... und was sonst so Filmisches in der Stadt passiert.
Luis Buñuel, Pedro Almodóvar, Pablo Larraín – das spanischsprachige Kino ist reich an Meistern der Bildkunst. In enger Zusammenarbeit mit den Unis Halle und Leipzig widmet die Schaubühne Lindenfels dem spanischen Kino allmonatlich bis zum Februar eine Filmreihe. Am 3. Dezember gibt es nun Guillermo del Torres abgründiges Werk »Pans Labyrinth« zu sehen. Das düstere Fantasy-Meisterwerk wurzelt in den Grauen des spanischen Bürgerkriegs unter Franco. Die zeitliche Einordnung übernehmen die Studenten. Alle Filme werden selbstverständlich im spanischen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt. Alle Screenings sind öffentlich, so dass auch das nichtstudentische Publikum etwas über die Vielfalt des spanischsprachigen Kinos lernen kann.
»Film in Spanien im 20./21. Jahrhundert«: 3.12., 14.1., 4.2., Schaubühne Lindenfels
Film der Woche: Eine unbewohnte Insel vor der Küste von New England, um 1890: Der alte Leuchtturmwächter und ein junger Hilfsarbeiter legen auf dem unwirtlichen Stück Land an, um dort die nächsten Monate gemeinsam Dienst zu schieben. Thomas Wake, der Alte, nutzt seine Autorität schamlos aus und verdonnert den Jungen, Ephraim Winslow, zur Drecksarbeit, während er im obersten Stockwerk des Leuchtturms sitzt und die Flamme bewacht. Die Nächte sind gefüllt mit Alkohol und dem nicht enden wollenden Seemannsgarn des Alten. Schon bald bilden sich Spannungen zwischen den beiden Männern. Während der Sturm peitscht und die Brandung immer höher schlägt, verliert der Junge zunehmend den Verstand. In grobkörnigem Schwarz-Weiß setzt Regisseur Robert Eggers (»The Witch«) sein Kammerspiel in Szene, so dass es wie aus der Zeit gefallen wirkt. Konsequenter wäre es vielleicht gewesen, den Film komplett stumm zu inszenieren. Doch dann würde das grandiose Spiel zweier Charaktermimen wohl nur noch halb so intensiv wirken: Willem Dafoe und Robert Pattinson liefern sich ein Psychoduell, bei dem die Grenzen der Wahrnehmung schon bald verschwimmen und der Kinobesucher am Ende seltsam fasziniert und ratlos aus dem Saal stolpert. Ein cineastisches Delirium par excellence. Ausführliche Kritik im aktuellen kreuzer.
»Der Leuchtturm«: 28.11., Passage Kinos
Am 28. Dezember 2015 erschien im New York Magazine ein Artikel, der sich liest wie eine moderne Robin Hood Geschichte: Inmitten der Finanzkrise organisiert sich eine Gruppe Stripperinnen, um den Bankern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Im Kern erzählt dieser Artikel von einer Freundschaft zwischen den zwei Drahtzieherinnen. Eine enge Bande, die sich im Laufe der Zeit ins Gegenteil umkehrte. Aus dieser Perspektive erzählt Regisseurin Lorene Scafaria (»Auf der Suche nach einem Freund fürs Ende der Welt«) auch die Adaption der wahren Geschichte. Eine dieser beiden Frauen ist Destiny (Constance Wu). Die junge Asiatin kümmert sich um ihre Großmutter und hält sich in New York mehr schlecht als recht über Wasser. Dabei will sie ihrem Namen endlich gerecht werden und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Also folgt sie der Spur des Geldes in einen Stripclub im Big Apple, wo die Neureichen der Wall Street ihr Gehalt verjubeln. Dort trifft sie auf Ramona Vega (Jennifer Lopez), die den Männern scheinbar spielend leicht die Scheine aus der Tasche zieht. Ramona wird ihre Mentorin und zeigt Destiny, worauf es ankommt. Doch dann kommt der Börsencrash und das Geld der Broker sitzt nicht mehr so locker wir zuvor. Ein Umstand, der ihre Branche und damit ihre gesamte Existenz gefährdet. Also schmieden die Frauen einen riskanten Plan, um schnell zu Geld zu kommen.
