Nachdem sie mehrfach verschoben werden musste, findet die kurdische Filmreihe im Cineding nun in kleinerer Ausgabe statt. Wie immer gibt es spannende neue Filme, die sich mit kurdischer Kultur auseinandersetzen, darunter der preisgekrönte »Jiyan« von Süheyla Schwenk und »The Other Side of the River« über kurdische Kämpferinnen in Syrien.
»Kurdische Filmtage«: 17.–19.3., Cineding
Film der Woche: Über die Feminizide in Ciudad Juárez wurde seit Beginn der Mordserie Anfang der 90er Jahre viel berichtet. Aufgeklärt wurden die brutalen Taten nie. Noch heute ist die nordmexikanische Grenzstadt für Frauen einer der gefährlichsten Orte der Welt. Wie ist es, als Frau in einer solchen Stadt zu leben? Davon erzählen Paola Calvo und Patrick Jasim in ihrer Dokumentation aus der Sicht dreier »Luchadoras« – Wrestlerinnen, die dem allgegenwärtigen Machismo auf ihre ganz eigene Art trotzen. Da ist »Lady Candy«, die tagsüber in einem Beerdigungsinstitut arbeitet und um ihre kleinen Töchter kämpft, die von ihrem gewalttätigen Ex entführt wurden. Da ist »Baby Star«, die sich nie ohne ihre Glitzermaske in der Öffentlichkeit zeigt, und da ist »Mini Sirenita«, die gerade zum zweiten Mal Oma wird, aber trotzdem nicht daran denkt, das Wrestling aufzugeben. Und da sind noch viele mehr. Im Zentrum des Films steht die »Sororidad«, die vereinte Schwesternschaft als wehrhafte Bastion gegen die Gewalt und das Patriarchat, das sie ermöglicht. Es geht um Mütter, Töchter und Großmütter, die für sich selbst und für alle anderen aufstehen und in den Ring steigen. Doch der wahre Gegner ist überall, gesichtslos. Nur indirekt zeigt er sich, was das Grauen noch potenziert. Wir sehen Fotos unzähliger vermisster Frauen auf verwitternden Aushängen an den Mauern der Stadt, die liebevoll geschmückten Gräber – Starke Kontraste, die Calvo und Jasim in elektrisierenden Bildkompositionen einfangen.
KARIN JIRSAK
»Luchadoras«: 21.–24.3., Cinémathèque in der Nato
Nach dem Tod der Großmutter räumen die Eltern der achtjährigen Nelly das Haus der Verstorbenen aus. Das Mädchen ist mit ihrer Trauer, die sie selbst erst begreifen muss, allein. Hilflos schaut sie dabei zu, wie ihre Mutter vergeblich versucht, den Schmerz zu verarbeiten. Alleingelassen streift sie durch den benachbarten Wald und trifft dabei auf ein seltsames Mädchen. Marion wirkt eine seltsame Anziehung auf Nelly aus. Es ist vom ersten Moment an, als wären sie sich vertraut. Nelly begreift, dass es sich bei Marion um ihre eigene Mutter handelt. Céline Sciamma (»Porträt einer jungen Frau in Flammen«), die mit Filmen wie »Tomboy« oder »Water Lillies« einfühlsam das Leben von Heranwachsenden beobachtete, inszeniert diese Erkenntnis nicht als wirkungsvollen Twist. Die Offenbarung wirkt ganz natürlich und bietet der Tochter die Möglichkeit, eine Verbindung zur Mutter zu finden und durch die Vergangenheit ein Verständnis für die Gegenwart zu schaffen. Céline Sciammas fünfter Spielfilm entstand im ersten Lockdown der Pandemie. Er lädt den Zuschauer zum Träumen ein, ein Ausweg aus dem Gefühl des Eingesperrtseins. Sciamma setzt sich mit einer einnehmenden Leichtigkeit mit schweren Themen wie Trauer, Verlust und Einsamkeit auseinander. Der Schlüssel ist, die Welt durch die Augen des Kindes zu betrachten und sich so der rationalen Logik zu entziehen. »Petite Maman« (Kleine Mama) ist ein kleines Wunder. Regisseurin Céline Scimma gelingt mit ihrem leisen Film ein Dialog zwischen den Generationen, der Kinder ebenso anspricht wie ihre Eltern.
