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Stadtleben

Polizei ermittelt zu Zwischenfall bei rechter Großdemo

Gegendemonstrierende berichten von Auto, das in ihre Versammlung fuhr

  Polizei ermittelt zu Zwischenfall bei rechter Großdemo | Gegendemonstrierende berichten von Auto, das in ihre Versammlung fuhr

Am vergangenen Samstag fand eine Demonstration unter dem Motto »Ami go Home« in Leipzig statt. Gefordert wurde, die US-amerikanischen Truppen aus Deutschland abzuziehen. Von den angekündigten 15.000 Teilnehmenden kamen nur etwa 1200. Am Rande einer Sitzblockade kam es zu einem Vorfall, bei dem ein Gegendemonstrant von einem Autofahrer und mutmaßlichen »Ami go Home«- Demonstranten angefahren wurde. Die Meldung verbreitete sich noch am Samstag rasch auf Twitter. Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek schrieb etwa von »versuchte[m] Totschlag und gefährlicher Körperverletzung«.

Mittlerweile lässt sich das Geschehene durch mehrere Zeugenaussagen rekonstruieren: An der Kreuzung Karl-Tauchnitz-Straße/Grassistraße, direkt neben der Galerie für zeitgenössische Kunst, meldet eine junge Frau, Lucy*, für Samstag eine Versammlung an, um die »Ami go Home«-Demo zu blockieren. Einige junge Menschen – eine Zeugin, die anonym bleiben möchte und hier Susanne heißt, schätzt, dass sich etwa 50 bis 100 Menschen zu einer Sitzblockade zusammenfinden. Sie lassen dabei Platz für eine Rettungsgasse, durch die auch immer wieder Fahrräder und Autos fahren. Anwesend sind auch Beamte der sächsischen Bereitschaftspolizei, zwei Zeuginnen erinnern sich an zwei, eine andere Zeugin an drei Polizisten.

Radfahrer kündigen den Aktivisten das Auto eines »Altenburger Nazi« an. Bei näherer Betrachtung des heranfahrenden Wagens sei Susanne auf diesem ein Aufkleber mit der Aufschrift »Impfen tötet« aufgefallen. Einige Teilnehmende der Sitzblockade, laut Susanne etwa zehn Personen, stellen sich vor das Auto und hindern es am Weiterfahren. Lucy erinnert sich daran, dass sie den Fahrer »anpöbeln«, eine Person versucht, die Autotür zu öffnen. Der Grund dafür ist laut Susanne, dass der Fahrer beim Passieren der Blockade andeutet, auszuscheren und eine Person am Rande umzufahren. Im Gewusel um das Auto bricht jemand laut einer weiteren Zeugin einen Scheibenwischer ab.

Der Fahrer lässt den Motor aufheulen und fährt los – »mit Vollgas«, wie Susanne beschreibt. Vor dem Auto steht eine Person, die nicht mehr ausweichen kann, weshalb sie auf die Motorhaube flüchtet und seitlich herunterfällt. Sie bleibt unverletzt. Der Autofahrer fährt davon.

Bei dem Fahrer handelte es sich um Gebhard Berger, wie sowohl das Nummernschild als auch Berger selbst im Nachhinein bestätigen. Der Altenburger war am Samstag in Leipzig, um an der »Ami go Home«-Demonstration teilzunehmen. Berger ist in seiner Heimatstadt politisch aktiv, kandidierte zur Bundestagswahl 2021 als Einzelkandidat und verbreitete in dem Zusammenhang Verschwörungsmythen zur Corona-Pandemie. Der Leipziger Volkszeitung schilderte er, in Richtung der Sitzblockade gelenkt zu haben, um durch eine größere Lücke fahren zu können. Daraufhin hätten »Leute von der Antifa« angefangen, auf das Auto zu schlagen, weshalb er die Situation als bedrohlich erlebt habe. »Ein junger Mann stieg auf die Motorhaube – damit war der Weg auf der Straße frei«, sagte er der LVZ am Montag nach der Demonstration.

