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Kultur

Blick voraus

Die Kinostarts der Woche

  Blick voraus | Die Kinostarts der Woche

Volle Kraft voraus: Nach zwei Jahren voller Unsicherheit, Schließungen und Verschiebungen meldet sich die Kinobranche eindrucksvoll zurück. Mit rund 80 Filmen stehen mehr denn je auf dem Plan der 22. Filmkunstmesse. 14 davon kommen direkt aus Cannes. Musste der Gradmesser für das Arthousekino im vergangenen Jahr pausieren, gibt es nun mit Spannung erwartete neue Filme von Ruben Östlund, Martin McDonagh und Mia Hansen-Løve. Aber auch neue deutsche Produktionen von Sönke Wortmann, Hans-Christian Schmid und Maggie Peren.

»22. Filmkunstmesse«, 19.–23.9., Passage-Kinos, Schauburg

Film der Woche: Clara, 39, ist Doktorandin in Berlin, und promoviert am philosophischen Seminar zum Freiheitsbegriff bei Hegel. Eingangs sehen wir eine durchgehend verspannte Protagonistin, die scheinbar nicht in der Lage ist, Emotionen zeigen. Weder gegenüber ihrer autoritären Professorin Margot, mit der sie eine eigenwillige Freundschaft pflegt, noch gegenüber ihrem Studenten Max, mit dem sie eine Affäre hat. Clara kommt aus einfachen Verhältnissen in einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Der Spagat zwischen den beiden Welten wird ihr zunehmend unmöglich. Auf einer philosophischen Dinnerparty findet sie sich zwischen abgehobenen und zynischen Akademikern und Akademikerinnen wieder. Beim Wochenendbesuch auf dem Land mit ihrer eigenen Tochter Emma fremdelt sie mit der Welt der Dorfbewohner. Um ihren Punkt zu machen, wühlt Regisseurin Annika Pinske in »Alle reden übers Wetter« ganz schön tief in der Klischee-Kiste. Auf dem Land unterhält man sich über Schnittchen, während man am Kreuzberger Küchentisch über strukturellen Rassismus diskutiert. In Meck-Pomm säuft man aus Plastikbechern und tanzt zu den Toten Hosen, während man auf der philosophischen Dinnerparty in Berlin mit hochgezogener Augenbraue aus den Goldrandgläsern nippt. Die akademische Selbstbeobachtung und die Versöhnung mit der eigenen ostdeutschen Identität hätten auch klischeeärmer funktioniert. Umgekehrt zeigt der Film ein sicheres Gespür für Situationskomik. Am gelungensten ist Pinskes Debüt da, wo sich diese ungezwungen entfalten darf und all die scheinbaren Gegensätze ausradiert.

Sarah Nägele

»Alle reden übers Wetter«: ab 15.9., Passage-Kinos, Kinobar Prager Frühling

 

Cathy ist Küchenchefin und Teil des Teams einer erfolgreichen Fernseh-Kochshow. Eines Tages stößt sie jedoch an die Grenzen ihrer Toleranz, da der Star der Sendung, Lyna Deletto, ihre Kreationen regelmäßig für sich beansprucht. Die resolute Köchin schmeißt alles hin und verlässt die Show. Allerdings stellt sich die Suche nach einer neuen Stelle schwieriger dar als gedacht. Cathy übernimmt die Leitung einer Kantine in einem Heim für minderjährige Migranten mit dem Hintergedanken, so bald wie möglich ihr eigenes Restaurant zu eröffnen. Doch die Jugendlichen wachsen ihr ans Herz und die Ungerechtigkeit des französischen Einwanderungssystems schlagen ihr auf den Magen. Louis-Julien Petit wagt bereits mit »Der Glanz der Unsichtbaren« den Spagat zwischen sozialem Engagement und Unterhaltung. Bei seinem Porträt der obdachlosen Frauen gelang ihm das ganz formidabel, nicht zuletzt dank der Spielfreude seiner Laiendarstellerinnen und seiner Mitstreiterin Audrey Lamy. Die Darstellerin steht ihm auch bei seinem Nachfolgeprojekt »Die Küchenbrigade« zur Seite. Allerdings wollen Plot und Botschaft hier nicht ganz zusammenkommen. An den jungen Hauptdarstellern, allesamt Geflüchtete in ganz ähnlichen Situationen, liegt es nicht. Auch nicht daran, dass Petit das Herz am rechten Fleck hat und mit einem kämpferischen Finale überrascht. Doch die Geschichten der Figuren kratzen nur an der Oberfläche, was auch der recht kurzen Laufzeit geschuldet sein mag.

»Die Küchenbrigade«: ab 15.9., Passage-Kinos, Kinobar Prager Frühling

 

Weitere Filmtermine der Woche

Filmriss Filmquiz 
Seit 2009 präsentiert kreuzer-Redakteur Lars Tunçay gemeinsam mit André Thaetz das Leipziger Filmquiz. Nach zweijähriger Pause ist es ab September monatlich in der Moritzbastei zu Hause. Wie gewohnt gibt es Fragen, Clips und Preise rund um Filmklassiker und aktuelle Kinohighlights.
Moritzbastei, 21.09., 19:30 Uhr

Okabre Plays a Page of Madness 
J 1926, R: Teinosuke Kinugasa, D: Masao Inoue, Yoshie Nakagawa, Ayako Iijima, 70 min
Der japanische Horrorfilm erzählt die Geschichte des Hausmeisters einer psychatrischen Anstalt, in der seine Frau als Patientin untergebracht ist. Stummfilmlivevertonung mit dem Kollektiv Okabre.
Cinémathèque in der Nato, 15.09., 21 Uhr

