Unzählige Bücher überfluten den Markt. Martina Lisa, Josef Braun und Michelle Schreiber helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl und teilen Gedanken, die in die Lektüre hineingenommen werden können. Diesmal liest Familienredakteur Josef Braun »Als Papas Haare Ferien machten« und wünscht sich, er hätte mit solchen Büchern das Lesen lernen können.
Wie jeden Morgen steht Papa vor dem Spiegel und möchte sich kämmen, als seine Haare plötzlich beschließen, dass sie keine Lust mehr darauf haben. Kurzerhand verlassen sie Papas Kopf und schwirren im Badezimmer umher. Beim Versuch, sie wieder einzufangen, macht der einstige Besitzer so viel Krach, dass die Mama nachsehen kommt, ob alles in Ordnung ist, die Türe öffnet sich und die Haare entfliehen an die frische Luft. Der nun kahle Papa will sich das jedoch so einfach nicht bieten lassen, wild entschlossen macht er sich auf die Jagd nach seiner widerspenstigen Frisur. Jörg Mühle ist von Beruf her Illustrator, was man »Als Papas Haare Ferien machten« auch deutlich anmerkt. Das Buch lebt von seinen mit klaren Strichen gezeichneten liebenswerten Figuren, deren Alltag Mühle mit Farbakzenten vor weißem Hintergrund gestaltet. Alles ist in Bewegung auf seinen Bildern, die mal die gesamte Seite füllen, dann wieder in kleinen Kästchen daherkommen. Die Sprache passt sich diesem Stil an, sie ist voller Witz, Rhythmus und Bewegung, manchmal verliert sie sogar ihre wohlgedruckte Form und wird Teil der Bilderwelt, durch die die Haare, gezeichnet in schwarzen Strichen, schwirren.
Cover: Moritz Verlag
Der titelgebende Papa ist eine sympathische Verliererfigur. Einer, der immer ein bisschen zu spät kommt. Überall jagt er seine Haare, versucht dabei die unterschiedlichsten Instrumente wie einen Käscher oder einen Staubsauger und muss doch jedes Mal feststellen, dass er schon wieder den richtigen Moment verpasst hat.
Nachdem sich die Haare in der Stadt ausgetobt haben, verschwinden sie ins große Meer, bereisen die Welt und schicken ihrem einstigen Träger wunderbar gestaltete Postkarten.
»Als Papas Haare Ferien machten« beweist, wie empfehlenswert die Reihe für Leseanfänger im Moritz-Verlag ist. Hier erscheinen Bücher, die Anspruch an spannende Geschichten mit Humor und einfacher Sprache zu verbinden wissen. Schöner kann man mit dem eigenen Lesen nicht beginnen.
Jörg Mühle: Als Papas Haare Ferien machten. Frankfurt a.M.: Moritz Verlag 2022. 72 S., 9,95 €, ab 7 J.