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Kultur

Einfach mal abhauen

Das erste Kinderbuch von Liedermacherin Dota Kehr

  Einfach mal abhauen | Das erste Kinderbuch von Liedermacherin Dota Kehr

Unzählige Bücher überfluten den Markt. Martina Lisa, Josef Braun und Michelle Schreiber helfen einmal wöchentlich auf »kreuzer online« bei der Auswahl und teilen Gedanken, die in die Lektüre hineingenommen werden können. Diesmal liest Familienredakteur Josef Braun das Buch »Clarissa und Ich«, das von einem verwunschenen Haus erzählt.

Wenn man Phantasie als Grundzutat der Kindheit versteht, dann sind die Lieder von Dota Kehr der Welt der Kinder immer nah gewesen. Wie wenige andere versteht sie es, auf knappstem Raum Stimmungen zu erzeugen. Ihre Texte sind bildgewaltig und zugleich federleicht. Nachdem sie also auf Bühnen und Straßen vom Sommer, Rennrädern und Menschen im Bus sang, hat Dota jetzt ihr erstes Kinderbuch geschrieben, und das ebenso wie ihre Songs in Versen und Reimen.

Clarissa und ihr Freund sind abgehauen. Wahrscheinlich gab es zuhause Ärger, doch das ist eigentlich gar nicht so wichtig. Denn im Haus der Großmutter, das seit ihrem Tod leer steht, rückt der Alltag rasch in den Hintergrund. Viel ist vor Ort zu tun. »Wir besserten erstmal die Fenster aus,/mit Pappe, dann machten wir Picknick-Schmaus,/dann ein Nickerchen, jeder für sich.«
Nachdem sie sich eingelebt haben, begeben sich die beiden jungen Protagonisten in den Garten, wo sie, wie im Märchen, eine silberne Perle finden. Es ist der Auftakt zu einem großen Abenteuer, inklusive Geister, versteckter Räume und sprechender Tiere.

Kongenial findet die Illustratorin Lihie Jacob zu Dotas Geschichte die passenden BilderTitelbild Clarissa und ich. Copyright Voland&Quist. Mit Wasserfarben erzeugt sie wunderschön-nuancierte Farbpaletten, von den unterschiedlichen Brauntönen eines verfallenen Hauses bis zur bunten, karnevalesken Welt der Geister.
Bei der Darstellung des Geistertanzes helfen klare Umrisse, sodass selbst im größten Chaos immer die Form erhalten bleibt. Um deren Verlust müssen sich allerdings die zwei Protagonistinnen immer wieder sorgen, die von Spuk und Grusel stark herausgefordert werden.
Am Ende hilft es, sich auf die ganz einfachen Dinge zu besinnen. »Clarissa und ich« erzählt schwerelos und spannend von einem Sommertag allein, fernab der Erwachsenen. Davon wie schön so etwas sein kann, aber auch wie angsteinflößend. So sehr, dass sich die Kinder schließlich fast freuen ihre Eltern wiederzusehen – aber das würden sie natürlich niemals zugeben.

 

Dota Kehr (Text), Lihie Jacob (Illustration): Clarissa und Ich. Berlin und Dresden: Voland und Quist 2022. 32 S., 15 €, ab 4 J.


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