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Kultur

Vom Modell zum Szene-Fotograf

Künstler und Fotograf Gerd Lehmann stellt auf dem Südfriedhof Fotografien aus

  Vom Modell zum Szene-Fotograf | Künstler und Fotograf Gerd Lehmann stellt auf dem Südfriedhof Fotografien aus  Foto: Roland Quester

Wer durch den Nordeingang des Südfriedhofs geht, sieht in der Ferne das Krematorium, davor das sozialistische Ehrenhain. Bis zum 22. September ist der Friedhof aber auch Ausstellungsort: Unmittelbar zu Beginn der Allee hängen links und rechts des Weges über 600 analoge Fotografien von Gerd Lehmann. Laminiert und mit Holzklammern an den Leinen zwischen den Bäumen befestigt, müssen die Arbeiten hier kein Publikum suchen: Immer wieder bleiben Menschen mit und ohne Gießkanne in der Hand stehen, schauen und unterhalten sich über die Motive.

Gerd Lehmann ist 1945 geboren, seine Mutter arbeitete als Opernsängerin. 1963 fährt er in der Jugendauswahlmannschaft der DDR Radrennen, wird Bezirks- und Kreismeister im Skilanglauf und in der Nordischen Kombination. Nach abgebrochenem Lehramtsstudium arbeitet Lehmann als Kellner im Leipziger Nachtleben und wird angesprochen, ob er nicht als Modell arbeiten möchte. Vor der Kamera sammelt er Erfahrungen und merkt schnell, dass es auch anders gehen könnte mit der Ablichtung: So arbeitet Lehmann seit 1969 auch hinter der Kamera, ist hier auf der Suche nach neuen Wegen und Bildern für Mode und Produkte in der Werbung, etabliert sich in der DDR-Mode- und Werbefotografie. Nach einer Reise nach Westberlin im Jahr 1987 kehrt er nicht wieder in die DDR zurück, arbeitet unter anderem für Udo Walz.

Nach 1989 wendet sich Lehmann wieder Leipzig zu, insbesondere dem neuen Leben in den neuen Freiräumen und ab 1994 der Techno- und der Schwarzen Szene. Von ihr finden sich zahlreiche Motive in der Ausstellung, neben Stillleben und vielen Motiven aus Leipzig und deren Kulturgeschichte: Ob 1969 die Klaus Renft Combo an Garderobenhaken hängend oder der depressive Eisbär im Zoo, der oben auf der Bärenburg herumlungert. Auch sich selbst als Modell zeigt Lehmann, wie etwa in der Fotoserie zu Junge Mode »Acryl 73«.

Neben einer Vielzahl an Porträts sind auf dem Friedhof auch Schnappschüsse aus dem Kulturbetrieb und Szenen am Tresen ausgestellt, die ohne technischen Schnickschnack und Blitz, dafür immer aufmerksam aufgenommen sind. Denn wie Lehmann selbst seine Arbeitsweise beschreibt, ist die Fotografie »die geduldige Konzentration in der Beobachtung und das Hineindenken in den Ablauf einer Handlung – sowie stets ›schussbereite‹ Phototechnik, blitzschnell zur Verfügung zu haben. Die Aufgabe der Porträt- und People-Photographie ist es: Den Höhepunkt einer Situation, die Faszination des Augenblicks in all’ ihrer Schönheit für ewig sichtbar bleiben zu lassen. Und diesen beiden, der Faszination des Augenblicks und der Schönheit, weihte ich meine Photographie.«

Immer auf der Suche nach neuen Perspektiven sind auch Luftaufnahmen von der Stadt in den Neunzigern zu sehen – wie etwa aus der Fußball-Bundesligasaison 1993/94 das Heimspiel des VfB Leipzig gegen Dynamo Dresden in einem mäßig besuchten Zentralstadion. So finden sich Geschichten für all die Motive mit bekannten Gesichtern und Orten. Für einen persönlichen Gesprächsaustausch ist Lehmann immer sonntags von 14:00 bis 17:30 Uhr vor Ort.

 

> bis 22.9. Südfriedhof, Nordtor, Friedhofsweg 3, täglich 7-21 Uhr

 


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