Lorene Scafaria wandelte den Artikel aus dem New York Magazine zu einem packenden Film um, der Elemente des Gangsterfilms mit einem tiefen Charakterdrama verbindet und darüber hinaus glänzend unterhält. Es ist spürbar, dass Autor und Regisseur Adam McKay (»Vice«, »The Big Short«) und Will Ferrell »Hustlers« produzierten. Ähnlich wie McKay erzählt Scafaria temporeich in Rückblenden und bettet die Ereignisse in den zeitlichen Kontext ein. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise geht es um eine Emanzipation einer Gruppe von Frauen, die nicht mehr abhängig sein wollen von Männern. Dabei schildert sie zunächst auch den wenig glamourösen Alltag in einem Stripclub und entlarvt männliche Verhaltensweisen. Doch aus dem schwungvollen Auftakt im Stil von »Magic Mike« wird zunehmend ein düsterer Thriller um Geld, Neid und falsche Freundschaften. Die narrative Klammer wird durch das Gespräch Destinys mit der Autorin des Artikels gesetzt, hier verkörpert von Julia Stiles (»Jason Bourne«). Der dramaturgische Kniff hält die Spannung. Die Frauen, die den Club bevölkern, bringen ihre Lebensgeschichten mit. In den Nebenrollen sind unter anderem auch Pop-Sensation Lizzo und die Rapperin Cardie B. zu sehen. Über dem überzeugenden Ensemble der Schauspielerinnen schwebt die traumwandlerische Performance von Jennifer Lopez. Sie verleiht »Hustlers« Glanz und ihrer Figur überraschende Tiefe.
»Hustlers«: ab 28.11., Cineplex, CineStar, Regina Palast
Was den Mut für unkonventionelle Ideen anbetrifft, ist man uns in Island stets um Längen voraus. Althergebrachte Mechanismen werden hier überdacht und neu definiert. Ideen werden ins kalte Wasser geworfen, um zu sehen, ob sie schwimmen. Snorri Magnússon ist ein Gefühlsmensch. Sein natürlicher Instinkt im Umgang mit Säuglingen treibt ihn voran und machte ihn in den Neunziger Jahren zu einem beispiellosen Revolutionär in der frühkindlichen Erziehung. Er wirbelt sie durch die Luft, stellt sie aufrecht auf seine Handflächen, taucht sie unter Wasser und albert hemmungslos mit ihnen herum. Daneben die besorgten Eltern, die ihrerseits lernen zu vertrauen und ihr Kind zu verstehen. Mehr als 7.000 Säuglinge und ihre Eltern hat er so bereits bereichert in die Welt geschickt und verblüfft mit seiner Arbeit immer wieder Wissenschaftler und Verhaltensforscher. Die Stunden in dem runden Wasserbassin inmitten der Natur Islands sind etwas ganz Besonderes. Das macht der Dokumentarfilm von Elín Hansdóttir, Anna Rún Tryggvadóttir und Hanna Björk Valsdóttir unmittelbar bewusst. Er erinnert daran, dass wir über das erste Lebensjahr und darüber, was in dem Kopf eines Babys vor sich geht, immer noch viel zu wenig wissen. Ihr Film beschäftigt sich nur am Rande mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Wenn man den Kindern beim Schwimmen, Tauchen, Planschen zusieht, erkennt man auch so, dass es ihrer Natur entspricht und sie eine große Freude dabei empfinden. Verblüffend ist dabei, wie natürlich und überhaupt nicht ihrem Alter entsprechend sie reagieren, wenn er sie fordert und fördert. Ein faszinierender filmischer Einblick, der zwar hier und da redundant wirkt, aber die Herzen jedes Menschen öffnen wird, ob mit eigenem Nachwuchs oder nicht.
»Snorri & der Baby-Schwimmclub«: ab 1.12., Passage Kinos
Nicht wo, sondern wer ist Eva Collé? Das ist hier die eigentliche Frage. Die einfache Antwort: Eine Ikone der Bloggerwelt, seitdem sie eines Tages ihre Privatsphäre ad acta legte und ihr Tagebuch veröffentlichte. Und Eva ist eine Sexarbeiterin. Follower kontaktieren die junge Frau mit den persönlichsten Fragen, von denen einige hier das erzählerische Gerüst bilden. Und Eva antwortet. Schwierig ist es trotzdem, Evas Persönlichkeit zu erfassen: Therapeuten sprechen von Borderline, sie selbst diagnostiziert sich Autismus. Warum, erfahren wir nicht. Vielleicht, weil es gerade fancy ist, so wie alles, was Eva und ihre Hipsterfreunde tun. »I get more money for a blowjob than three days fashion week« – diese und ähnliche Aussagen serviert uns der gelackte Streifen am laufenden Band, gewispert von den sinnlichen Lippen jener Influencerin, die, wie wir erfahren, aus schwierigen Verhältnissen und aus einem kleinen Dorf in Italien stammt und nicht wirklich Eva heißt. Regisseurin Pia Hellenthal versucht, mit der Kontrastierung von Evas perfekt inszenierter Selbstdarstellung und intimen Aufnahmen aus ihrem Privatleben ein differenziertes Porträt zu zeichnen, wobei die Kamera nahezu von Evas eigenwilliger Erscheinung absorbiert wird. Die politische Komponente verwischt hinter den Fassaden, und so bleibt bei aller hyperstilisierten Nacktheit am Ende leider nicht mehr als eine narzisstisch-nihilistische Nabelschau, an der irgendwie alles wie Pose wirkt. Ausführliche Kritik von Karin Jirsak im aktuellen kreuzer.