Auch gegen die anwesenden Polizisten erheben die Aktivisten Vorwürfe: sie hätten das Geschehen laut mehrere Zeugen nur beobachtet und nicht eingegriffen. Nachdem Berger den Ort des Geschehens verlassen hat, suchen Susanne und andere Anwesende das Gespräch mit der Polizei, einige Aktivisten rufen den Beamten zu, weshalb sie nichts getan hätten. »Was hätten wir denn tun sollen?«, soll einer der Beamten laut Susanne gesagt haben, und: »Was wäre denn mit uns passiert, wenn wir dazwischen gegangen wären?«. Auf Nachfrage bei den Beamten, um sie später als Zeugen angeben zu können, wollen die Polizisten weder ihre Namen noch ihre Dienstnummern nennen. Ein Zeuge, Paul*, gibt an, einer der Polizisten habe gesagt, er habe seinen Dienstausweis nicht dabei. Eine Anzeige nahmen sie ebenfalls nicht auf – laut Susanne habe einer der Polizisten noch gescherzt, seinen Laptop rauszuholen –, sondern verweisen an die nächstgelegene Wache. Zu Paul habe ein Beamter außerdem »süffisant« gesagt, er könne ihn zur nächsten Wache begleiten, dann würde man sehen, was dort passiere. Anschließend gehen die Polizisten, sodass die Versammlung ohne Polizeischutz zurückbleibt.

Die Polizeidirektion Leipzig bestätigt gegenüber dem kreuzer, dass es einen »Zwischenfall zwischen einem Fahrzeug und Versammlungsteilnehmenden« gegeben habe. Die Schilderungen des Fahrers zum Geschehen weisen laut Polizeidirektion deutliche Unterschiede zu den Aussagen »einzelner Twitter-Accounts« auf. Die Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts einer Nötigung sowie Sachbeschädigung stünden noch am Anfang, die Polizei sucht nach Hinweisen von Zeugen. Zu den Polizisten vor Ort könne die Direktion keine Aussage treffen, mit der Begründung, dass die Beamten aufgrund des dynamischen Geschehens an unterschiedlichen Orten eingesetzt worden seien. Zeugen berichten aber von sächsischen Abzeichen an den Uniformen der Beamten, zudem habe sich Susanne die Kennnummer der Beamten gemerkt, diese aber nicht der Polizei gemeldet.

Unter dem Motto »Ami go Home« nahmen laut Polizei etwa 900 Personen teil, Beobachter schätzen die Zahl auf 1200. Unter den Demonstrierenden waren bekannte Rechtsextremisten und Verschwörungsgläubige.

Die Demonstranten forderten, dass die USA ihre Truppen und Atomwaffen auf deutschem Boden abziehen solle. Bei den Gegendemonstrationen, zu denen linke Bündnisse aufgerufen hatten, spricht die Polizei von einer Teilnehmerzahl im vierstelligen Bereich. Diese blockierten an mehreren Stellen die Demoroute, die einmal um den Johannapark führen sollte, sodass die Versammlung schließlich gegen 19 Uhr in der Friedrich-Ebert-Straße aufgelöst wurde.

*Die Personen wollten anonym bleiben. Ihre Namen sind der Redaktion bekannt.

*In einer früheren Version des Artikels stand, dass der rechte Publizist Jürgen Elsässer die Demonstration angemeldet habe. Das stimmt nicht. Wir haben das korrigiert und bitten, den Fehler zu entschuldigen. 


Titelfoto: Straßenblockade am Samstag. Copyright: Marco Brás dos Santos.


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2 Kommentar(e)

Marco 03.12.2022 | um 15:36 Uhr

Ich denke hier wird reichlich von den "anonymen Zeugen gelogen und die Tatsachen verdreht. Fakt ist doch bei dem was ich hier rausgesucht, das die Antifa das Fahrzeug beschädigt und den Insassen Massiv bedroht hat. Ja die Polizei hätte einschreiten müssen und die Millitanten Linken festnehmen müssen, dann wäre der Fahrer auch nicht genötigt worden die Flucht zu ergreifen und das Fahrzeug nicht beschädigt worden. So ist hier Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Bedrohung sowie Sachbeschädigung und versuchter Körperverletzung zu stellen. Es ist nicht auszudenken was diese Verbrecher mit dem Fahrer getan hätten wäre dieser aus seinem Fahrzeug ausgestiegen.

Krumpholz 03.12.2022 | um 19:54 Uhr

Hallo.Wir waren bei der Demo. 7 Personen. Als die Demo aufgelöst wurde wollten wir zu unseren Autos in der Grassistrasse.Als wir kurz davor waren sind ca 70 bis 80 linke auf uns los gegangen und haben wild auf uns eingeschlagen Die Polizei stand ca 50 m entfernt und hat zugeschaut.Wir liefen zu den Beamten. Wir fragten ob sie uns zu unseren Autos bringen würden.Darauf antwortete der Beamte die Demo wurde aufgelöst,wir sind aus dem Sicherheitsbereich und es ist unser Problem wie wir da hin kämen. Als wir bei unseren Autos waren haben wir festgestellt das von beiden Autos die Frontscheiben eingeschlagen waren.(NDH Nummer) Eine Anzeige wurde nicht gemacht da dies sinnlos ist.Es wurde nur der Schaden aufgenommen bei der Polizei.