Es gelang, was sonst nur wenige in diesem Jahr schafften: »Avatar: Way of Water« hat nach zwei Wochen rund zwei Millionen Kinobesucher in Deutschland zurück in die Kinos gelockt. Wollen wir hoffen, dass sie auf den Geschmack kommen. Gründe für Kino gibt es im Kinomonat Januar reichlich, ist das doch traditionell der beste im Jahr, denn hier kommen komprimiert die aussichtsreichsten Oscar-Kandidaten in die hiesigen Lichtspielhäuser. So bekommen wir bereits am 6.1. den achtfach Golden Globe-nominierten »The Banshees of Inisherin« zu sehen, sind nach dem mit zwei Oscars ausgezeichneten »The Father« gespannt auf Florian Zellers »The Son« (26.1.) und mehr noch darauf, wie Damien Chazelles »Babylon – Rausch der Ekstase« (19.1.) die Goldenen Zwanziger inszeniert. Auf ein ereignisreiches Kinojahr 2023!
Film der Woche: Als ihre Mutter Dora einen Schlaganfall erleidet, kehrt die Meeresbiologin Abby zurück zu ihrem Heimatort an der westaustralischen Küste. Erinnerungen kommen hoch, wie Abby als Achtjährige beim Tauchen zum ersten Mal Blueback begegnete, einem seltenen Riesenlippfisch, der in der Bucht heimisch ist. Immer wieder besuchte das Mädchen ihren »Freund« und erlernte dabei einen rücksichtsvollen Umgang mit den Ressourcen. Doch schon früh wird das Riff durch das Ausbaggern für größere Schiffe bedroht und ein übler Investor lässt hemmungslos selbst geschützte Meereslebewesen wegfischen. Dora kettet sich an Baufahrzeuge und wird von der Polizei festgenommen. Die kämpferische Aktivistin ist jedoch mit dem Einsatz der »feigen« Tochter nicht zufrieden. Auch auf dem weiteren Weg des Erwachsenwerdens will Dora nicht akzeptieren, dass Abby mit einem Studium der Meeresbiologie fern von zuhause einen anderen Weg sucht, die Natur zu retten. Aus dem gleichnamigen Roman von Tim Winton macht der australische Regisseur Robert Connolly (»The Dry«) eine überzeugende Öko-Geschichte. Der klassische Mix aus den aktuellen familiären Problemen und Jugend-Erinnerungen bekommt ökologisch die volle Punktzahl. Die Wasseraufnahmen sind großartig, für die mangelnde Originalität der ruhigen Geschichte gibt es allerdings etwas Abzug. GÜNTER JEKUBZIK
»Blueback«: ab 29.12., Cineplex, Passage Kinos, Regina Palast
Ein Dorf im Westerwald ist Schauplatz der skurrilen Geschichten, die Mariana Leky in ihrem Roman »Was man von hier aus sehen kann« miteinander vermischt. Dreh- und Angelpunkt ist die 22-jährige Luise (Luna Wedler). Wann immer sie lügt, fällt irgendwo etwas herunter. Zudem malt sie sich die absurdesten Katastrophen, die passieren könnten, bildlich aus. In gedrungener Haltung läuft sie durch das Dorf und hält sie sich am liebsten von allen Menschen fern. Doch ihre Großmutter Selma (Corinna Harfouch) hat wieder einmal von einem Okapi geträumt und immer wenn sie das tut, stirbt jemand. Also darf keiner davon erfahren, sonst bricht die Panik los. Geheimnisse machen in dem Dorf jedoch nur noch schneller die Runde. So kommen nie ausgesprochene Wahrheiten ans Licht, bevor es vielleicht zu spät ist, und auch der Optiker (Karl Markovics), der schon lange Gefühle für Selma hegt, will sich endlich ein Herz fassen. Wären da nicht seine Ängste, die sich in seinem Kopf als konkurrierende Stimmen manifestieren. Lekys ineinander verschränkter Kleinstadtkosmos der absurden Geschichten über die menschliche Natur avancierte zum Bestseller. 700.000 verkaufte Exemplare in 22 Sprachen sollten für eine gute Basis an der Kinokasse sorgen. Und so ist Aron Lehmanns (»Das schönste Mädchen der Welt«) Adaption auch weitgehend auf Nummer Sicher produziert. Er verschränkt den im Buch in drei Kapiteln und über zwanzig Jahre hinweg erzählten Plot mit Rückblenden und einer Erzählerstimme aus dem Off. Das funktioniert leidlich gut. In Erinnerung bleiben vor allem die herrlich schrägen Figuren der Vorlage, denen eine Riege hervorragender Schauspieler*innen Leben einhaucht, und die in die Jahre gekommene Dorfkulisse, die Christian Rein (»Es ist nur eine Phase, Hase«) mit seiner Kamera stimmungsvoll einfängt.
»Was man von hier aus sehen kann«: ab 24.3., Cineplex, CineStar, Regina Palast
Weitere Filmtermine der Woche
Die Feuerzangenbowle
D 1944, R: Helmut Weiss, D: Heinz Rühmann, Erich Ponto, Hans Richter, 97 min
Pünktlich zum Jahreswechsel zeigt die Passage einmal mehr den Klassiker, in dem sich Heinz Rühmann als Gymnasiast tarnt, um nie gemachte Pennälerstreiche nachzuholen.
Passage-Kinos, 31.12. 15:00 (inklusive Glühwein und weihnachtlichem Naschwerk), 17:30 (inklusive Glühwein und weihnachtlichem Naschwerk)
Final Cut of the Dead
F/GB/J 2022, R: Michel Hazanavicius, D: Romain Duris, Bérénice Bejo, Grégory Gadebois, 112 min
Französisches Remake der japanischen Zombiekomödie »One Cut of the Dead«. Start: 16.2.
Schauburg, 01.01. 19:30 (Preview)
Free Film Lab
Die Highlights des siebenwöchigen Guerilla-Filmprogramms von und für Menschen des Leipziger Ostens.
Ost-Passage-Theater, 04.01. 20:00 (Showtime 1), 05.01. 20:00 (Showtime 2), 06.01. 20:00 (Showtime 3)
König hört auf
D 2022, Dok, R: Tilman König, 85 min
Das Filmporträt des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König ist die kritische Würdigung eines streitbaren Charakters, der sich mit der Pensionierung neu erfinden muss.
Cineding, 06.01. 19:00 (mit Filmgespräch)
Rambo: First Blood
USA 1982, R: Ted Kotcheff, D: Sylvester Stallone, Richard Crenna, Brian Dennehy, 97 min
Sylvester Stallone in der Rolle, mit der seine Karriere begann – als schweigsamer Einzelkämpfer. Frisch überarbeitet zurück auf der großen Leinwand.
Cinestar, 03.01. 19:30
Cineplex, Regina-Palast, 03.01. 20:00
Titelfoto: Filmstill aus »Blueback«, Copyright: Weltkino Filmverleih.