Klassik für Kinder
Mit ihrer Edition Seeigel gelingt es Ute Kleeberg seit 1995 immer wieder, berührende Gesamtkunstwerke von Sprache und klassischer Musik zu erschaffen. Hier stimmt jedes Detail, alle Musikproduktionen wurden kontextbezogen neu eingespielt. Schon die Covergestaltung ist so liebevoll, dass man die Augen während des Zuhörens gern auf den gezeichneten Bildern verweilen lässt. Favoriten zum Weihnachtsfest sind hier: Jorinde und Joringel. Ein Märchen von Johann Heinrich Jung-Stilling, gesammelt von den Brüdern Grimm, neu erzählt und arrangiert von Ute Kleeberg mit Musik von Manuel de Falla, Edvard Grieg, Marin Marais und Francis Poulenc für Flöte und Gitarre. Das wunderschöne Märchen erzählt von der besonderen Kraft der Liebe, die alle bösen Mächte besiegen kann. Nussknacker und Mausekönig erklingt hier spannend erzählt mit der Musik des deutschen Romantikers Carl Reinecke, die noch vor der bekannteren Tschaikowski-Vertonung entstand, eingespielt vom Klavierduo Grau-Schumacher. Das goldene Glöckchen stimmt auf die Weihnachtszeit ein. Zwei der schönsten Märchen von Sophie Reinheimer, Gedichte von Joachim Ringelnatz und vergessene Weihnachtsmusik aus dem 15. und 16. Jahrhundert geben dem Zauber dieser Zeit Raum.
In der Zeit-Edition erschien zuletzt die fünfteilige illustrierte Buchreihe »Große Klassik kinderleicht« mit integrierter CD vom Amor Verlag. Zwei der Bücher für Kinder ab vier Jahren widmen sich Musiker-Biografien und sind besonders gelungen. »Triumph in London« präsentiert die Pianistin Clara Schumann mit berühmten Anekdoten, darunter die legendäre Verwechslungsgeschichte vor ihrem ersten Konzert als Neunjährige im Gewandhaus und der erste Kuss mit Robert, auch ihre Liebe zu Blumen bleibt nicht unerwähnt. Lola Svetlovas doppelseitige Illustrationen sind sanft melancholisch, dabei aber sehr atmosphärisch. Mit einer anderen Musikerbiografie führt Herausgeber und Autor Bert Alexander Petzold in die Welt von George Gershwin, der als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer 1898 in New York zur Welt kam und dort eine ganz neue Musik in Verbindung von Klassik und Jazz erfand. Hier gelingt das Eintauchen in den Schmelztiegel New York der zwanziger Jahre in Verbindung mit den etwas unterkühlten Illustrationen von Katarzyna Surman-Pusz besonders gut. Vorlesen, Bilder anschauen oder dem Hörbuch lauschen.
ANJA KLEINMICHEL
Trickfilme malen im Hauptbahnhof
»Die Kinder merken aus dem Bauch heraus: Was ich da male, ist mehr als nur ein Bild – es hat das Potenzial, eine Fantasiewelt zu sein.« – Man spürt Uli Seis’ eigene Faszination fürs bewegte Bild. Wir sitzen an einem großen Maltisch im Untergeschoss des Hauptbahnhofs. Die Stifte sind gespitzt, rundherum in den Regalen liegen Malbücher und Vorlagen bereit. Seis und seine Frau Alice von Gwinner machen eigentlich Trickfilme – nun sind die beiden auch Ladenbesitzer auf Zeit. Ihr Projekt »Mitmalfilm« hat im Kreativwettbewerb der Stadt Leipzig überzeugt. Ebenfalls gewonnen hat Julia Kitschke-Schönbrodt, die zeitgleich ihren Familien-Concept-Store in den Höfen am Brühl eröffnet hat, wo sie ausgewählte Produkte rund um die Familie (Umstands-, Still- und Tragekleidung, Wickeltaschen, Baby- und Kindersachen) mit einem wechselnden Informationsangebot zu Themen wie Geburtsvorbereitung vereint. Bis Weihnachten bleiben beide Läden geöffnet.
Vor über zwei Jahren erschien das erste Mitmalfilm-Buch. Das innovative Prinzip: Kinder können ihre selbst gestalteten Bilder in einen professionellen Trickfilm verwandeln – ganz einfach mithilfe einer App. Die Grundlage dafür sind Malvorlagen, gezeichnet von Seis selbst, natürlich per Hand. Für einen Trickfilmemacher sei die Idee naheliegend, sagt Seis: »Die Kinder machen hier das, was im Trickfilmstudio das Hintergrunddepartment macht – und das können die richtig gut.« Sind die Vorlagen dann bemalt, bekritzelt und beklebt, werden sie per QR-Code zum Leben erweckt, und plötzlich hüpfen knuffige Figuren über die Bilder, spielen mit dem Selbstgemalten. Alice von Gwinner schreibt die Geschichten, in denen zwischen Claude Momäh, dem Schaf, Ranksy, der Graffiti-Ratte, und anderen Charakteren eine immer die heimliche Hauptrolle behält: die Kunst.
