Vielstimmig: Im Polylogue kommt man nicht nur ins Gespräch, sondern kann dabei auch gemütlich eine Tasse Kaffee schlürfen. Ein Besuch in einer außergewöhnlichen Buchhandlung.
Große Schaufenster, ein heller Raum, eine Ecke mit Kinderbüchern, Sitzkissen, belebte Farben, Kunstpostkarten, ein gemütli-
ches Sofa und vor allem: Belletristik in verschiedenen Sprachen. Seit 2016 findet man in der Buchhandlung Polylogue Literatur in fran-
zösischer, englischer, spanischer und italienischer Sprache sowie deutschsprachige Übersetzungen. »Es gibt einen feministischen
Hauch in meiner Buchhandlung«, sagt Besitzerin Laure Le Cloarec und lacht. Dieser Hauch lässt sich eher als frischer Wind im Sortiment feststellen. »Ich zähle nicht, aber ich achte darauf, dass Autorinnen genauso präsentiert und repräsentiert werden wie Autoren.« Dazu gehören Bücher, die die Rolle der Frau in der Gesellschaft, die Lebenserfahrung von Frauen aufgreifen.
Le Cloarec bietet vor allem Neuerscheinungen und Gegenwartsliteratur an, die sich neben der Gleichberechtigung der Geschlechter auch mit Herkunft und Rassismus, sozialer Schicht und Klassismus, Nachhaltigkeit und der Klimakrise beschäftigen. Jeweils zur Hälfte bestehe die Kundschaft aus Personen, die aus dem Ausland nach Leipzig gezogen sind, sowie aus Leipzigerinnen und Leipzigern, die die Fremdsprachen noch lernen. Für Letztere hat Le Cloarec immer etwas Einfacheres, Leichteres im Sortiment. Auch viele Comics
gebe es, die in Frankreich viel höher im Kurs stünden als in Deutschland. Anfangs als Buchladen sowie als Café geplant, wurde Letzteres während der Pandemie und zugunsten des wachsenden Bücherbestandes immer weiter verdrängt. Nun hofft Le Cloarec auf die Pläne der Stadt, die Merseburger Straße in eine Fußgängerzone zu verwandeln, um einige Tische und Stühle vor der Buchhandlung aufzustellen und das Café wieder aufleben zu lassen. Ab und zu finden im Polylogue Veranstaltungen statt, verschiedene Lesekreise diskutieren jeweils über Lektüren. Manchmal verwandelt sich die kleine Buchhandlung auch in eine Theater- oder Konzertbühne oder eine Galerie. Für nächstes Jahr ist wieder ein Projekt geplant, bei dem Zugewanderte in Begleitung einer Lehrkraft für kreatives Schreiben und einer Deutschlehrkraft an eigenen Texten arbeiten können, die zum Abschluss in einer kleinen Anthologie veröffentlicht werden.
Über Buchhandlung, Galerie, Theaterbühne und Café hinaus hat sich im Hinterzimmer ein Weinladen als Anlaufstelle für französische Burgund-Weine niedergelassen. Auf einem Regal steht das Buch »Polylogue« von Julia Kristeva. Ob das die Inspiration für den Namen war? Den habe es schon vorher gegeben – eine Unterhaltung ab drei Personen, die Steigerung eines Monologes oder eines Dialoges, sei eben der Polylog. In der Buchhandlung kämen verschiedene Menschen in unterschiedlichsten Sprachen ins Gespräch, aber auch seien es die Autorinnen und Autoren, die Bücher, die hier in einen Polylog treten: das feministische Stimmengewirr der mehrsprachigen Gegenwartsliteratur.
Polylogue – Internationaler Buchladen & Café, Merseburger Str. 47, 04177 Leipzig, Mi–Fr 12–18, Sa 12–16 Uhr, www.polylogue-leipzig.com