Eine Ausstellung der Amadeu Antonio Stiftung zu rechtsextremen Frauen gibt gute Denkanstöße zum Frauenbild in der Geschichte und Gegenwart
Wenn über Neonazis in der DDR gesprochen wird, sind Frauen in der rechtsextremen Szene Ostdeutschlands meist kein Thema. Die historische Realität sah jedoch anders aus, wie derzeit eine kleine Ausstellung der Amadeu Antonio Stiftung in der Leipziger BStU-Stelle zeigt. Sie dokumentiert, wie Männer bei Staatssicherheit und Polizei an ihrem traditionellen Frauenbild festhielten und weitestgehend blind dafür waren, welche Rolle rechtsextreme Täterinnen spielten.
Rechtsextreme Frauen wurden und werden gern übersehen und unterschätzt, so lautet die Ausgangsthese der Ausstellung. Frauen werden oftmals als unpolitische Mitläuferinnen wahrgenommen, die als »Freundin von« seitens der Ermittler keinen eigenen politischen Willen anerkannt – und somit auch nicht als eigenständige Täterinnen erscheinen. Die Frage, die sich daraus stellt: Ist dies ein neues Phänomen oder ein historische Kontinuität?
Das Ministerium für Staatssicherheit schätzte den Frauenanteil der rechtsextremen Szene in den 1980er-Jahren auf zehn Prozent. Die Ausstellung zeigt sichergestellte Dokumente von der Stasi zu Aktivitäten von Frauen – wie beispielsweise eine Unterschriftenliste von 1976 aus Spergau, mit der eine Frau die Ausweisung von Vertragsarbeitern fordert. Drei Frauen werden exemplarisch vorgestellt.
Eine davon ist die anfangs als »Fußballrowdy« später als »Faschist« kategorisierte Sabine P.. Sie wurde 1968 in Potsdam geboren, beginnt nach der 10. Klasse eine Lehre, besucht mit Skinhead-Freunden die Fußballspiele des BFC Dynamo und zieht nach Berlin-Lichtenberg. 1986 wird sie nach einer Schlägerei auf dem Weg zu einem Fußballspiel nach Dresden als »Fußballrowdy« eingeordnet. Sie erhält Anfang 1988 eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, die sie im Frauengefängnis Hoheneck absolvieren muss. Dort sucht sie Kontakt zu NS-Kriegsverbrecherinnen, wie der früheren KZ-Aufseherin Erika Bergmann, die von 1955 bis 1991 in Hoheneck saß.
Die ausgestellten Dokumente vermitteln Eindrücke von der ideologischen Basis der damaligen Szene. So wird der Anführer der westdeutschen Neonazis Michael Kühnen als Vorbild genannt. Auch konkrete Aktionen sind angeführt, wie das Organisieren von Feiern am 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, oder des sozialen Lebens um die Lichtenberger Front.
Weil die Ausstellung sich auf die Akten der Staatssicherheit und Polizei konzentriert, enden die erzählten Biografien 1989. Lohnenswert wäre zweifelsfrei eine umfangreichere Ausstellung, in der die Lebensläufe weitererzählt und damit Kontinuitäten oder Brüche auf allen Seiten der Gesellschaft erkennbar werden könnten.