»Ich zerlatsch den Tag stundenlang im Park
Fahrig und verwirrt, bis es dunkel wird.«
– Isolation Berlin, am 29.9. im Conne Island
Zweihundertfünfzig Umzugskartons habe er »unten«, wo er die jetzt hinstellen solle, fragt der sich eifrig umschauende Mann zur Tür hereinkommend. Zweihundertfünfzig Umzugskartons sind ganz schön viel, denke ich, der ich mich nun ebenfalls eifrig umschaue in der kreuzer-Redaktion. Gute Gelegenheit, mal wieder die Hände in die Hüfte zu stemmen. Zweihundertfünfzig Umzugskartons! Genauer gesagt: e r s t m a l zweihundertfünfzig Umzugskartons. Denn zweihundertfünfzig weitere würden in den nächsten Tagen folgen. Fünfhundert Umzugskartons mantrat es sogleich in meinem Kopf, fünfhundert Umzugskartons, fünfhundert Umzugskartons. Man kann sich so was ja gar nicht vorstellen, oder was meinen Sie? Wie im echten Leben gilt aber auch für zweihundertfünfzig Umzugskartons: Nur weil man sich’s nicht vorstellen kann, heißt das nicht, dass man sie nicht irgendwo hinstellen muss. Und die Lösung ist dann ja doch ganz einfach: Man stellt sie einfach überall hin!
Und so leeren sich nach und nach die Regale hier in der Kreuzstraße, werden die Stapel der ins Dreidimensionale beförderten Umzugskartons höher, so dass man sich bereits jetzt – einen Monat vor dem eigentlichen Umzug der Redaktion – an einigen Ecken wie in einem leibhaftigen Tetris-Spiel fühlt. Was mich zu einem praktischen Alltagstipp für Sie, liebe Leserinnen und Leser, führt: Wenn Sie das nächste Mal einen Umzugstransporter oder einen Kofferraum für den Urlaub packen müssen: Summen Sie die Tetris-Melodie! Es fügt sich dann alles viel leichter – und keine Angst: Es verschwindet trotzdem nichts, wenn eine Ebene vollgepackt ist.
Und wenn Sie jetzt denken: »Tetris, pff! Daran hab ich seit meiner Schulzeit nicht gedacht!«, tun Sie mir einen großen Gefallen, weil Sie damit galant zu unserer Titelgeschichte überleiten, die sich mit den existierenden und den noch fehlenden Schulen in Leipzig beschäftigt. Britt Schlehahn und Josef Braun haben sich dafür genauer umgeschaut und umgehört.
Außerdem im Heft: ein großes Interview mit der kürzlich doppelt ausgezeichneten Comic-Zeichnerin Josephine Mark, sechs Seiten Bio-und-fair-Spezial, zum ersten Mal eine fotografische Interpretation von Christiane Gundlach zum Gedicht des Monats, Neues aus dem Prozess gegen Lina E. und und und.
Ich schnappe mir jetzt einen Umzugskarton und überlasse die Tastatur unserem Geschäftsführer Egbert Pietsch – versichere Ihnen aber vorher noch, dass wir uns weiterhin alle Mühe geben, richtig gute Hefte zu machen, die ihren Preis wert sind. Wenn nicht noch mehr!
Mitteilung des Verlages:
Liebe Leserinnen und Leser des kreuzer!
Mit dieser Ausgabe kostet ein Heft nicht mehr 3,30 Euro, sondern 3,90 Euro; der reguläre Abopreis erhöht sich auf 40 Euro, das Abo deluxe, das unseren famosen Gastroführer Leipzig Tag & Nacht inkludiert, muss nun 45 Euro kosten, das papierlose ePaper-Abo 24,99 Euro.
Diese erste Preiserhöhung seit fünf Jahren wurde unaufschiebbar, weil der Herstellungspreis, insbesondere der Papierpreis, im Jahr 2022 rapide anstieg. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Der Raum reicht hier nicht aus, um dies zu erläutern. Auch deswegen wird es künftig in unregelmäßigen Abständen kleine Beiträge zur Ökonomie des kreuzer auf der beliebten Seite »Post aus dem kreuzer« geben.
Sie dürfen also leider sicher sein, dass hier an Bord nicht plötzlicher Wohlstand ausbrechen wird. Nach wie vor arbeiten wir unter den Tariflöhnen unserer Branche, worauf ich keinesfalls stolz bin, was aber anders nicht ginge. Auch die Mindestlohnanhebung, mit der der Staat Wohlstand befiehlt, betrifft uns indirekt, weil das Lohngefüge völlig durcheinanderkommt und Anpassungen notwendig macht. Auch wenn wir die Richtung dieses Gesetzes durchaus verstehen und loben wollen.
Dennoch bin ich guter Hoffnung, Ihnen weiterhin die gewohnte journalistische Qualität bieten zu können und setze auf Ihr Verständnis für diese Maßnahme. Bleiben Sie uns also weiter gewogen! Abonnieren Sie oder verschenken Sie Abos, das hilft uns immer am meisten.
EGBERT PIETSCH
Geschäftsführung