Unzählige Bücher überfluten den Markt. Linn Penelope Micklitz und Josef Braun helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl. Diesmal liest Familienredakteur Josef Braun »Dinosaurier gibt es nicht« von Hanna Johansen und erfährt, was einem alles zustoßen kann, wenn man beschließt, den Namen zu wechseln.
Zawinul ist zugegebenermaßen nicht die gewöhnlichste Bezeichnung für einen Menschen. Auch der Erzähler ahnt früh, das Besonderes mit dem Namen verbunden sein muss, der ihm aus heiterem Himmel von einem Freund angeboten wird. Was geschieht, als er ihn annimmt, übertrifft seine Erwartungen und die der Lesenden dann aber doch. Im Garten findet der Erzähler ein Ei, das sich als Brutstätte eines kleinen Dinosauriers entpuppt. Campsognathus heißt der neue Mitbewohner, der das Leben des Menschen schnell gehörig auf den Kopf stellt, immer mit der nötigen Portion Selbstbewusstsein: »Was zu groß ist, ist zu groß. Was zu klein ist, ist zu klein. Und ich bin gerade richtig«, erklärt das Dinosaurierküken freiheraus und gibt anschließend seine Meinungen über Gott und die Welt zum besten. Gerne bedrängt es den Erzähler auch mit Fragen. So will es einmal wissen, ob Autos eigentlich Kinder bekommen, ein andermal interessiert es sich brennend dafür wieso Menschen keine Eier legen.
[caption id="attachment_129487" align="alignright" width="200"] »Dinosaurier gibt es nicht«; Cover: Nagel & Kimche Verlag[/caption]
Verschrobene Gäste, die einen Hausstand auf den Kopf stellen, sind in der Kinderliteratur nichts ungewöhnliches. Hanna Johansen streut in ihre Version des Motivs von Beginn an Zweifel, wie real das Wesen ist, das da aus dem Ei geschlüpft ist. Ihr Erzähler redet immer wieder mit sich selbst. Vergewissert sich und verzweifelt dann doch über seiner Wahrnehmung. Als sich gegen Ende ein blauer Hase mit ausgezeichneten Manieren zum Dino gesellt, versucht er den verzauberten Namen wieder loszuwerden. Es ist die charmante Pointe in diesem Buch, dem es gelingt, noch das Ungewöhnlichste alltäglich wirken zu lassen. Einerseits durch den Text, andererseits durch die schönen Linolschnitte, die ebenfalls von der Autorin stammen. Knapp dreißig Jahre nach seiner Ersterscheinung hat »Dinosaurier gibt es nicht« keinen Staub angesetzt. Die Sprache ist klar, die Dialoge herrlich versponnen und die Freundschaft des etwas überforderten Erzählers mit dem Tier vermag zu berühren.