Geschlossene Schulen, Kneipen oder Theater, keine Messen, Konzerte oder Sportveranstaltungen, Kontaktbeschränkung und ein runtergefahrenes Sozialleben: Mit Corona ist draußen weniger los. Entsprechend war ab Ende März das Verkehrsaufkommen viel geringer als sonst. Damit lässt sich den Vögeln besser beim Singen zuhören. Und die Luft sollte eigentlich auch sauberer sein
Die Leipziger Luft misst das sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG). »Grundsätzlich liegt es natürlich auf der Hand, dass ein verringerter Ausstoß von Luftschadstoffen zu einer besseren Luftqualität führt. Man kann es nur jetzt noch nicht in Zahlen fassen.« So erklärt es Karin Bernhardt, Pressesprecherin beim LfULG.
Vier Messstationen in der Stadt liefern Daten über Feinstaub, Rußpartikel, Stickoxide und Co.: straßennah an den verkehrsreichen Punkten am Hallischen Tor und in der Lützner Straße sowie an ruhigeren Stellen in Leipzig-West und Leipzig-Thekla. Weil zum Beispiel das Wetter aber die Daten beeinflussen kann, können so gewonnenen Daten erst im Rückblick über einen längeren Zeitraum interpretiert werden. Und Bernhardt weist auf andere Faktoren hin, die die Luftschadstoffe bestimmen können: »Es könnte aber auch sein, dass der Effekt weniger Straßenverkehr etwa durch den Effekt mehr Raumheizung, mehr Kamin-Nutzung überlagert wird.«
Luftschadstoffe: Feinstaub, Ruß, Stickstoffoxide
Eben weil es neben dem Verkehr noch andere Einflussfaktoren gibt, lassen sich die Mittelwerte von einzelnen Wochen oder Monaten nicht einfach so miteinander vergleichen. Feinstaub ist eigentlich immer da: Normalerweise lässt sich am Stadtrand mehr messen als außerhalb und an viel befahrenen Straßen noch einmal mehr als in den Außenbezirken. Feinstaub, das sind alle Partikel, die kleiner sind als zehn Mikrometer. Sie sind nicht per se gesundheitsschädlich, viele kommen natürlich vor – zum Beispiel Pflanzenpollen oder Meersalz. Aber an der Oberfläche von Partikeln können sich Schwermetalle oder Krebs erzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) anlagern. Außerdem enthält Feinstaub Ruß, der bei der (unvollständigen) Verbrennung organischer Stoffe wie Diesel oder Holz entsteht; er gilt als toxisch. Und dann gibt es noch Stickstoffoxide. Sie können die menschliche Gesundheit schädigen, eine erhöhte Belastung kann zu vermehrten Atemwegserkrankungen und einem vorzeitigen Tod führen. Ein großer Verursacher von Stickstoffoxiden sind Dieselmotoren – wenn weniger Verkehr einen Unterschied macht, dann sollte er sich hier niederschlagen: »Um den Einfluss des lokalen Straßenverkehrs zu beurteilen, ist die Konzentration von Stickstoffdioxid die geeignetere Größe. Der lokale Straßenverkehr ist entscheidend für das Konzentrationsniveau von Stickstoffdioxid an Stationen mit hoher Verkehrsbelegung«, sagt Karin Bernhardt.
Mehr Verkehr, mehr Stickstoffdioxid
Bei der Konzentration von Stickstoffdioxid (NO2) lassen sich aktuelle Daten mit früheren Zeiträumen vergleichen, außerdem lässt sich die Entwicklung an den verkehrsreich gelegenen Messstationen Leipzig-Mitte und Leipzig-Lützner Straße der Entwicklung an der ruhig gelegenen Station Leipzig-West gegenüberstellen. Deutlich wird: Die NO2-Konzentrationen sind – wenig überraschend – an der verkehrsärmeren Station in Leipzig-West insgesamt viel niedriger. Dieses Jahr begann an allen Stationen mit weniger NO2, schon im Februar diesen Jahres waren die Werte an allen drei Stationen sehr gering. »Dies wurde durch die extrem zu warme Witterung begünstigt«, sagt Karin Bernhardt. Und: Bereits im letzten Jahr lag weniger Stickstoffdioxid in der Luft als im Durchschnitt der vier Jahre davor. Fazit: Ob die jüngeren niedrigen Werte direkt etwas mit weniger Verkehr durch Corona zu tun haben, lässt sich jetzt noch nicht beurteilen. Aber schon letztes Jahr ließ sich in der Luft weniger NO2 messen. Und das ist doch eine gute Nachricht.