»Ein Produkt in den Händen zu haben, das man den Leuten direkt so verkaufen kann«, das sei er als Trickfilmer ja nicht gewohnt, freut sich Seis. Von Gwinner und Seis leiten Mitmalfilm-Workshops, touren auf Märkten und Festivals, ihre Bücher gibt es online im eigenen Shop und in Bücherläden. Noch vor Weihnachten erscheint das nächste Buch, neu dabei sind dann Dörte, die Schildkröte, und Ernst, das Eichhörnchen. Mittlerweile umfasst das Angebot unterschiedliche Vorlagen und Sets für Kinder im Grundschulalter, auch beispielsweise für Geburtstage und Schulklassen. In den nächsten Wochen können sie im Laden bestaunt, ausprobiert – und gekauft werden.
SINA NIEBERLE
> Mitmalfilm-Shop, Hauptbahnhof, UG, Mo–Sa 10–18 Uhr
> Family-Concept-Store, Höfe am Brühl, 1. OG, Mo–Sa 10–20 Uhr
Kaffee trinken und entspannt spielen
Gerade bei schlechtem Wetter ist im Winter ein kindgerechtes Café eine Bereicherung. Das Ambiente des in diesem Jahr eröffneten Schlummercafés schreckt jedoch auf den ersten Blick etwas ab. Nicht nur durch die Lage inmitten der von Handelsketten dominierten Innenstadt erzeugt das Café im Vorbeigehen zunächst Skepsis. Auch die skandinavische, jedoch inzwischen überall auftauchende Minimalismus-trifft-Holz-und-Metall-Gestaltung wirkt wie in einem Franchise-Unternehmen, das sich wenig von der Masse abhebt. Jedoch überzeugt das Angebot: Zum Kaffee gibt es ein kostenloses Spielerlebnis sowie Speisen für den kleinen, aber auch großen Geldbeutel: Kürbisquetschie für den Nachwuchs und Suppen sowie Bowls für die Großen. Babyccino gibt es für Kleinkinder umsonst. Eine Tasse Kaffee kostet 3 Euro, mit Kuchen 6,50 Euro. Im oberen Bereich des Cafés gibt es auf Spielteppichen Platz zum Bewegen. Das eigentliche Potenzial des Cafés entfaltet sich jedoch über dem anliegenden »Schlummersack« (Bekleidungsgeschäft desselben Unternehmens mit Biobaumwollangebot im Mittelpreissegment). Hier gibt es ein Bällebad, eine Schaukel, Kinderbücher, Lego-Duplo und vor allem: viel Platz. Personal, das sich ständig erkundigt, ob »alles in Ordnung« sei, und damit Konsumzwang erzeugt, hingegen gibt es nicht. Bezahlt wird an der Theke unten, anschließend kann im Spielbereich ungestört gespielt werden.
WANDA WAGNER
> Schlummercafé, Peterssteinweg 15, 04109 Leipzig, Mo–Fr 10–17, Sa 10–18 Uhr, www.schlummercafe.de
Vorlesegeschichten im digitalen Taschenformat
Zur Weihnachtszeit werden gerne Bücher verschenkt. Wer jedoch viel unterwegs ist, bekommt da schnell Platzprobleme – Einfach vorlesen hat dafür die Lösung: Bücher im Taschenformat auf dem Handy oder Tablet. Innerhalb der App gibt es für die Altersgruppen 1+, 3+, 5+ sowie 7+ Kinderliteratur aus Verlagen wie Ars Edition, CBJ oder Arena – und das kostenlos. Wer die App nicht herunterladen möchte, kann auch die Browser-Version nutzen. Die Bücher können dann als PDF-Dokument heruntergeladen und vorgelesen werden. Neben Fabelgeschichten und Erlebnisliteratur bietet die App auch Geschichten zu gesellschaftlich relevanten Themen wie Diversität. Hinter der App stecken die Stiftung Lesen und die Deutsche-Bahn-Stiftung. Für Kinder unter drei Jahren gibt es zudem ein separates – ebenfalls kostenloses – Spiel- und Bastelangebot. Insgesamt schafft die App damit ein digitales Werkzeug für unterwegs, welches mit dem kostenlosen und niedrigschwelligen Zugang vor allem eins schafft: kulturelle Teilhabe.
