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Kultur

Exodus

Die Kinostarts der Woche

  Exodus | Die Kinostarts der Woche

Film der Woche: Als Gebrauchtwagenhändler Georges sich auf einer Party an der Côte d‘Azur einschleicht, unter die wohlhabenden Gäste mischt und die schöne Camille kennenlernt, ist es um den passionierten Aufschneider geschehen: Kurzerhand brennt er mit seiner Angebeteten durch, nur um tags darauf ohne die flatterhafte junge Frau aufzuwachen. Georges setzt erfolgreich alles daran, sie wiederzugewinnen, und ein knappes Jahr später wird Sohn Gary geboren, aus dessen Sicht die Familiengeschichte von nun an erzählt wird. Und die ist, im starken Kontrast zur überbordenden Optik der Adaption des Romans von Olivier Bourdeaut, ziemlich deprimierend, was sich von Beginn an als roter Faden durch die Handlung zieht. Trotzdem bleibt der Humor nie auf der Strecke, sei es während der rauschenden Feste, die Georges und Camille über ihre Verhältnisse geben, oder wenn die beiden alle Hebel in Bewegung setzen, um dem Sohn eine faszinierende Kindheit zu ermöglichen – für die er allerdings in der Schule gehänselt wird und die unaufhaltsam auf ein bitteres Ende zusteuert. »Mademoiselle Populaire«-Regisseur Régis Roinsard hat hier mit prallen, leinwandfüllenden Bildern und dem Ensemble um Virginie Efira, Romain Duris und den kleinen Solan Machado-Graner eine Art Gegenentwurf zur berühmten »fabelhaften Welt der Amélie« kreiert, der gleichermaßen fasziniert wie tragikomisch berührt. PETER HOCH

»Warten auf Bojangles«: ab 4.8., Passage-Kinos, Schauburg

 

Alles ist besser, als auf den Heiratsvermittler zu warten: Als Ben (Luzer Twersky) in Jerusalem landet, muss er nicht lange nachdenken, als ihm sein Onkel einen Auftrag anbietet. Er soll nach Ägypten reisen, um die letzte jüdische Gemeinde vor ihrem Aussterben zu retten. Doch Juden sind in dem muslimisch geprägten Land nicht gerne gesehen und so endet seine Busreise vorzeitig mitten im Nirgendwo. Zu Fuß schlägt sich der New Yorker mehr schlecht als recht durch die Wüste, die er in vier Tagen bis zum Pessachfest durchquert haben muss. Da kommt ihm ausgerechnet der Araber Adel zur Hilfe, ein Beduine auf der Suche nach seinem Kamel. Doch nicht nur die religiösen Differenzen machen ihre Reise zu einem beschwerlichen Unterfangen. Der umgekehrte Exodus durch die Wüste Sinai nach Alexandria bildet den Aufhänger für eine charmante Geschichte über Freundschaft und die Überwindung religiöser Grenzen. Dabei war auch der Weg zum fertigen Film beschwerlich: Stefan Sarazin (»Nitschewo«) und Peter Keller gewannen für ihr Drehbuch bereits 2011 die LOLA. Über viele Umwege fanden sie Finanziers für ihren Film und die perfekten Hauptdarsteller: Luzer Twersky lebte in der streng-religiösen Gemeinschaft der chassidischen Juden in New York, bis er seinen Traum, Schauspieler zu werden, verwirklichte. Sein Gegenüber, Haitham Omari, war zuletzt in dem preisgekrönten Drama »Bethlehem« von Yuval Adler zu sehen. Sie stehen im Mittelpunkt einer klugen Reflexion über das, was uns als Menschen verbindet. Die Ausdauer der Filmemacher wurde schließlich mit dem Produzentenpreis des Bayerischen Filmpreises in diesem Jahr belohnt.

»Nicht ganz koscher«: ab 4.8., Cineplex, Regina-Palast

 

Bei »Fight Club« war er noch für die Stunt-Choreographie zuständig, jetzt inszenierte »John Wick«-Regisseur David Leitch seinen Star Brad Pitt in einem comichaften Actionthriller. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Kotaro Isaka gibt Pitt einen Auftragskiller, den nichts aus der Ruhe bringen kann. Schusswaffen sind nicht sein Ding. Er stellt seine Zielpersonen lieber mit Schlafmittel ruhig. Als er den Shinkansen in Tokio betritt, muss er jedoch schnell feststellen, dass es in dem Hochgeschwindigkeitszug von Killern nur so wimmelt. Was folgt, ist ein zweistündiger High-Speed-Schlagabtausch nach bewährtem Muster. Das ungewöhnliche Setting und das gut aufgelegte Ensemble zu dem neben Pitt auch Aaron Taylor-Johnson (»Kick-Ass«) und Brian Tyree Henry (»Atlanta«) zählen, sorgen aber für sommerlich-leichte Unterhaltung, die vor allem Actionfans glücklich macht.