»Petite Maman«: ab 17.3., Passage Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
Bachchhan Paandey
IND 2022, R: Farhad Samji, D: Akshay Kumar, Kriti Sanon, Jacqueline Fernandez, 147 min
Cineplex. 18.03. 19:30 (Indisches Kino, OmeU) 19.03. 13:00 (Indisches Kino, OmeU)
Indischer Actionthriller, in dem ein Regisseur sich ins Gangstermilieu begibt, um für seinen nächsten Film zu recherchieren.
Der Pate
USA 1972, R: Francis Ford Coppola, D: Marlon Brando, Al Pacino, James Caan, 175 min
Cineplex. 20.03. 11:00
Wiederaufführung von Francis Ford Coppolas Klassiker zum 50. Geburtstag.
Der Pate 2
USA 1974, R: Francis Ford Coppola, D: Al Pacino, Robert De Niro, Robert Duvall, 202 min
Cineplex, 22.03. 19:30
Der Mittelteil von Francis Ford Coppolas meisterhaftem Mafia-Epos.
Die fabelhafte Welt der Amélie
F 2001, R: Jean-Pierre Jeunet, D: Audrey Tautou, Mathieu Kassovitz, Dominique Pinon, 116 min
Kinobar Prager Frühling, 20.03. 19:00 (zum Weltglückstag)
Originelles und selbstbewusst romantisches Kinomärchen rund um ein ganz besonderes Mädchen in Paris.
Jiyan
D 2020, R: Süheyla Schwenk, D: Halima Ilter, Füsun Demirel, Baran Sükrü Babacan, 71 min
Cineding 18.03. 21:00 (Kurdische Filmtage, mit Vorfilm und Gespräch, OmeU), 19.03. 19:00
Die hochschwangere Hayat hat ihre kurdische Heimat nach traumatischen Kriegserfahrungen zusammen mit ihrem Mann Harun verlassen. Gemeinsam kommen sie in Berlin bei Haruns Onkel und dessen Ehefrau Gülsüm unter, aber die türkischstämmige Gülsüm hat eine tiefe Abneigung gegen die angeheiratete kurdische Verwandte. Gewinner des Neiße-Filmfestivals und des Max-Ophüls-Preis.
The End Will Be Spectacular
SYR 2019, R: Ersin Çelik, D: Arjîn Baysal, Arif Demîr, Sahire Ozhan, 135 min
Cineding, 19.03. 21:00 (Kurdische Filmtage, OmeU)
Nachdem ihr Bruder durch den IS ums Leben gekommen ist, begibt sich eine junge Frau in ihre Heimatstadt zurück und kämpft dort gegen Unterdrückung.
The Other Side of the River
D/FIN 2021, Dok, R: Antonia Kilian, 98 min
Cineding, 17.03. 20:00, 18.03. 19:00 (Kurdische Filmtage, OmU)
Die 19-jährige Hala flieht aus Syrien und landet im kurdischen Militär. Nach ihrer Ausbildung kehrt sie zurück in ihren Heimatort, um ihre Schwestern zu retten.
Klitschko
D 2011, Dok, R: Sebastian Dehnhardt, 112 min
Cinestar, 20.03. 17:00, Cineplex, 18:00 (Benefizaktion zugunsten notleidender Familien in der Ukraine)
Dokumentarisches Porträt der Box-Brüder Wladimir und Vitali Klitschko aus dem Jahr 2011. Vitali Klitschko wurde 2014 Bürgermeister von Kiew, beide kämpfen dort derzeit um die Unabhängigkeit der Ukraine und um ihr Leben. Der Eintrittspreis von 10 Euro wird komplett an »BILD hilft e.V. – Ein Herz für Kinder« zur Unterstützung notleidender Familien in der Ukraine gespendet.
Kurzfilmprogramm zum Welttag gegen Rassismus / Tag für die Menschenrechte
Kinobar Prager Frühling, 21.03. 17:00
»Stilles Land Gutes Land« (CH 2018), »Bambirak« (D, USA 2020) und »Vaterlandsliebe ‐ A German Loves His Fatherland« (D 2011).