»Searching Eva«: 1./2., 4./5., 10.12., Cinémathèque
Weitere Filmtermine der Woche
Kurdische Filmtage
Das Cineding öffnet die filmische Tür in eine umkämpfte Region, die auch heute wieder die Nachrichten beherrscht. Die Filme handeln vom Krieg, Flucht und der Aufarbeitung der Vergangenheit. Aber auch von der verbindenden Kraft der Musik und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
27.11.-30.11.2019
Archekinoklub: Die große Filmpremiere
Der selbstgedrehte Film des »ArcheKinoKlubs« feiert Premiere. Im Verlauf eines Jahres lernten die jungen Filmemacher Profis aus dem Filmgeschäft kennen, schrieben ihr eigenes Drehbuch, standen vor und hinter der Kamera und produzierten ihren eigenen Film.
29.11., 16 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Das Luftschiff - die phantastischen Flüge des Fritz Rudolf Fries
Einer der experimentellsten Spielfilme, die bei der DEFA entstanden sind. Erzählt wird nach dem gleichnamigen Roman von Fritz Rudolf Fries die Geschichte eines besessenen Erfinders aus Leipzig, der nach Spanien auswandert und davon träumt, ein Windmühlenluftschiff zu bauen. - anschl. literarisches Film-Gespräch mit dem Regisseur mit Rainer Simon und dem Literaturkritiker Helmut Böttiger. Der Eintritt ist frei.
29.11., 20 Uhr, Schaubühne Lindenfels
In Between / Bar Bahar
Die Palästinenserinnen Laila, Salma und Noor suchen in Tel Aviv nach einem eigenen Weg im Leben zwischen zwei Welten. Ein aufschlussreiches Porträt sozialer Veränderungen in einer Gesellschaft, die von traditionellen, männlichen Strukturen geprägt ist, in deren Schatten sich jedoch freie, ungehorsame, verliebte Frauen selbstbestimmte Lebenswege erkämpfen. - anschl. Gesprächsrunde mit Omar Kamil (Universität Erfurt) zur Situation in Israel nach den Wahlen
29.11., 19 Uhr, Cinémathèque in der Nato (OmeU)
Bamboo Stories
Die raue Welt einer Handvoll Männer, die seit Generationen Bambus fällen und das Holz mit riesigen Flößen zu den Großhändlern in der Hauptstadt Dhaka bringen. Die Fahrt über 300 Kilometer mit 25.000 Baumstämmen dauert über einen Monat und ist voller Gefahren. Neben den Stromschnellen des Flusses lauern auch Diebe und Piraten auf leichte Beute. Am 30.11. anschl. Filmgespräch mit Regisseur Shaheen Dill-Riaz.
30.11., 19 Uhr, Schaubühne Lindenfels
Proceder
Musiker-Biografie auf den Spuren von Eminems »8 Mile«. - Polnisches Kino
30.11., 17 Uhr, 1.12., 20 Uhr, Cineplex (OmeU)
1985
Coming-Out zu Weihnachten auf dem Höhepunkt der HIV-Epidemie Mitte der achtziger Jahre. Preisgekröntes US-Drama in Schwarz-Weiß. - zum Welt-Aids-TagOmU, 85 Min
1.12., 21 Uhr, Kinobar Prager Frühling (OmU)
Dear Mr. Wonderful
»Dear Mr. Wonderful« ist Peter Lilienthals Liebeserklärung an die Stadt New York. Joe Pesci spielt einen Bar-Besitzer und Sänger in Manhattan, den Immobilien-Spekulanten um sein Lebenswerk bringen. Dennoch hält er an seinen Träumen fest. - Zum 90. Geburtstag von Peter Lilienthal, mit Einführung von Wolfgang Jacobsen (Filmhistoriker)
1.12., 17.30 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei (OmU)
David
Peter Lilienthal flieht als Zehnjähriger mit seinen Eltern vor den Nationalsozialisten nach Uruguay. Als Student kehrt er 1954 zurück nach Berlin und wird ein wichtiger Vertreter des Neuen Deutschen Films. Für »David«, die Verarbeitung seines Lebens als Kind im Dritten Reich, erhält er 1979 den Goldenen Bären der Berlinale. - zum 90. Geburtstag von Peter Lilienthal, mit Einführung von Wolfgang Jacobsen (Filmhistoriker)
1.12., 19.30 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Depeche Mode: Spirits in the Forest
Konzertfilm von Anton Corbijn über die »Global Spirit«-Tour von Depeche Mode.
