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Politik

Ungewöhnliche Briefe

Die Immobilienfirma United Capital hatte zuletzt einige Negativschlagzeilen – nun fällt einer ihrer Geschäftsführer auch »privat« durch unseriöse Geschäftspraktiken auf

  Ungewöhnliche Briefe | Die Immobilienfirma United Capital hatte zuletzt einige Negativschlagzeilen – nun fällt einer ihrer Geschäftsführer auch »privat« durch unseriöse Geschäftspraktiken auf

»Mein Name ist Kevin Rader und genau wie Sie bin ich Mieteigentümer in der Wohneigentümergemeinschaft Schletterstr. 14. Da ich das Objekt kenne, würde ich gerne eine weitere Wohnung dort kaufen. Haben Sie Interesse, ihre Wohnung an mich zu verkaufen?« – So beginnt der Brief, den alle Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer der Adresse im Zentrum-Süd vor ein paar Wochen im Briefkasten hatten. Ebenso all jene der Alten Buchbinderei in der Oststraße 24/Schulze-Boysen-Straße.
Der Brief wirkt harmlos. Beim Namen Kevin Rader werden einige jedoch aufmerksam. Er ist nicht nur Absender, sondern auch einer der Geschäftsführer der Immobilienfirma United Capital. Die taucht immer wieder negativ in der Presse auf – in erster Linie wegen ihrer Geschäftspraktiken. Die Vorwürfe lauten unter anderem vorgetäuschter Eigenbedarf, Entmietung und Schikane.
In diesem Fall wird die Firma im Brief nicht erwähnt, der Absender wirkt wie eine Privatperson. Doch sowohl die Hausverwaltung der Schletterstraße 14 als auch ein Wohnungseigentümer aus der Alten Buchbinderei haben den kreuzer aktiv kontaktiert und mitgeteilt, dass gleich der erste Satz der Briefe gelogen sei – da Rader gar kein Eigentümer in den Häusern sei: »Herr Rader ist weder Mitglied der Eigentümergemeinschaft, noch zahlt er Hausgeld, noch bringt er sich in irgendeiner Form in die Gestaltung und Weiterentwicklung des Hauses ein«, erklärt die Verwaltung der Schletterstraße. In Raders Brief heißt es am Ende aber gar: »Ihre Immobilie ist bei mir in guten Händen, ich kenne das Haus bereits, zahle zuverlässig meinen Hausgeldanteil und kümmere mich gerne um alle Themen rund um das Objekt.«

Stephan (Name geändert, aber der Redaktion bekannt) ist einer der Eigentümer in der Alten Buchbinderei. Den Namen Kevin Rader habe er »vorher noch nie gehört«. Daher sei er direkt durch die Auflistung der Eigentümerinnen und -eigentümer gegangen, konnte ihn aber nicht finden: »Da habe ich schon vermutet, dass da was nicht ganz sauber läuft«, erinnert er sich. Es sei ihm ein Rätsel, wie Rader überhaupt an seine Adresse gekommen ist. Seine Vermutung: über die zuständige Hausverwaltungsfirma, die GRK-Immo-Wert GmbH. »Mein erster Gedanke war: Das ist eine weitere Initiative der GRK, um noch mehr im Haus unter Kontrolle zu bringen«, erzählt er dem kreuzer.

Die GRK, die gerade erst zu »einem der größten privaten Immobilienverwalter der Region« avanciert sei, wie es in einer Mitteilung heißt, distanziert sich jedoch klar davon. Den Hauseigentümerinnen und -eigentümern schreibt sie: »Scheinbar hat sich eine Person aus unerklärlichen Gründen Zugang zu privaten Adressdaten einzelner Eigentümer verschafft […] und stellte sich als Miteigentümer dar, was nicht der Wahrheit entspricht.« Auf kreuzer-Anfrage heißt es außerdem: »Leider ist dies kein Einzelfall, sondern eine extrem unseriöse Akquise-Methode dieser Firma (United Capital, Anm. der Redaktion) bzw. von Herrn Rader persönlich. Wir und auch einige der Eigentümer prüfen derzeit rechtliche Schritte.«
Dass Stephan zunächst die GRK im Verdacht hatte, liege auch an seinen bisherigen Erfahrungen mit der Verwaltung: »Die GRK hat sich anfangs händeringend dagegen gewehrt, einen Beirat zuzulassen […]. Die möchten grundsätzlich verhindern, dass die Eigentümer sich organisieren und ihre Interessen vertreten können, die nicht immer ganz einer profitorientierten Hausverwaltung mit Hunderten Objekten entsprechen.« Er führt aus, dass die GRK nur nach »Drohung einer gerichtlichen Klage« überhaupt die Adressdaten unter den Eigentümern verteilt hat. Dass die GRK zu den sich als Beirat bewerbenden Miteigentümern in ihren Einladungen zu Eigentümerversammlungen suggestiv schriftlich Stellung nimmt, also den einen Bewerber empfiehlt und von einem anderen Bewerber abrät, sei ebenfalls ein unerhörtes Vorgehen. Das dementiert die GRK jedoch vehement: Sie habe »zu keinem Zeitpunkt die Bildung eines Eigentümerbeirates versucht zu verhindern«.

So bleibt die Frage, woher Rader die Adressen hat. Die GRK erklärt in ihrer Stellungnahme, sie nicht weitergegeben zu haben, da so etwas »immer eines berechtigten Interesses« bedürfe. Rader solle stattdessen »einen Eigentümer instrumentalisiert« und so einen Antrag in die Eigentümerversammlung eingebracht haben. Dort hätten dann 4 der 85 Eigentümer dafür gestimmt, ihre Adressen weiterzugeben – und 81 dagegen.
In der Schletterstraße 14 verweist die Hausverwaltung nicht auf ein solches Vorgehen, ihr sei nicht klar, woher Rader die Adressen der hauptsächlich nicht in Leipzig ansässigen Kapitalanlegerinnen und -anleger habe. Sie selbst habe die Adressen nicht herausgegeben.
Auf die kreuzer-Anfrage zum Erlangen der Adressen, zu den Inhalten der Briefe und den möglichen Verbindungen zwischen der GRK und United Capital antwortet Rader bis zur angegebenen Frist nicht. Stattdessen habe er sich laut GRK nach Erhalten der kreuzer-Anfrage per Mail an die GRK gewandt, um sich bezüglich des Artikels »abzustimmen«. Das habe die GRK aber abgelehnt, da sie sich von Raders »unseriösem Geschäftsgebaren« klar distanziere.
Für Stephan ist jedenfalls klar, dass er sich nicht auf einen Verkauf an Rader einlässt, und das erwartet er auch von den anderen Eigentümerinnen und Eigentümern im Haus: »Ich hoffe mal, dass jeder Eigentümer den Brief ignoriert.«


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1 Kommentar(e)

Michael 14.12.2022 | um 11:18 Uhr

Wenn ihr wüsstet, was Herr Rader und Herr Schwarzat noch alles machen… einfach nur noch zum Kopfschütteln … da sollte mal die Stadt genauer hinschauen