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Kultur

Andere Kunden interessierten sich auch für

Das Künstlerkolletiv Prunk & Plaste entwirft Bilder vom totalitären Turbokapitalismus

  Andere Kunden interessierten sich auch für | Das Künstlerkolletiv Prunk & Plaste entwirft Bilder vom totalitären Turbokapitalismus

Seit letztem Jahr agiert das Künstlerkollektiv Prunk & Plaste – vorallem im digitalen Raum. Crossmediale Theaterkunst soll dabei entstehen. In ihrem Browsergame »Megacorp, Episode 1: Wunschmaschine™« laden sie zu einer Kundemumfrage der besonderen Art ein.

Das Kapital folge uns, wenn wir träumen, schrieb der Philosoph Mark Fisher. Es kolonisiere unsere Wünsche, damit sie nicht über die kapitalistischen Möglichkeiten hinausragen. Dass die Weckung eines Begehrens und der Weg zur Befriedigung bestenfalls in eins fallen sollten, weiß die Megacorp. Über die Kundenumfrage Wunschmaschine™ untersucht das multinationale Unternehmen die Psyche ihrer potenziellen Kundinnen und streut passend zum Analyseprofil Werbung für die eigenen Produkte ein.

Das Browsergame »Megacorp, Episode 1: Wunschmaschine™« ist eine Produktion der im letzten Jahr gegründeten Künstlergruppe Prunk & Plaste. Bis zum 5. März können über die Internetseite der Cammerspiele die Fragen des fiktiven Konzerns beantwortet werden, um den eigenen Megascore zu ermitteln, der die Selbstoptimierung über den richtigen Konsum erleichtern soll. Das von Sören Zweiniger konzipierte und programmierte Spiel entwirft das Bild eines totalitären Turbokapitalismus, in dem allen Ängsten und Zweifeln mit dem richtigen Produkt begegnet werden kann. Am Format überzeugt besonders die spielerische Form, in der die Konsum- und Fortschrittskritik eingebettet ist. Die mannigfaltigen Pfade, die durch die verschiedenen Antworten eingeschlagen werden können, laden dazu ein, die Umfrage neu und anders auszufüllen und den Brüchen in der sogenannten Corporate Identity nachzuspüren.

Im Laufe des letzten Jahres sind einige Online-Projekte von Prunk & Plaste auf ihrer Website und sozialen Kanälen erschienen. Megacorp ist das Erste, das den virtuellen Raum konsequent mit den ihm eigenen Mitteln bespielt. Das transmedial arbeitende Künstlerinnennetzwerk realisierte im Mai die Häppcheninszenierung »Macbeth Macbeth Macbeth«. Geleitet von den Gründerinnen der Gruppe, Mathilde Lehmann und Katharina Lackmann, verarbeiteten 30 Künstlerinnen den Dramentext in kleinen, selbst gestalteten Videoschnipseln, die zu einer ästhetisch weitauseinanderklaffenden Collage zusammengefügt wurden. Nach ähnlichem Prinzip folgte die Arbeit »Dorian Gray«, die den Roman in einer virtuellen Ausstellung visualisierte.

[caption id="attachment_122118" align="alignright" width="320"] Die Oberfläche des Brosergames Megacorp; Foto: Lara Wenzel[/caption]

Die überschäumende Pluralität, die bei jenen Projekten jeglichen Zusammenhang zerfallen ließ, ist eine der Setzungen von Prunk & Plaste. Bildende und darstellende Kunst will die Gruppe in flachen Hierarchien zusammenbringen und in immer wechselnden Arbeitsteams Spartengrenzen auflösen. Das Netzwerk verbindet freie Künstlerinnen, die sich mit Ressourcen und Expertise unterstützen und diese zu crossmedialer Theaterkunst fusionieren. Aktuell sind einige Online-Formate angekündigt, die einen breiteren Einblick in die praktische Ausformulierung ihres Ansatzes geben werden. In der interkulturellen Performance »MEDEA.chor«, die am 22. März im Lofft Premiere feiert, werden die Erfahrungen migrierter Frauen mit dem antiken Mythos der Geflüchteten verbunden. Das Spiel mit dem fiktiven Konzern Megacorp wird im November unter dem Titel »Freedom of Choice« in den Cammerspielen fortgesetzt. Auch ein Hochglanzmagazin und ein Hörspiel sind angekündigt. Die spartensprengende Arbeit scheint im Gange.


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