1.12., 19 Uhr, Cineplex
Der Räuber Hotzenplotz
Der Räuber Hotzenplotz ist schon ein ganz gefährlicher Schurke, und eigentlich geht man so einem besser aus dem Weg. Doch als er der Großmutter die geliebte Kaffeemühle stiehlt, beschließen Kasperl und Seppel dem dreisten Dieb auf eigene Faust das Handwerk zu legen. - Kinderfilmklassiker
1.12., 15 Uhr, Schauburg
Die Muppets Weihnachtsgeschichte
Was für ein verbitterter Geizkragen ist doch dieser Ebenezer Scrooge. Erst durch eine magische Reise erkennt er die wahre Bedeutung von Weihnachten. Was gibt es Schöneres, als zwischen Weihnachtsessen und Geschenken der verrückten Muppetgang auf der großen Leinwand zu folgen?
1.12., 14 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Die Weihnachtsgeschichte in einer Inszenierung der Augsburger Puppenkiste
Die biblische Weihnachtsgeschichte in einer Interpretation der Augsburger Puppenkiste.
1.12., 13 Uhr, Cineplex
Russisches Kino
Russisches Kino im Original ohne Untertitel. Diesmal mit der Beziehungskomödie »Another Woman«: Die Gynäkologin Masha ist so sehr mit ihrer Arbeit beschäftigt, dass sie zunächst gar nicht mitbekommt, dass ihr Mann sie verlassen will. Aber so leicht lässt sich Masha nicht zur Seite schieben. Sie nimmt es mit der neuen Freundin ihres Mannes, einer attraktiven jungen Fitnesstrainerin auf.
1.12., 17.30 Uhr, Cineplex, 17 Uhr, Cinestar
Bitte nach Mitte! Die Schauspielschule Ernst Busch zieht um
Dokumentarfilm über die älteste deutsche Schauspielschule, »Ernst Busch«, mit anschl. Gespräch mit der Regisseurin Anne Osterloh.
3.12., 19 Uhr, Kinobar Prager Frühling
Geheimnisse des Orients
Der Flickschuster Ali gerät in den Besitz einer Wunderpfeife und wird dadurch für einen Prinzen gehalten. - Ballet Mécanique #7, mit Einführung
3.12., 20 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
Menschsein
Eine Dokumentation über Begegnungen mit Menschen mit Behinderung während einer Reise um die Welt. - Campuskino zum bundesweiten Aktionstag Inklusion, anschl. Publikumsgespräch über den aktuellen Stand der Inklusion in Deutschland
3.12., 19.30 Uhr, Cineplex
Pans Labyrinth
Düsteres Märchen für Erwachsene zur Zeit des Franco-Regimes. - Cine Español mit thematischer Einführung zu Franco-Regime und Spanischem Bürgerkrieg
3.12., 20 Uhr, Schaubühne Lindenfels (OmU)
Mishima - Ein Leben in vier Kapiteln
Vier Kapitel im Leben des Schriftstellers Yukio Mishima. Restaurierte Wiederaufführung des vergessenen Klassikers von Paul Schrader.
4.12., 21 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei (OmU)
Crossings & Femme
Queerblick goes Kurzfilm: »Crossings« ist ein von Sexarbeiterinnen produzierter Dokumentarfilm über die Auswirkungen der Kriminalisierung auf migrantische Sexarbeiterinnen in Europa sowie deren Widerstände. In dem Kurzfilm »Femme« versucht eine Frau am Morgen danach eine durchzechte Nacht zu rekonstruieren. - im Anschluss an die beiden Filme Gepsräch mit der Fachberatungsstelle für Sexarbeit Leipzig zusammen mit einer queeren Person aus der Sexarbeit, anlässlich des Welt-Aids-Tages mit Häppchen und Drinks
4.12., 19.30 Uhr, Passage Kinos
Schönheit & Vergänglichkeit
Ein weiterer Dokumentarfilm über den Fotografen Sven Marquardt, der auch als Türsteher der Berliner Disco Berghain bekannt ist. - am 4.12. Preview in Anwesenheit von Regisseurin Annekatrin Hendel und Sven Marquardt
4.12., 19 Uhr, Passage Kinos