Was passiert eigentlich bei einer Comiclesung? Und wie passen possierliche Tierchen und Endzeitstimmung zusammen? Antworten gibt der Comiczeichner Sascha Hommer, wenn er am Donnerstag sein neues Werk »Spinnenwald« vorstellt.
Waltrauder sind nicht zu beneiden. Die wurstartigen Riesenraupen können nicht viel, dafür werden sie gejagt und gepeinigt. Denn ihre Haut ist die Heimat von Flohwanzen, die wiederum die Nahrung der Menschen bildet. Darum werden die Waltrauder aus ihrem geliebten Spinnenwald verschleppt, um den Menschen auf den kargen Felsen als animalische Farm zu dienen. Diese Sippe hofft derweil, endlich den Weg ins Wolkenkuckucksheim zu finden, und wartet sehnend auf den Boten wie in den 90ern Ost-Kommunen auf den Investor aus dem Westen. Willkommen in »Spinnenwald«.
So heißt der jüngste Streich des Comickünstlers Sascha Hommer, den er höchst selbst am Donnerstag im Cineding vorstellt. Die schräge Handlung mit den possierlichen Typen hat etwas von Endzeitstimmung. Denn so recht ist nicht zu entscheiden, ob die gezeichnete Sippe um die Teenager Dan und Albi nun die ersten oder letzten Menschen sind. Stehen sie am Beginn oder am Schluss der Zivilisation? Diese Nichtbestimmung des Orts und die merkwürdigen Tierwesen machen den Charme der Geschichte aus. Die niedlichen Zeichnungen stehen dabei in einem konträren Verhältnis zur gefahrvollen Reise der Jugendlichen durch den Spinnenwald – was den Reiz des Comics ausmacht. Über allem schwebt tatsächlich wie metaphorisch das Augenlicht, das hier bösen, göttlichen und auch bloß erhellenden Charakter annimmt. Schau und Schauen ist das heimliche Thema hinter dieser kleinen Abenteuerparabel, in der man besonders mit den Waltraudern mitleidet.
Sascha Hommer kann man nicht allein beim Waltraudern-Zeichnen erleben. Neben seiner »Comiclesung« (was ist das?) werden unter anderem die (nicht mehr nur) Local Heroes Anna Haifisch und Max Baitinger zugegen sein und Künstlerisches beisteuern. Denn der Auftritt ist ein Warm-Up für den »The Millionaires Club«, die Comic-Zine-Independent-Messe. Einen kleinen Vorgeschmack auf diese wird es geben – mit Plaudereien, Herumkritzeln und Hip-Tun. Beim Smalltalk über »Spinnenwald« lässt sich dann auch die Hundert-Punkte-Frage klären, wie die Punkis genannten Flohwanzen wohl schmecken – nach Hühnchen oder nach Nuss.