Das Dok Leipzig will in diesem Jahr wieder das volle Programm in den Leipziger Kinos bieten. Mit »The French Dispatch« schafft Wes Anderson eine Hommage an seine Wahlheimat Frankreich und den Journalismus, inspiriert von der Entstehung der »New York Times«. Was es daneben noch Sehenswertes im Kino gibt, erfährt man in der aktuellen Kinowoche.
Das Dok Leipzig hofft auf Gäste aus aller Welt
»Licht aus und Film ab«: Rund 180 Filme und Virtual-Reality-Arbeiten sind bei Dok Leipzig zu sehen. Zudem kann nun endlich die bereits für letztes Jahr geplante Retrospektive »Die Juden der Anderen. Geteiltes Deutschland, verteilte Schuld, zerteilte Bilder« realisiert werden. Auch die DEFA-Matinee zu Kurt Tetzlaff findet in diesem Jahr statt. Die Hommage ist Avi Mograbi gewidmet, der sich in seinen Arbeiten immer wieder kritisch mit Israels Politik gegenüber den Palästinensern auseinandersetzt. Der Programmzyklus »Modular & Modified: Animation und Musique concrète« blickt auf die Gemeinsamkeiten von Animation und elektronischer Musik. Daneben lockt das »Neuland« wieder zum virtuellen Ausflug ins Museum der bildenden Künste. In der Osthalle des Hauptbahnhofs laufen ausgewählte Dokumentarfilme für alle. Wer trotzdem daheim geblieben ist, oder vielleicht das ein oder andere Highlight nachholen möchte, findet im Anschluss an das physische Festival wieder ein Online-Angebot mit ausgewählten Filmen.
■ »64. Dok Leipzig«: 25.–31.10., CineStar, Passage-Kinos, Schaubühne Lindenfels, Schauburg, Cinémathèque, Regina-Palast u. a., online vom 1.–14.11., www.dok-leipzig.de
Film der Woche: Arthur Howard Jr. (Bill Murray) wandert aus den USA nach Frankreich aus und gründet im fiktiven französischen Ort Ennui-sur-Blasé das Wochenmagazin »The French Dispatch«. Anlässlich seines Ablebens, auf das hin das Magazin aufgelöst werden soll, kommt sein Team zusammen. Es schwelgt in der Reminiszenz der eindrucksvollsten Artikel und macht sich daran, den Nachruf zu verfassen. Eine übergreifende Geschichte gibt es nicht. Stattdessen wird hin- und hergeschaltet zwischen einem losen bunten Rahmen und kontrastierenden Binnenerzählungen in schwarz-weiß, die an Druckerschwärze und Zeitungspapier erinnern. Umrahmt wird der Film von einer Stadttour durch den Ort Ennui-sur-Blasé und dem Nachruf. Den Mittelteil bilden drei längere Episoden. Die Kunstkritikerin JKL Berensen (Tilda Swinton) schildert die Geschichte eines verurteilten Mörders (Benicio Del Toro), der seine Gefängniswärterin und Muse (Léa Seydoux) nackt malt sowie eines Ex-Mithäftlings, der diese Bilder auf dem Kunstmarkt zu Geld machen möchte. Die Studentenrevolte, angelehnt an die 68er Bewegung, bei der sich junge Menschen gegen die Autoritäten auflehnen, für ihre Freiheit einstehen, Barrikaden errichten und der Wehrpflicht trotzen, ist der Hintergrund für eine weitere Geschichte. Im Fokus steht der Aktivist und Schachspieler, Zeffirelli (Timothée Chalamet), der eine Liaison mit der Bericht erstattenden Journalistin Lucinda Crementz (Frances McDormand) eingeht. Während der Recherche zu einem Gefängniskoch wird Roebuck Wright (Jeffrey Wright), in eine Kindesentführung verwickelt. Es folgen: Ein begnadeter Koch mit einem genialen Einfall, Pistolenfeuer und eine Verfolgungsjagd, die als Cartoon-Sequenz von lokalen Künstlern kreiert wurde. Im Vordergrund steht die Künstlichkeit: Die Eloquenz der Figuren, die Tatsache, dass jeder Frame ein Gemälde sein könnte, die sorgfältige Farbauswahl sowie die für Anderson bezeichnende Kameraführung. Auf der Leinwand erscheint ein bekanntes Gesicht nach dem anderen, vor Filmreferenzen scheint sich der Betrachter kaum retten zu können. Das Tempo ist an manchen Stellen zu langatmig, die Spannungskurve durch den an einen Kurzgeschichtenband erinnernden Aufbau zu flach. Dennoch ein klares »Ja«, diesen Film dreimal, ach was, fünfmal anzuschauen, um sich in der Ästhetik Wes Andersons zu verlieren und seine Liebe zum Detail gänzlich auszuschöpfen.
