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Stadtleben

Candylove-Prozess: Zweifel an Einlassung von Maximilian S.

Verhandlungstag über mögliches Strafmaß und Bandenvorwurf

  Candylove-Prozess: Zweifel an Einlassung von Maximilian S. | Verhandlungstag über mögliches Strafmaß und Bandenvorwurf

Am sechsten Verhandlungstag im Candylove-Prozess diskutieren Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Kammer über ein angemessenes Strafmaß und den Bandenvorwurf. Eine Frage an einen Hauptangeklagten zweifelt den eingeräumten Grad seiner Beteiligung an.

Ob man auf Gerichtsfotos lächelt, ist eine der ersten Fragen am sechsten Verhandlungstag, der am 2. März stattfand. Ein Pressefotograf nutzt die halbe Stunde, die der Vorsitzende Richter Rüdiger Harr zu spät kommt, um auf Motivsuche vor den Angeklagten knieend durch den Gerichtssaal zu robben. Auf kritische Kommentare von Curt-Matthias Engel, dem Anwalt des Hauptangeklagten Maximilian S., kontert der Fotograf sinngemäß: Wenn Sie nicht da wären, wäre ich es auch nicht. Das trifft wohl auf alle Anwesenden zu. Später geht der Fotograf, der Richter kommt und schickt die wartende Öffentlichkeit und Presse aus dem Saal: Für ein »Rechtsgespräch« zwischen Kammer, Verteidigung und Staatsanwaltschaft.

Die Ergebnisse des Gesprächs werden über eine Stunde später verlesen. Eine zentrale Frage sei der Vorwurf des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewesen, erklärt Harr. Die Staatsanwaltschaft sei der Auffassung, dass eine Bande aufgrund des bisherigen Verhandlungsgangs vorliege. Dabei wird, anders als die Hauptangeklagten Maximilian S. und Friedemann G., der Hauptangeklagte Andre R. nicht mehr als Teil der Bande genannt.  Neu dazu zählt die Staatsanwaltschaft nun Jens M. und Julius M., die bisher nur der Beihilfe beschuldigt wurden. Der Auffassung ist die Verteidigung nicht. Auch hätte man bereits zu Beginn in dieser Form anklagen müssen. Harr führt fort: Die Kammer sehe ebenfalls, nach bisheriger Beweisermittlung und Aussage von S., die Voraussetzung einer Bande nicht erfüllt. Eine endgültige Feststellung sei zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.

Auch das Strafmaß wurde im Rechtsgespräch diskutiert: Für die Tat sei nach Staatsanwalt bei derzeitiger Sachlage für S. eine Haftstrafe von knapp sechs Jahren angemessen. Die Verteidigung von S. plädiert hingegen auf maximal vier Jahre und sechs Monate. Auch fragt Engel, warum bei dem observierten Geschäft mit Betäubungsmittel nicht schon früher eingegriffen wurde.

Im Fall des Hauptangeklagten Friedemann G. ist die Situation anders: G. müsse noch bis 2027 eine andere Haftstrafe verbüßen, wegen des Verfahrens seien ihm Lockerungen in der JVA gestrichen worden, erklärt Harr. In G.s Fall wäre, nach dem Vorsitzenden, eher an eine »angemessene, maßvolle Aufstockung« zu denken. Konkrete Überlegungen könnten nach der Einlassung von G. vorgestellt werden, die seine Anwältin Ines Kilian für den Folgetermin angekündigt hat.

Mehrere abgehörte Telefongespräche zwischen G. und seinem ehemaligen, ebenfalls angeklagten Anwalt Andre R. waren schon in vorherigen Sitzungen Diskussionsgegenstand. Nach vorläufiger Auffassung der Kammer schütze ein Mandatsverhältnis jedoch nicht jedes Gespräch zwischen einem Rechtsanwalt und einer weiteren Person. Das Gespräch sei somit nicht vollständig unverwertbar. Einen Vergleich zieht Richter Harr zum Arztgeheimnis: Wenn ein Arzt mit einem Patienten über das letzte Fußballspiel rede, falle das auch nicht unter das Arztgeheimnis.

Auf die Ergebnisse des Rechtsgesprächs folgt eine kurze Befragung von Maximilian S. Dazu verliest Richter Harr eine Handynachricht von S. an den Mitangeklagten Jens M. In der Nachricht weist S. Jens M. an, die zu verpackenden Drogen genauer abzuwiegen, sie hätten nichts zu verschenken und ein Kunde hätte zu viel bekommen. S. gestand beim vergangenen Termin lediglich, den Online-Shop programmiert zu haben. Für Richter Harr eröffnet die Nachricht einen neuen Vorwurf: S. müsse auch mit dem Verpacken der Drogen zu tun gehabt haben. Das sei naheliegend, weil er schon mal einen Shop betrieben habe. Das dementiert S.: Er könne sich an den genauen Kontext der Nachricht nicht erinnern. Aufgrund seiner Shop-Erfahrung habe er vielleicht den »einen oder anderen Tipp«, erklärt S. Jens M. hatte bereits am dritten Verhandlungstag zugegeben, Drogen in einer Leipziger Wohnung portioniert und abgepackt zu haben.


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