»Bullet Train«: ab 4.8., Cineplex, CineStar, CT-Lichtspiele Taucha, Regina-Palast

 

Weitere Filmtermine der Woche

Der Waldmacher
D 2022, Dok, R: Volker Schlöndorff, 93 min
Volker Schlöndorff porträtiert den australischen Agrarwissenschaftler und Gewinner des alternativen Nobelpreises Tony Rinaudo, der die afrikanische Land- und Forstwirtschaft revolutionierte.
Richard-Wagner-Hain, 12.8., 20 Uhr (Globale)

Die unendliche Weite des Himmels
AUS 2021, Dok, R: Renan Ozturk, Freddie Wilkinson, 96 min
Doku über drei Bergsteiger, die im Denali-Nationalpark in Alaska gemeinsam das Tooth-Massiv bezwingen wollen.
Cinestar, 7.8. 17 Uhr

Facing Down Under
D 2020, Dok, R: Chris Hartung, 84 min
Mit dem Rucksack durch Australien
Passage-Kinos, 7.8., 13 Uhr

Gegen den Strom – Abgetaucht in Venezuela
D 2019, Dok, R: Sobo Swobodnik, 84 min
Zwei mutmaßliche linke Terroristen leben seit 25 Jahren im Untergrund in Venezuela. Anhand der Biografien der zwei Hauptcharaktere zeigt Sobo Swobodnik in seinem Dokumentarfilm verschiedene Formen des Widerstandes.
Open-Air-Kino in der Spinnerei, 11.8., 21 Uhr (Dok-Sommerkino)

Los cuatro Vientos
D 2021, Dok, R: Anna-Sophia Richard, 98 min
Fast alle Bewohner von Fondo Negro haben Verwandte im Ausland. In der Region im Südwesten der Dominikanischen Republik ist Arbeitsmigration, also der von fern mit den Ansässigen geteilte Lohn, seit den 1980er Jahren eine der wichtigsten Einnahmequellen. Der Dokumentarfilm zeigt, wie sich das auf die Zurückbleibenden auswirkt.
Sommerkino auf der Moritzbastei, 8.8., 22 Uhr (Dok-Sommerkino)

Isle Fuskova
ARG 2021, Dok, R: Liliana Furió, Lucas Santa Ana, 89 min
Porträt von Ilse Fuskova, Künstlerin, Fotografin und die erste Frau, die sich in Argentinien öffentlich als Lesbe outete und den ersten Pride March organisierte.
Cineding, 5.8., 19:30 Uhr (Filmgespräch mit der Regisseurin im Anschluss)

Mein Vietnam
D 2021, Dok, R: Tim Ellrich, Thi Hien Mai
Ein vietnamesisches Paar, das in Deutschland lebt, und sein Blick aufs Heimatland über das Internet. Ein Porträt von Regisseurin Thi Hien Mai über ihre Eltern.
Grassi-Museum Leipzig, 10.8., 20 Uhr (Globale)

Shorts Attack: Sundance Shorts
Eine Auswahl der preisgekrönten Kurzfilme beim Filmfestival in Sundance.
Kinobar Prager Frühling, 7.8., 18 Uhr

The Whale And The Raven
D 2019, R: Mirjam Leuze, 106 min
Janie Wray und Hermann Meuter sind Walforscher und lassen alles hinter sich, um auf einer unbewohnten Insel an der Westküste Kanadas eine Forschungsstation zu errichten. Doch dann wird die unberührte Natur durch einen Tanker-Betreiber bedroht.
Richard-Wagner-Hain, 11.8., 20 Uhr (OmU,Globale)

Tiger & Dragon
CHN/TW/HK 2000, R: Ang Lee, D: Ziyi Zhang, Michelle Yeoh, Chow Yun-Fat, 120 min
Ang Lee inszenierte ein fantasievolles, rasantes Martial-Arts-Abenteuer rund um einen alternden Outlaw und sein legendäres Schwert.
Passage-Kinos, 8.8., 20:30 Uhr (OmU)

Wer wir gewesen sein werden
D 2021, Dok, R: Erec Brehmer, 84 min
Persönliche Auseinandersetzung mit Verlust und Trauerarbeit.
Sommerkino vor der Plagwitzer Markthalle, 6.8., 21 Uhr (in Anwesenheit des Regisseurs)

Titelbild: Filmstill aus »Warten auf Bojangles«, Copyright Studiocanal GmbH


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