Lisbon Story
D/POR 1995, R: Wim Wenders, D: Rüdiger Vogler, Patrick Bauchau, 96 min
Schaubühne Lindenfels, 23.03. 18:45 (Bem-Vindos! Das zeitgenössische portugiesische Kino, OmU)
Ein Toningenieur fährt nach Lissabon, um einem alten Freund zu helfen. Hommage an Lissabon von Wim Wenders zum 100-jährigen Kino-Jubiläum.
New Worlds: The Cradle of Civilization
USA/GR 2021, Dok, R: Andrew Muscato, 102 min
Cineplex, 22.03. 18:00 (OmU)
Musikdoku: Bill Murray und Jan Vogler und der letzte Auftritt ihrer »New Worlds«-Europatour.
Parasite
COR 2019, R: Bong Joon-ho, D: Kang-Ho Song, Woo-sik Choi, Park So-Dam, 132 min
Kinobar Prager Frühling, 17.03. 19:30 (Horror im März)
Ki-woo und seine Familie nisten sich bei einer reichen Sippe parasitär ein. Der Gewinner von Cannes bietet einmal mehr clever inszeniertes und stets überraschendes Kino aus Korea.
Projekt Aufklärung: Was bedeutet Freiheit im 21. Jahrhundert?
D 2022, Dok, R: Michael Schmitt, Katharina Woll, 53 min
Haus des Buches, 23.03. 18:00
»Brauchen wir eine neue Aufklärung für das 21. Jahrhundert?« – arte-Dokumentarfilm-Reihe in vier Teilen.
Raw
F/B/I 2016, R: Julia Ducournau, D: Garance Marillier, Ella Rumpf, Rabah Naït Oufella, 98 min
Luru-Kino in der Spinnerei 23.03. 20:00 (OmeU, Horror-Doppel mit Donis, zusammen mit »Titane«)
Arthouse-Drama im Kannibalenfilmgewand, das vor allem atmosphärisch und akustisch verstört. Am 23. März im Doppel mit »Titane« (F/B 2021).
Speer Goes To Hollywood
D/ISR 2020, Dok, R: Vanessa Lapa, 103 min
Ost-Passage-Theater, 23.03. 20:00 (OmU)
Bis heute haftet dem Architekten Albert Speer der Ruf des »guten Nazis« an. Filmemacherin Vanessa Lapas forscht nach, wie er sich und seine Taten derart reinwaschen konnte.
Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen
F 2015, Dok, R: Cyril Dion, Mélanie Laurent, 118 min
Digitaler Raum, 24.03. 19:00 (Reihe: Einfach machen! Gemeinwohl-Ökonomie)
Der Aktivist Cyril Dion und die Schauspielerin Mélanie Laurent besuchen Experten, Initiativen und Projekte, die auf der Suche nach Antworten auf die dringendsten Fragen unserer Zeit sind. Anmeldung und Stream unter gwoe-mitteldeutschland.de
Vater – Otac
SK/BIH/F/D/HR/SRB 2020, R: Srdan Golubovic, D: Goran Bogdan, Boris Isaković, Nada Sargin, 119 min
Cineding, 24.03. 20:00 (in Anwesenheit des Produzenten)
Nikola, ein Tagelöhner in der serbischen Provinz, verliert seine Kinder und marschiert los: Hunderte Kilometer von Süd-Serbien nach Belgrad, um für sein Recht zu kämpfen. Bewegendes, hochspannendes Plädoyer für Menschlichkeit.
Vier Sterne Plus
D 2022, Dok, R: Antje Schneider, 94 min
Passage-Kinos, 20.03. 13:00 (Preview anschl. Gespräch)
Der Geschäftsführer eines kleinen Krankenhauses in Thüringen möchte die Gesundheitsinstitution von Grund auf revolutionieren: Im von einem Star-Architekten entworfenen Patientenhotel gibt es Bio-Essen am Kaminfeuer – für Privat- und Kassenpatienten gleichermaßen. Am 20. März Preview in Anwesenheit des Protagonisten David-Ruben Thies und Experten aus dem Gesundheitsbereich.
Titelbild: Filmstill aus »Luchadoras«, Copyright Missing Films