Mülltrennung soll in Deutschland die Umwelt schonen. Doch zu viele trennen immer noch falsch, auch in Leipzig. Wie falsch, das hat eine Analyse im Auftrag der Stadtreinigung untersucht. Es kam heraus: Müll richtig trennen hängt mit der Wohnsituation zusammen.
Der braune Deckel schnellt nach oben und enthüllt, was da nicht hingehört: eine grün-durchsichtige Plastiktüte. Offenbar ist sie mit Küchenabfällen wie Kartoffel- und Eierschalen gefüllt, aber in der Biotonne hat sie trotzdem nichts verloren. Das Fiese ist: Wenn sie nun unter weiterem Biomüll verschwindet, können sie die Leute von der Stadtreinigung beim Abholen nicht entdecken. Dann landet sie vermutlich in der Kompostieranlage und am Ende als mit Mikroplastik verseuchter Kompost auf irgendwelchen Feldern. Selbst die abbaubaren »Bioplastiktüten« brauchen zu lange, um in den Anlagen vollständig zu kompostieren. So schadet das Recycling der Umwelt mehr als es hilft.
Um eine Ahnung davon zu bekommen, wie viele Fremdstoffe jedes Jahr in den Biotonnen Leipzigs landen, beauftragte die Stadtreinigung das Ingenieurbüro für Abfallwirtschaft SHC aus Bayern. Über ein Jahr hinweg nahmen die Stichproben aus verschiedenen Wohnvierteln wie Mölkau, Grünau und Stötteritz. So konnten sie zwischen drei verschiedenen Bebauungsstrukturen unterscheiden: Ein- bis Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Großwohnanlagen.
Den Abfall aus den Stichproben sortierten und wogen sie dann. Als Ergebnis kam heraus, dass der wenigste Biomüll mit rund 22 Kilogramm pro Person in den Großwohnanlagen anfiel. Das sei nicht ungewöhnlich, schreibt die SHC in ihrem Bericht. Biotonnen würden in dieser Bebauungsstruktur auf »(äußerst) geringe Akzeptanz« treffen. Was eigentlich in die Biotonne gehört, landet stattdessen im Restmüll. Das ergab eine zweite Analyse, die den Inhalt der schwarzen Tonnen unter die Lupe nahm.
Im Biomüll machten Plastiktüten bei den Großwohnanlagen 0,4 Prozent des Gewichts aus. Das klingt wenig, aber eine Plastiktüten wiegt eben wenig – und schadet enorm. Bei den Mehrfamilienhäusern waren es 0,2 Prozent und bei den Ein- bis Zweifamilienhäusern 0,1 Prozent. Der Anteil aller Fremdstoffe im Biomüll lag noch deutlich höher, und wieder am höchsten bei den Großwohnanlagen.
Bereits seit 30 Jahren soll der Müll in Deutschland getrennt werden. Bei aller Tonnenvielfalt: Gegen Fehleinwürfe scheint die Müllabfuhr machtlos. Auch die Fremdstoff-Detektoren, die manche Landkreise einsetzen, können nur Metalle entdecken, kein Plastik. Nur wenn das Plastik zusehen ist, kann die Müllabfuhr die Tonne stehen lassen.
Die sächsische Kampagne für »hochwertigeren Bioabfall« versucht die Verbrauchenden unteranderem mit lustigen Stickern direkt anzusprechen. Ein türsteherähnliches Maskottchen soll sie daran erinnern, dass Plastik nicht in die Biotonne gehört. Die Erfolgsanalyse steht noch aus. Wie beim Maskentragen und Abstandhalten kommt es bei der Mülltrennung auf die Disziplin der Verbrauchenden an.