Die Immobilienfirma United Capitel wollte gerichtlich gegen die ehrenamtliche Leipziger Hochschulzeitung luhze vorgehen. Kurz vor Prozessbeginn am Freitagmorgen zog sie die Klage jedoch zurück.
Am Freitagmorgen wurde auf dem Simsonplatz vor dem Landgericht Leipzig mit lautem Knall ein Sekt geöffnet. Nach der vom Solidaritätsnetzwerk organisierten Kundgebung hätte dort eigentlich der Prozess zwischen der Immobilienfirma United Capital und der Hochschulzeitung luhze stattfinden sollen. Wie in einer Pressemitteilung am Morgen vor dem Prozess jedoch zu lesen war, zieht die Immobilienfirma ihre eingereichte Klage zurück. Grund zum Feiern also für luhze.
United Capital war juristisch gegen die ehrenamtliche Leipziger Hochschulzeitung luhze vorgegangen, weil diese im Dezember über die Praktiken der Firma berichtet hat. Der Artikel zitiert Mieter*innen aus der Harnackstraße 10, die der Firma vorwerfen, sie würden Menschen durch Schikane aus den Wohnungen verdrängen, um diese wiederum teuer an Studierende vermieten zu können. Auch der kreuzer berichtete darüber.
Die Immobilienfirma widerspricht diesen Aussagen nicht nur, sie behauptet außerdem, die Aussagen kämen nicht von der Mieterinnengemeinschaft aus der Harnackstraße, sondern von den luhze-Journalistinnen selbst. Die mittlerweile zurückgezogene Klage hatte somit das Ziel, die Aussagen aus dem Bericht entfernen zu lassen. In der Pressemitteilung schreiben sie, dass sie weiterhin der Ansicht seien, dass Teile des Artikels falsch dargestellt sind. Die öffentliche Diskussion habe sich allerdings »auf eine Ebene mit vorgeblichen Einschränkungen und Angriffen auf die Pressefreiheit verselbstständigt« Das ist laut der Firma nicht ihr Ansinnen gewesen.
Die Chefradaktion der Hochschulzeitung zeigte sich sichtlich froh über die zurückgezogene Klage, besonders weil eine Niederlage im Prozess wahrscheinlich das Ende von luhze bedeutet hätte. Die Erleichterung sei da, aber so richtig fassen könne sie es nicht, sagt Adefunmi Olanigan. »Heute Abend oder später werde ich wahrscheinlich merken, dass die ganze Anspannung der letzten Wochen abfällt.«
Franz Hempel, ebenfalls in der Chefredaktion, erzählt, er sei bis zuletzt sehr angespannt gewesen, aber es sei »schon ein gutes Gefühl«. Außerdem habe er nun »sehr große Lust an dem Thema dranzubleiben. Wir werden auf jeden Fall nicht aufhören, darüber zu berichten.«
Harris vom Solidaritätsnetzwerk Leipzig sieht vor allem den öffentlichen Druck als wichtigen Faktor für den Rückzug der United Capital. Nachdem sie von dem Rechtsstreit mitbekommen hatten, sei direkt klar gewesen, dass es eine Kundgebung vor dem Prozess geben müsse, berichtet er. »Das können wir ja nicht so stehen lassen. Wir finden, dass es ganz wichtig ist, immer öffentlichen Druck aufzubauen. Wie wir heute gesehen haben, hat das prima funktioniert, sie haben ihre Klage zurückgezogen«. Wachsam müsse man trotzdem weiter bleiben meint Harris, denn »diese Angriffe von Immobilienkonzernen oder allgemein von Konzernen auf die Presse, auf Journalist*innen, ist so ein Ding was tagtäglich passiert«.
Wie es zwischen luhze und United Capital weitergeht, wird die Chefredaktion noch besprechen. In der Pressemitteilung des Immobilienkonzerns heißt es jedenfalls, sie würden demnächst »ohne juristischen Ballast« auf die Zeitung zugehen wollen. Klar ist auf jeden Fall, dass luhze weiter kritisch berichten wird. Oder wie Olanigan es formuliert: »Wir haben uns davon nicht einschüchtern lassen und werden jetzt nicht nur noch über das Katzencafé schreiben.«
Titelfoto: Tim Pawletta