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Spiel

Ein Platz an jeder Sonne

Videospiele haben den Kolonialismus immer noch nicht abgeschüttelt

  Ein Platz an jeder Sonne | Videospiele haben den Kolonialismus immer noch nicht abgeschüttelt

Was ist besser als ein Planet? Gamerinnen und Gamer ahnen die Antwort: Tausend Planeten! Dem Spiel mit der größten Portion Gameplay gehören die Herzen. Und für besonders große Portionen steht Todd Howard, Altmeister der Branche, seit bald 30 Jahren bei der Spielefirma Bethesda als Game-Designer, Director, Producer und Marktschreier bereit. Howards Begeisterung für die eigenen Spiele ist legendär. Sie hat ihn auf Showbühnen gehoben und samt seinen schicken Lederjacken zum Meme gemacht.

Bethesdas Spieleserien »Elder Scrolls« und »Fallout« sind für ihre Größe berüchtigt und beliebt. Fans können sie in Hunderten Spielstunden nicht nur erwandern, sondern regelrecht übernehmen. Im Fantasy-Epos »The Elder Scrolls V: Skyrim« sind auch Heirat und Hauskauf eingeplant. In »Fallout 4« errichten die Überlebenden der Endzeit kleine Siedlungen, ziehen Zäune hoch, installieren Selbstschussanlagen und betreiben Gartenbau.

Zuletzt hat Howard die Lederjacke übergestreift, um »Starfield« zu präsentieren, ein für 2023 angekündigtes Science-Fiction-Rollenspiel. In den Werbetrailern erinnert es bis in die Menüs an »The Elder Scrolls« und »Fallout«. Vor allem das Marketing erinnert an bisherige Bethesda-Spiele. Um den Hype anzufeuern, griff Howard nach einer der ältesten Gaming-Kamellen: Er versprach eine Riesenportion Gameplay. »Starfield«, werde eine neue Dimension des You-can-go-there-Spielgefühls einläuten. Howard deutet sonst gern auf einen zu Fuß erreichbaren Berg am Horizont. Diesmal zeigte er in den Himmel. Von über hundert Sonnensystemen mit über tausend Planeten schwärmte er – die seien alle zu entdecken, da könnten wir Außenposten bauen und mit Personal ausstatten – und Ressourcen »generieren«.

Die Idee, dass wir den Weltraum nicht einfach erforschen oder retten dürfen, sondern dass wir ihn auch industriell ausbeuten, passt überraschend gut ins Bild. Eigentlich geht es in Bethesdas Spielen um klassische Heldenreisen. Der offensichtliche Grund für Landnahme und Basenbau als Zusatzangebot ist dabei, dass das Team der Spielfirma keine tausend Planeten mit sinnvollen Geschichten bevölkern kann. Allerdings stehen diese Eroberungsaktivitäten in einer Tradition, auch abseits von Spielen.

Seit Jahrhunderten entdeckt und erschließt der Westen wilde, vermeintlich leere Welten. Die Fiktion, dass vorher nichts Besonderes da gewesen sei, dient als Rechtfertigung für Kolonialismus und Ausbeutung. Heute legen wir mit Fiktionen wie »Starfield« vielleicht das Fundament für die Ausbeutung von morgen.


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2 Kommentar(e)

DojaCata 11.08.2022 | um 14:59 Uhr

Hab gerade im Verlags-Simulator "News Tycoon" den Kreuzer gekauft und Ihnen Herrn Elsässer als neuen Chefredakteur eingestellt. Sorgen Sie sich deswegen jetzt auch gleich um Ihren Arbeitsplatz? Nach dem peinlichen absterben der Killerspiel-Debatte vor über 10 Jahren, versuchen Sie es jetzt auf gleich polemische Weise auf den Awareness-Zug mit auf zu springen? Und das auch noch gerade unter einem Bericht zu nem Bethesda-Game? Schämen Sie sich! Nimmt Ihnen sowieso niemand ab, der auch nur halbwegs versteht worum es geht. Aber bitte doch, begeben Sie sich halt auf des Niveau von Anita Sarkeesian oder Arianene Alter. Dann nimmt Sie halt nur niemand mehr ernst.

Pax 22.08.2022 | um 09:55 Uhr

Wieso schämen? Ist doch völlig legitim, sich bei einem Spiel wie "Starfield" Gedanken über Kolonialismus zu machen. Hat Bethesda höchstselbst bei einem ihrer letzten Spiele in diesem Sujet, "Outer Worlds", gemacht. Genau so gut könnte man mit Aristoteles und der von ihm geforderten Einheit von Ort, Zeit und Handlung kommen und konstatieren, dass diese tatsächlich zu einer guten Erzählung beitragen und Open Worlds zunehmend Schwierigkeiten damit bekommen. Gibt ganz viele Ansätze, um über Spiele nachzudenken...