WANDA WAGNER
> www.einfachvorlesen.de
Gallisches Spielambiente
Ein besonders guter Spielplatz zeichnet sich durch ein großes Geräteangebot, die Nähe zur Natur und zum nächsten Kaffee sowie die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr aus. Einer dieser insgesamt besonders guten Spielplätze ist jener am Eingang des Wildparks in Leipzig. Er ist allerdings inzwischen oft überlaufen, gerade am Wochenende. Da lohnt sich ein Tagesausflug nach Großpösna. Versteckt und noch relativ unbekannt steht hier der Waldspielplatz Oberholz: Zwischen Wasserspielbahnen, Balanciergeräten, Hügellandschaften, Kletterwand und Baumstelzenhaus fühlen sich Kinder im Kita- und Grundschulalter wohl. Das komplett aus Holz gebaute Areal wirkt ein wenig wie ein Gallierdorf am Waldrand. Auch wenn es mal kalt wird, kann der Spielplatz relativ gut genutzt werden. Durch die Baumkronen pfeift der Wind einem nicht so um die Nase und Regentropfen oder Schneeflocken werden zunächst abgehalten. Neben dem Spielplatz gibt es ein kleines Waldcafé, die »Büffeltränke«. Unweit gibt es im Übrigen Hirsche am Botanischen Garten zu entdecken. Der Fauna- und Florabereich hat im Winter zwar grundsätzlich geschlossen, bietet aber immerhin mehrmals im Monat Familienveranstaltungen an. Wer sich danach stärken möchte, kann im Café im alten Pfarrhaus ein breites Angebot an Selbstgebackenem finden. Die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel ist zwar in Großpösna nicht ideal, aber auch nicht unüberwindbar. S-Bahn und Fahrrad machen es möglich. Die gelungene Abwechslung zum Wildpark ist es jedenfalls wert.
WANDA WAGNER
> Waldspielplatz Oberholz, Rudolf-Breitscheid-Str. 32, 04463 Großpösna
> Botanischer Garten Großpösna, Störmthaler Weg 2, 04463 Großpösna, www.botanischergarten-oberholz.de
Stofftiere mit Charakter
Für manche Dinge ist man nie zu alt – zum Beispiel für Stofftiere, wenn sie etwas Besonderes sind. Wie die von Katrin Aichinger: Ihre Tiere bestehen nicht aus kuscheligem Plüsch, haben dafür aber Charakter. Die kleinen Körper sind fest mit Watte ausgestopft, die Gesichter individuell gearbeitet, und das Fell ist aus Mohair, was die Tiere ein bisschen zerzaust aussehen lässt. Aufgrund ihrer eigenwilligen, robusten Schönheit gibt es unter all den Katzen, Hunden, Elefanten, Füchsen, Schweinen, Hasen und Bären immer einen Kandidaten, der einem zuzwinkert und es darauf anlegt, mit nach Hause genommen zu werden.
Seit fast zwanzig Jahren fertigt Katrin Aichinger ihre animalischen Kreaturen schon. Eigentlich ist sie Tischlerin; gelernt hat sie ihren Beruf in den Leipziger Theaterwerkstätten. Für die Bühne ist die heute 61-Jährige nach wie vor tätig und stattet Stücke mit Deko und Requisiten aus, ebenso Filmproduktionen. Für die weichen Kuscheltiere, die nach der Wende den Osten des Landes eroberten, hatte die gebürtige Leipzigerin nie viel übrig. Für ihre Modelle fand sie alte Schnittmuster und orientierte sich an Plüsch-Klassikern, wie etwa den Steiff-Tieren.
Als sie in den Nullerjahren innerhalb der Kochstraße einige Hausnummern weiterzog, gehörte zu ihrer neuen Wohnung eine leer stehende Gewerbefläche, die sie gern selbst nutzen wollte. Der Laden war früher zuerst ein Lebensmittelgeschäft, später ein Textilmarkt gewesen, von dem sich Aichinger den Namen borgte: »Textilmarkt« heißt das Label, unter dem sie ihre Tiere herstellt. Der Raum dient ihr als Atelier und Schaufenster; nur aktuell ist er einige Wochen für Renovierungsarbeiten geschlossen, die urigen Dielen müssen erneuert werden.
Die aktuelle Tierherde wird das Atelier wohl nicht vermissen; traditionell zieht sie vor Weihnachten auf einen Künstlermarkt in Hamburg und vermutlich werden viele ihrer Exemplare dort eine neue Heimat finden. Unterdessen fertigt ihre Schöpferin weitere Tiere, auch gern auf Bestellung. Und entwirft neue Figuren: Hosentaschenmonster heißen sie. Angst machen diese freundlich aussehenden, höchstens zehn Zentimeter großen Wesen wohl niemandem, aber neue Begehrlichkeiten wecken sie allemal.
ANDREA KATHRIN KRAUS
> Textilmarkt, Katrin Aichinger, Tel. 0 15 20/3 82 21 28, katrin.aichinger@freenet.de
Titelfoto: Symboldbild. Pixabay.