Unzählige Bücher überfluten den Markt. Martina Lisa, Josef Braun und Michelle Schreiber helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl und teilen Gedanken, die in die Lektüre hineingenommen werden können. Diesmal liest Familienredakteur Josef Braun »Gib mir mal die Hautfarbe« von Olaolu Fajembola und Tebogo Nimindé-Dundadengar, ein wichtiges und hilfreiches Buch.
Bei allen strukturellen Fragen bleibt Rassismus auch ein individuelles Problem. Eine unsensible Frage hier, eine Bemerkung dort – wer als weißer Mensch in einem Land wie Deutschland aufwächst, hat viele Dinge verinnerlicht, die rassistisch sind. Der Wunsch, die eigenen Kinder frei von Vorurteilen und Rassismus zu erziehen, dürfte vielen Eltern gemein sein. In der Praxis sehen sie sich dabei jedoch schnell vor Herausforderungen gestellt. Bücher wimmeln von stereotypen Abbildungen, das Spielzimmer sieht aus als existierten auf Erden nur weiße Menschen und dann sind da noch die Lieder, Ausdrücke, Witze, die Kinder schon früh aufschnappen, die sie teilweise weitererzählen. Noch schwerer ist die Situation für diejenigen, die unter Rassismus leiden. Die ihren Kindern, wenn diese rassistisch beleidigt wurden, erklären müssen, dass sie genauso viel wert sind wie andere Kinder.
Cover: Beltz Verlag
Die Kulturwissenschaftlerin Olaolu Fajembola und die Psychologin Tebogo Nimindé-Dundadengar wissen aus eigener Erfahrung wie herausfordernd es sein kann, in Deutschland schwarze Kinder zu erziehen. Beide engagieren sich schon seit längerem für eine rassismuskritische frühkindliche Bildung. Ihr Buch »Gib mir mal die Hautfarbe« liest sich wie ein Best-of ihrer versammelten Expertise. Vor allem zu Beginn stark pädagogisch im Ton, wird es schnell erfrischend konkret. Die Autorinnen erarbeiten Checklisten, geben Hinweise für das eigene Verhalten, sowie das Gespräch mit dem Nachwuchs. Sie zeigen, wo man diversitätssensibles Spielzeug kaufen kann, welche Bücher Kindern eine vielfältige Welt vermitteln und durch welche schlimme Stereotype vermittelt werden. In klar strukturierten Kapiteln gehen sie auf die Geschichte schwarzer Menschen in Deutschland ein, sensibilisieren für bewusste und unbewusste Privilegien und sprechen dabei durchgehend sowohl schwarze als auch weiße Menschen an. »Gib mir mal die Hautfarbe« eignet sich zum Einstieg genauso gut wie als Nachschlagewerk für den Alltag mit Kindern. Ein tolles Buch, das Augen öffnet.
Olaolu Fajembola, Tebogo Nimindé-Dundadengar. Gib mir mal die Hautfarbe. Mit Kindern über Rassismus sprechen. Weinheim: Beltz Verlag 2021. 247 S., 17 €
JOSEF BRAUN