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Kultur

Das Forum als Forum begreifen

Neue Leitung und Visionen im Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig

  Das Forum als Forum begreifen | Neue Leitung und Visionen im Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig

Mit Beginn der kommenden Spielzeit im Jahr 2023 bekommt das Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig (FZML) eine neue dreiköpfige künstlerische und organisatorische Leitung. Das hochkarätige Team besteht aus dem Dirigenten, Komponisten und Festivalintendanten Hans Rotman, dem Kurator, Dramaturgen und Kulturmanager Julian Rieken sowie der Komponistin und Ensemblemanagerin JiYoun Doo. 

Das FZML machte in der Vergangenheit immer wieder durch Großprojekte und Konzertreihen auf sich aufmerksam. Man erinnere sich an »Cage 100« (2012/13), »125 Party Pieces« (2016) oder »Abendmahl« (2017). Hinter dem FZML stand dabei über viele Jahre vor allem ein Name: Thomas Christoph Heyde, künstlerischer Leiter, Kurator, Komponist. 2019 hatte sich Heyde dann für eine dauerhafte Zusammenarbeit mit JiYoun Doo, künstlerische Leiterin des seit 2015 bestehenden Ensembles für Neue Musik Tempus Konnex, entschieden. Damit hoffte er auf eine gute Perspektive und rief 2020 die erste Ausgabe eines Ensemblefestivals ins Leben, mit dem internationale Positionen junger Gegenwartsmusik in Leipzig vorgestellt werden sollten. Pandemiebedingt fand das groß angelegte Festival dann vor allem online statt. Anfang Oktober 2022 kündigte Heyde nun seinen Abtritt und den Leitungswechsel an: »Der Abschied fällt mir leicht, da ich in einem derart kompetenten Dreigestirn eine ganz spannende und erwartungsfrohe Zukunft sehe, die hoffentlich von den Förderinstitutionen des Bundes, des Landes und insbesondere der Stadt Leipzig weiter positiv begleitet wird. Zudem freue ich mich persönlich auf frische, zeitgenössische und virulente Ideen.« 

Hans Rotman wird beim FZML vor allem als künstlerischer Geschäftsführer agieren. Er verfügt neben seiner künstlerisch-kuratorischen Kompetenz auch über das so wichtige kulturpolitische Know-how. Zuletzt konnte er 2021 das Aus für das von ihm 2008 gegründete Impuls-Festival für Neue Musik in Sachsen-Anhalt abwenden. Durch kulturpolitische Interventionen vonseiten der AfD drohte eine Streichung der Landesfördermittel für das Festival. »Impuls läuft derzeit besser denn je. Druck macht Gegendruck. Das Land hat den Streit aufgegeben«, so Rotman.

»Das FZML war immer an eine Person gebunden. Wir möchten gern als ein Team arbeiten. Denn eines ist klar: Allein ist es nicht zu schaffen. Wir werden bei der Stadt keinen Antrag als Neuverein einreichen. Wir übernehmen hier eine bestehende Marke. Das FZML hat internationale Strahlkraft. Die Stadt muss sehen, wie sie dazu steht«, sagt Rotman. Erst dann könne man konkret werden. »Wir sind jetzt noch nicht an dem Punkt, wo wir sagen können: Dann und dann führen wir etwas Bestimmtes auf. Wenn wir den Namen Forum ernst nehmen, ist es zuerst einmal wichtig und logisch, dass wir uns öffnen.«

Rieken formuliert die Ideen zur inhaltlichen Ausrichtung so: »Wir wollen das, was Thomas über die Jahre aufgebaut hat, weiterentwickeln. Wir wollen uns dabei auch auf die Entstehungsgeschichte des FZML beziehen. FZML als ein Forum denken, das sich 1990 nach der Wende gründete und in der Stadt auch politisch engagierte – das Forum als Ort des Zusammentreffens und Austausches begreifen. Es gibt bei uns bestimmte Grundgedanken darüber, wie wir Kunstproduktion verstehen. Es soll vor allem nicht darum gehen, einfach bestehende Projekte einzuladen.« Rotman weist an dieser Stelle auf den Generationenwechsel im Verständnis des Musikbetriebs hin: »Oft denkt man, ein Komponist kriegt einen Auftrag, ein Ensemble führt es auf, der Komponist arbeitet ein Jahr daran, das Ensemble vier Tage, das Publikum hört 10 Minuten Musik. Inzwischen gibt es aber eine neue Generation. Die Leute komponieren frei, es geht heute nicht darum, anhand von Taliban-Regeln ungemütliche neue Musik zu machen. Wir möchten hier eine Plattform für Neuentwicklungen.«

Aufgabe von Festivals sei es auch, Risiko zu ermöglichen, Dinge auszuprobieren, betont Rieken: »Wir wollen Neues kreieren. Es geht dabei immer um den Prozess, nicht vordergründig um das Produkt. Wir wollen eine Plattform gründen, über die Ensemblelandschaft hinaus, für Akteure, die sich mit Fragen zeitgenössischer Kunst beschäftigen, Akteure aus verschiedenen Künsten auf internationaler Ebene zusammenbringen. Wir wollen den Fokus auf internationale Vernetzungen, Kooperationen und Beziehungen legen. Leipzig ist hierfür der richtige Ort mit einer internationalen Ausstrahlung, auch um die Welt hierher zu bringen und mit der lokalen Szene zu vernetzen.«

Titelbild: JiYoun Doo, Hans Rotman und Julian Rieken wollen mit dem FZML in der Stadt neue Impulse für aktuelle Musik setzen und international vernetzen. (Copyright Christiane Gundlach)


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