Gegenkino Filmfestival
Das Gegenkino geht in die letzte Runde. Bis Sonntagabend gibt es noch Kino abseits des Mainstreams in Schaubühne Lindenfels, UT und Luru zu sehen. Mehr Infos zum Programm gibt es hier.
8.–18.9., Luru Kino, UT Connewitz, Schaubühne Lindenfels

Der Entschluss 
D 2020, Dok, R: Nancy Brandt, 62 min
Die bewegende Geschichte der letzten Flüchtlinge aus der DDR.
Cineding, 16.09., 19 Uhr (anschl. Gespräch)

The Retaliators 
USA 2022, R: Samuel Gonzalez Jr., Michael Lombardi, Bridget Smith, D: Michael Lombardi, Marc Menchaca, Joseph Gatt, 97 min
Auf der Suche nach dem Mörder seiner Tochter entdeckt ein abtrünniger Pastor eine finstere Unterwelt.
Cinestar, 16.09. 22:45 Uhr (Horror-Special, OmU)

Clandestina Mente
D 2011, Dok, R: Markus Lenz, 60 min
Neapel, Süditaliens brodelnde Metropole, ist ein Mekka für Graffiti-Writer. Verschiedene Subkulturen nutzen den urbanen Raum als Ausstellungsfläche und sind dabei stilistisch hoch entwickelt.
UT Connewitz, 22.09., 20 Uhr (in Anwesenheit des Regisseurs Markus Lenz)

Blockade – Von der Belagerung Leningrads 1941-1944 bis zur NATO-Russland Auseinandersetzung heute
Ein Abend mit Original-Dokumentarfilmaufnahmen, ausgewählten Texten, vorgetragen vom Schauspieler und Friedensaktivisten Rolf Becker und einem musikalischem Rahmenprogramm von Mariya Horenko.
Villa Davignon, 21.09., 20 Uhr (Globale)

Der perfekte Chef
E 2021, R: Fernando León de Aranoa, D: Javier Bardem, Manolo Solo, Almudena Amor, 120 min
Julio Blanco ist ein wohlwollender Chef, Besitzer einer Fabrik und darauf bedacht, die Dinge zu regeln. Vor dem Besuch des Komitees drohen sie ihm jedoch über den Kopf zu wachsen.
Regina-Palast, 18.09., 17 Uhr

Kongo
F/CON 2019, Dok, R: Hadrien La Vapeur, Corto Vaclav, 70 min
In Brazzaville regiert eine unsichtbare Welt die sichtbare Welt. Der Apostel Medard kämpft darum, die kranken Opfer von Zaubersprüchen zu heilen. Aber sein Leben ändert sich, als er öffentlich beschuldigt wird, schwarze Magie zu praktizieren.
Cinémathèque in der Nato, 21.09., 19 Uhr (mit Diskussion, OmeU)

Porträt einer jungen Frau in Flammen
F 2019, R: Céline Sciamma, D: Noémie Merlant, Adèle Haenel, Luàna Bajrami, 122 min
Eine Malerin aus Paris malt 1770 auf einer bretonischen Insel eine junge Adelige und die beiden Frauen kommen sich langsam – sehr, sehr langsam – näher…
Luru-Kino in der Spinnerei, 18.09., 17 Uhr (OmU)

Preis der Jugendjury der Dokfilmwoche
Moritzbastei, 21.09., 12:30 Uhr

Romeo – Juliet
Film von Valdimar Jóhannsson, Halla Ólafsdóttir und Erna Ómarsdóttir in Zusammenarbeit mit der Iceland Dance Company, im Rahmen des Herbstrundgangs der Spinnereigalerien.
Residenz, 17.09. und 18.09. jeweils 11 Uhr

Silence Breakers
ISR/F 2021, Dok, R: Silvina Landsmann, 88 min
Die NGO »Breaking the Silence«, bestehend aus ehemaligen israelischen Soldaten und Soldatinnen, die durch das Sammeln persönlicher Erinnerungsberichte auf den militärischen Alltag und den Umgang mit der Bevölkerung in den besetzten Gebieten aufmerksam machen wollen.
Peterskirche, 22.09., 20 Uhr (Globale)

Spendier mir einen Çay und ich erzähl dir alles
D 2019, Dok, R: Anna Sabel, Ruben Sabel, 61 min
Ein Dokumentarfilm zu den Themen Rassismus, Identität, Selbstwahrnehmung, Zusammenhalt, Austausch, Mut und Nein-Sagen, porträtiert wird der 18-jährige Ruben.
Luru-Kino in der Spinnerei, 21.09., 19 Uhr (Eintritt frei, Interkulturelle Woche, mit Vorfilm)

Stadt der verlorenen Seelen
D 1983, R: Rosa von Praunheim, D: Angie Stardust, Jayne County, Judith Flex, 94 min
Avantgardistischer Musicalfilm über das Leben US-amerikanischer Cabaret-Darsteller und anderer Einwanderer in Berlin.
Ost-Passage-Theater, 21.09., 20 Uhr

The Deer King
J 2021, R: Masashi Ando, Masayuki Miyaji, 114 min
Abenteuerlicher Anime um Stammeskriege in einem Fantasy-Reich.
Regina-Palast, 15.09. 20 Uhr, 18.09., 12 Uhr und 18 Uhr (OmU)
Cinestar, 15.09. 20:00 (OmU)18.09.
, 17 Uhr
Passage-Kinos, 16.09., 18:30 Uhr und 18.09., 20:30 Uhr (OmU)
Cineplex, 17.09.
, 17 Uhr und 20.09., 20 Uhr (OmU)

 

Titelbild: Filmstill aus »Alle reden übers Wetter«, Copyright Grandfilm


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