MICHELLE SCHREIBER
»The French Dispatch«: ab 21.10., Passage Kinos, Regina Palast, Schauburg
Weitere Filmtermine der Woche
Moby Dick - Die Wahl der Kwal
(D 2021) - Premiere - in Anwesenheit des Filmteams
Vor 65 Jahren machte sich Gregory Peck als Captain Ahab daran, das »weiße Monster« Moby Dick zur Strecke zu bringen. 2020, im Jahr der Pandemie, tritt der »Weiße Wal der Schaubühne Lindenfels«, Wolfgang Krause Zwieback, in John Houstons Fußstapfen und holt Herman Melvilles Hochseeabenteuer in den Ballsaal als leinwandfüllendes Spielfilmepos. - Am 21.10. Leinwand-Premiere in Anwesenheit des Filmteams
R: Wolfgang Krause Zwieback, D: Wolfgang Krause Zwieback, Corinna Harfouch, Dirk Hessel, Marie Nandico, D 2021, 71 min
Schaubühne Lindenfels
• Donnerstag 21.10., um 19:30 Uhr
• Mittwoch 27.10., um 19:00 Uhr
Shorts Attack - Realitäten
Die Vielfalt der Realitäten in 8 kurzen Filmen.
UT Connewitz
• Donnerstag 21.10., um 20:00 Uhr
Surffilmnacht
Auch im Oktober werfen wir uns in die Fluten. Welchen Surffilm es diesmal zu erleben gibt, erfahren Sie tagesaktuell auf kreuzer-leipzig.de
Kinobar Prager Frühling
• Donnerstag 21.10., um 21:00 Uhr
From Durban to Tomorrow
(IND 2021) - im Anschluss Filmgespräch - Globale
Fünf HIV-Aktivisten aus aller Welt berichten, was die internationalen AIDS-Konferenzen und ihr Protest für eine bezahlbare Behandlung erreicht haben. - im Anschluss Filmgespräch - Globale
R: Dylan Mohan Gray, IND 2021
Ost-Passage-Theater
• Freitag 22.10., um 20:00 Uhr
Bowlingtreff
(D 2015, Dok)
Im Jahr 1987 eröffnet, wurde der Bowlingtreff zu einem Symbol für die Sportstadt Leipzig. - Leipziger Seniorenfilmtage, anschl. Gespräch mit den Filmemachern.
R: Thomas Beyer und Adrian Dorschner, D 2015, Dok, 60 min
Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz
• Sonntag 24.10., um 18:00 Uhr
Digimon Adventure: Last Evolution Kizuna
(J 2021)
Neuer Teil und Kinofortsetzung der inzwischen 20 Jahre alten Anime-Serie.
R: Tomohisa Taguchi, J 2021, Anim.
Regina-Palast
• Sonntag 24.10., um 12:00, 17:00 Uhr
Nahschuss
(D 2020)
Unter dem Vorwurf der Spionage sitzt Werner Teske 1981 auf der Anklagebank. Zuvor war er von der Stasi angeworben worden. Die Einsätze in der BRD und die Praktiken der DDR-Staatsführung machten aus dem überzeugten Bürger ein psychisches Wrack. Erschütterndes Drama, das auf wahren Begebenheiten beruht.
R: Franziska Stünkel, D: Lars Eidinger, Devid Striesow, Moritz Jahn, D 2021, 112 min
Regina-Palast
• Sonntag 24.10., um 17:00 Uhr
Uta
(D 2020, Dok)
In vielen Gesprächen mit Uta Pilling und ihr Nahestehenden zeichnet Regisseur Mario Schneider ein liebevolles Porträt einer Unangepassten.
