aus dem Obstkeller. Den alten Weggefährten, der ihn nicht nur bei Hardcore an den Drums, sondern auch als Nasenmann in »Doc Snyder« begleitet hat. Beide sind ein eingespieltes Team und werden sich auf der Parkbühne sicher nicht nur Rhythmen um die Ohren knallen, sondern auch den ein oder anderen alte Pflaumen diskriminierenden Witz. Darauf einen Obstler.
Dieser Text erschien zuerst im kreuzer 08/19.