Ein Radfahrer mit Sprühdose hat selbst in die Hand genommen, was er sich von der Stadt Leipzig wünscht: Deutlich sichtbare Markierungen auf dem Asphalt der Leipziger Fahrradstraßen. Stadträte äußern Verständnis für die Kritik am Radverkehrskonzept.
Seit langer Zeit ist Pierre L.* in Leipzig mit dem Fahrrad unterwegs. Er engagiert sich im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Und er ist unzufrieden: »Jeden Tag kämpfe ich auf meinem Rad mit Baustellen oder ganz plötzlich hört der Radweg einfach auf oder so ein Spaß«, erklärt er frustriert dem kreuzer. Seine Kritik an Leipziger Verkehrsstrukturen trägt er regelmäßig an die Verwaltung heran.
In der Nacht von Sonntag auf Montag hatte Pierre L. keine Lust mehr zu warten: Rund um die Albertina sprühte er mehrere große Fahrradstraßen-Symbole auf den Asphalt der Beethovenstraße.
Mit der Aktion verfolgt Pierre L. kein neues Verkehrskonzept. Bereits im Juni wandelte die Stadtverwaltung die Beethovenstraße und vier weitere Straßen in direkter Nähe in Fahrradstraßen um und ließ entsprechende Schilder aufstellen. In solchen Fahrradstraßen hat der Radverkehr Vorrang, der motorisierte Verkehr darf die Straßen nur bei entsprechender Zusatzbeschilderung nutzen und soll Radfahrende weder behindern noch gefährden.
Tatsächlich nutzen viele Autofahrer die Beethovenstraße jedoch noch immer wie eine gewöhnliche Tempo-30-Zone. Selbst wenn die Verwaltung aktiv wird, ändert sich also wenig am Status quo. Zahlreiche Autofahrer scheinen die Beschilderung der Fahrradstraße gar nicht wahrzunehmen. Dem wirkt Pierre L. mit seiner Aktion nun entgegen. Zumindest bis zum nächsten Regen – die Markierungen sind aus wasserlöslichem Kreidespray.
FDP-Stadtrat beklagt fehlendes Radverkehrskonzept in Leipzig
Dass die Verkehrszeichen in der Beethovenstraße leicht zu übersehen sind, findet auch Christopher Zenker von der SPD-Stadtratsfraktion. Er sagt aber auch, dass Radfahren in Leipzig in den vergangenen Jahren sicherer geworden sei. Pierre L. sieht das anders: »Es geht mit der Infrastruktur nicht voran und wird teilweise noch schlimmer.« FDP-Sadtrat Sven Morlok erklärte auf Nachfrage, das eigentliche Problem in Leipzig sei das fehlende Radweg-Konzept. Die Verwaltung arbeite mit Abschnitten, die zu keinem Netz zusammengefügt würden. Bis zum Jahresende solle die Verwaltung ein ordentliches Konzept vorlegen, dann könne man darüber diskutieren, erklärte er dem kreuzer. Für die Stadtratsfraktion der Grünen merkt Daniel von der Heide an, dass in der Öffentlichkeit nicht klar sei, was eine Fahrradstraße bedeute. Hier müsse weiter aufgeklärt werden. Die Leipziger Stadtratsfraktionen der Linkspartei und der CDU antworteten bisher nicht auf Anfragen des kreuzer.
Begeistert von der Aktion zeigte sich Tino Supplies vom Umweltverein Ökolöwe: »Jetzt muss es die Verwaltung nur noch mit ordentlicher Farbe machen«, sagt er. Ob das Leipziger Verkehrsamt für diesen Vorschlag zu begeistern ist, bleibt zumindest vorerst offen. Die fachlich zuständigen Kollegen seien derzeit alle bei der Mitteldeutschen Radverkehrskonferenz eingebunden, teilte ein Sprecher der Stadt Leipzig dem kreuzer mit.