In dieser Woche öffnet mit den Passage-Kinos das größte Programmkino der Stadt seine Säle. Neben den Neustarts gibt es auch nochmal eine Auswahl der 26. Französischen Filmtage in der OmU-Fassung. Auch die Cinémathèque in der Nato flimmert nach zwei Monaten Zwangspause endlich nicht mehr nur im digitalen Raum. Die Kinobar Prager Frühling beginnt ihr Kinojahr mit einem Rückblick aufs vergangene. Wer also Highlights wie »The French Dispatch« oder »Dune« im Original nachholen will, ist hier richtig. Wie immer gilt: Tickets online reservieren, auch wegen der nach wie vor eingeschränkten Kapazitäten.
Film der Woche: Die Pandemie hat das europäische Arthouse-Kino erreicht. Nach dem Berlinale-Gewinner »Bad Luck Banging Or Loony Porn« von Radu Jude, nutzt auch Mika Kaurismäki die Pandemie als Hintergrund für sein Charakterdrama um drei Männer in der Lebenskrise. Mehr als Judes Film merkt man »Gracious Night« die Entstehung unter Pandemiebedingungen an. Von den eindrucksvollen Aufnahmen des menschenleeren Helsinki unter dem Lockdown verlagert sich die Handlung schnell in einen abgesteckten Handlungsraum. Wie alle öffentlichen Plätze in der Stadt ist auch die Kneipe von Heikki geschlossen. Als der Abend beginnt, betritt er die Bar mit einem Kanister Benzin, deckt den Tisch und serviert sich eine Henkersmahlzeit bei Kerzenschein. Doch dann klopft Risto. Der Doktor erhielt am Ende des zermürbenden Arbeitstags in der Klinik die Meldung, dass eine junge Patientin gestorben ist, und sucht Trost und Wein bei seinem Freund. Heikki schenkt ihm ein und es dauert nicht lange, bis sich ein Dritter zu ihnen gesellt: Juhani will eigentlich nur sein Handy irgendwo aufladen, doch seine Absichten scheinen nicht ganz ehrlich zu sein. Das Kammerspiel kommt weitgehend mit diesen drei Personen aus. Erst später wird die Konstellation aufgebrochen. Ansonsten sind die drei Männer mit ihren Problemen gemeinsam allein. Der Alkohol tut sein Übriges. Eine Offenbarung sorgt für Spannung, doch im Kern konzentriert sich Kaurismäki auf die pointierten Dialoge, die vom überzeugenden Ensemble weitgehend improvisiert wurden. Jeder von ihnen entwickelte seine Figur individuell und erst in der Kneipe kamen sie zusammen. Über allem leuchtet das Neonschild mit der Corona-Werbung als offensichtliches Augenzwinkern. »Eine Nacht in Helsinki« ist ein dialoglastiges Drama und nicht ohne Längen, aber getragen von seinen Darstellern und finnischen Schlagern voll Sehnsucht.
»Eine Nacht in Helsinki«: ab 20.1., Passage Kinos, Schauburg
Weitere Filmtermine der Woche
Cicada
USA 2020, Regie Matthew Fifer, Kieran Mulcare, 96 Minuten
Zwei junge Männer, der eine schwarz, der andere weiß, finden in New York zueinander.
Passage-Kinos, 26. Januar, 19:30 Uhr (OmU, QueerBLICK)
Familie Brasch
D 2018, Dok, Regie Annekatrin Hendel, 92 Minuten
Der Schriftsteller Thomas Brasch steht aktuell im Mittelpunkt des Biopics »Lieber Thomas«. Begleitend dazu gibt es noch einmal das bewegende Porträt der Künstlerfamilie Brasch zu sehen.
Schaubühne Lindenfels, 23. Januar, 17 Uhr
The Tragedy of Macbeth
USA 2021, Regie Joel Coen, 105 Minuten
Shakespeares düsteres Drama in einer modernen Interpretation mit Denzel Washington und Frances McDormand in den Hauptrollen.
Kinobar Prager Frühling, 21. Januar, 17:30 Uhr (OmU)
Schocken – Ein deutsches Leben
ISR 2021, Dok, Regie Noemi Schory, 82 Minuten
Der jüdische Unternehmer Salman Schocken gründet in Zwickau 1904 eine Kaufhauskette mit einer bahnbrechenden Geschäftsidee: Er will den Lebensstil der »kleinen Leute« mit modernem Design revolutionieren – und verbindet modernes Management mit sozialen Leistungen für seine Angestellten.
Kinobar Prager Frühling, 26. Januar 15:15 Uhr (Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust)
The Power of the Dog
GB/CA 2021, Regie Jane Campion, D: Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst, Jesse Plemons, 128 Minuten
Montana im Jahr 1925: Die ungleichen Brüder Phil und George versuchen gemeinsam ihr Stück Land zu bewirtschaften. Dabei kommt es immer wieder zu Reibungen.
Passage-Kinos, 21. Januar 20:15 Uhr
Who’s afraid of Alice Miller?
CH 2020, Dok, Regie Daniel Howald, 101 Minuten
Martin wird von seiner Mutter mit Gefühlskälte verstoßen und vom Vater geschlagen: eine Kindheit ohne Liebe. Dabei ist Martin der Sohn der engagierten Kinderrechtlerin und weltberühmten Schweizer Psychoanalytikerin Alice Miller.
Kinobar Prager Frühling, 26.01. 17:00 (Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust)
Titelbild: Copyright Arsenal Filmverleih