R: Mario Schneider, D 2020, Dok, 93 min
Luru-Kino in der Spinnerei
• Sonntag 24.10., um 15:00 Uhr
• Dienstag 26.10., um 19:00 Uhr
20 Years European Outdoor Film
Das beliebte Treffen der Outdoor-Community geht in die 20. Runde: Nach einem Jahr Corona-Pause gehts mit sportlichen Kurzdokumentationen endlich wieder raus in die Natur.
Werk 2
• Montag 25.10., um 19:30 Uhr
• Dienstag 26.10., um 19:30 Uhr
• Mittwoch 27.10., um 19:30 Uhr
Radical Resilience
- Filmprojekt - im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche - alle Infos auf der Website HTWK-Hochschulgruppe »Students for Future«
Im Film sprechen Menschen aus verschiedenen Kontexten über ihre Erfahrungen mit Burnout. - Filmprojekt - im Rahmen der Nachhaltigkeitswoche - alle Infos auf der Website HTWK-Hochschulgruppe »Students for Future«
HTWK Leipzig
• Montag 25.10., um 19:00 Uhr
Atomkraft Forever
(D 2021, Dok) - Globale
Bildgewaltige und gleichzeitig nüchterne Bestandsaufnahme zum Nullsummenspiel zwischen Klimawandel und nuklearem Gau: ohne jede Dramatisierung und dennoch zutiefst verstörend. - Dok Leipzig
R: Carsten Rau, D 2020, Dok
Felsenkeller
• Mittwoch 27.10., um 20:00 Uhr
El despertar de las hormigas - Das Erwachen der Ameisen
(CR/ES 2019; OmU)
Intimes Drama, in dem die schwierige Beziehung einer Mutter zu ihren Töchtern erzählt wird.
R: Antonella Sudasassi, D: Daniela Valenciano, Leynar Gomez, Adriana Alvarez , CR/ES 2019, OmU, 94 min
Ost-Passage-Theater
• Mittwoch 27.10., um 20:00 Uhr
Shorts Attack - Unbeschreiblich weiblich
In einer unterhaltsamen Achterbahnfahrt von Geschichten, Genres und Gefühlen zeigt die Kurzfilmrolle hinreißend kämpferische Frauen.
UT Connewitz
• Mittwoch 27.10., um 20:00 Uhr
A Woman captured
(HUN 2018, Dok) - Globale
Marisch, eine 52-jährige Ungarin, diente ein Jahrzehnt lang einer Familie - bei 20-Stunden-Arbeitstagen und ohne Arbeitslohn. Der Dokumentarfilm von Bernadett Tuza-Ritter folgt Marischs heroischem Weg zurück in die Freiheit. - anschl. Podiumsdiskussion mit Gästen.
R: Bernadett Tuza-Ritter , H/D 2017, Dok, 89 min
Felsenkeller
• Donnerstag 28.10., um 20:00 Uhr
Alfred
(DDR 1987, Dok)
Der Abschlussfilm von Andreas Voigt (»Leipzig im Herbst«) an der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR »Konrad Wolf«, Potsdam-Babelsberg beleuchtet das Leben des Kommunisten Alfred Florstedt.
R: Andreas Voigt , DDR 1987, Dok, 42 min
Lixer
• Donnerstag 28.10., um 20:30 Uhr
Martha - A Picture Story
(USA 2019, Dok; OF)
Porträt der Fotografin Martha Cooper, die im New York der 1970er Jahre erste Bilder von Graffiti aufnahm und zum Symbol für die globale Bewegung der Straßenkünstler wurde.
R: Selina Miles, USA 2019, Dok, OF, 82 min
UT Connewitz
• Donnerstag 28.10., um 20:00 Uhr
Paradoks Screening & Talk
- Purple Sea & Shipwreck at the Threshold of Europe, Lesvos, Aegean Sea: 28 October 2015 - in Anwesenheit von Amel Alzakout und Christina Varvia
Galerie für Zeitgenössische Kunst
• Donnerstag 28.10., um 19:00 Uhr