Das Leipziger Start-up »Buzzard« setzt sich für einen Medienkonsum außerhalb der eigenen Filterblase ein. Damit wollen sie gerne weitermachen, brauchen für die Umsetzung ihrer Ideen aber Unterstützer. Mit einer Kampagne werben sie jetzt für ihr »Start-up gegen Hass und Hetze«.
»Populisten bestimmen den Diskurs, Extremisten gewinnen an Macht, weil sie mit einfachen Antworten überzeugen«, sagt eine Stimme, während Bilder von Fackelmärschen, brennenden Barrikaden, Donald Trump, Björn Höcke und Jair Bolsonaro gezeigt werden. Es sind radikale Worte und radikale Bilder, die das Team von Buzzard gewählt hat, um für die Dringlichkeit ihres Projekts zu werben. Immer mehr Menschen würden Medien konsumieren, um ihre eigene Weltsicht zu bestätigen, heißt es im Imagefilm. Dario Nassal und Felix Friedrich haben deshalb ein neues Online-Medium entworfen – um Perspektivenvielfalt zu stärken und gegen Filterblasen zu kämpfen.
Das Portal soll Nutzerinnen und Nutzern helfen, einen ausgewogenen Blick auf Medien zu werfen. Eine News-App soll außerdem in der Hast des Alltags einen differenzierten Überblick über das Medienspektrum bieten. »Wenn wir uns wirklich eigenständig eine Meinung bilden wollen, ist es wichtig, alle Seiten zu kennen, die Debatten zu durchdringen und zu beherrschen«, sagt Buzzard-Gründer Dario Nassal.
Gegenargumente hören
Auf der Plattform »the.buzzard.org« haben Nassal und Friedrich in den vergangenen Jahren ihren Leserinnen und Lesern den Service geboten, sich umfassend zu informieren und auch Gegenargumente zu hören. Sie haben dafür die nationale und internationale Medienlandschaft nach Beiträgen zu gesellschaftlichen Debatten durchforstet und diese in Themendossiers zusammengetragen. »Wir wollten einfach, dass die Leute aus ihren Filterblasen rauskommen«, sagt Nassal. The Buzzard beschränkte sich in seiner Auswahl nicht auf etablierte Medien, sondern zeigte auch, was Blogger, Aktivisten und Wissenschaftler zu den Debattenthemen schreiben. Welche Beiträge kuratiert wurden, hinge von der inhaltlichen Positionierung ab, so Nassal.
Bis zu 70 Stunden investierten die beiden 28-Jährigen mit ihrem Team pro Thema, um es möglichst gründlich zu beleuchten, sagt Nassal. Monatlich klickten rund 5000 Leserinnen und Leser auf thebuzzard.org, ihren Newsletter hatten 2000 Menschen abonniert. Dennoch reichte es für das Team nicht, um von dem Projekt leben zu können.
Leser können mitmachen
Das alte Konzept wurde nun überarbeitet und soll unter Buzzard künftig nicht nur ein Online-Medium, sondern auch eine News-App bieten. Dafür haben Nassal und Friedrich eine Kampagne gestartet, mit der sie Unterstützer gewinnen wollen, um ihre Idee umzusetzen. Innerhalb eines Monats wollen sie 4500 Mitglieder anwerben, die ein Jahresabo abschließen. Das soll 250.000 Euro in die Kasse spülen. Das Projekt wäre so für ein Jahr finanziert. »Es geht dabei um reine Kostendeckung, nicht um Profit.« Nur wenn die angesetzte Summe nach vier Wochen erreicht ist, geht das Projekt an den Start. Sollte das Team daran scheitern, bekommen die Mitglieder, die bereits gespendet hatten, ihr Geld zurück.
Läuft alles glatt soll das neue Projekt 2020 starten. »Wir wollen eine Tagesredaktion aus fünf Journalistinnen und Journalisten gründen, die die Debatten und Perspektiven kuratieren«, sagt Nassal. Zusätzlich setzen sie auf die Nutzer. »Leser können bei uns über Themensetzung und Perspektivenwahl mitbestimmen und sich einbringen«, so der 28-Jährige.