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Kultur

Vergangenheitsbewältigung

Die Kinostarts der Woche

  Vergangenheitsbewältigung | Die Kinostarts der Woche

Das UT Connewitz zeigt am 16. März die Premiere von »Mein Onkel Lubo«, ein Dokumentarfilm über den verstorbenen bulgarischen Maler und Graphiker Ljuben Stoev, der Anfang der 60er an der Hochschule für bildende Künste bei Lea Grundig in Dresden studierte. Sein Neffe ist der Leipziger Künstler Ray van Zeschau. Der Film begleitet ihn dabei, wie er die geerbte Atelierwohnung in Sofia auflöst und sich intensiv mit dem Leben und Schaffen seines Onkels in der mit Kunst gefüllten Wohnung befasst. Eine persönliche Auseinandersetzung mit Kunst, Familie, Vergangenheit und dem seit der Wende im Postsozialismus feststeckenden ärmsten Land der EU, dessen Schere zwischen Arm und reich immer weiter auseinanderklafft.

»Mein Onkel Lubo«: UT Connewitz, 16.03. 20:00 (Film und Gespräch)

Film der Woche: Die dreißigjährige Rama führt ein Leben, wie man es aus dem französischen Kino zur Genüge kennt. Sie ist Universitätsdozentin und erfolgreiche Schriftstellerin, ihr Freund ein sympathischer Musiker. Gemeinsam wohnen sie in einer gemütlichen Pariser Wohnung. Soweit so gewöhnlich, die Zuschauer erwarten an dieser Stelle vielleicht, dass sich Rama in einen anderen Mann verliebt oder andersherum entdeckt, dass ihr Freund sich mit fremden Frauen trifft. Doch statt eine Affäre zu beginnen, steigt Rama eines Tages in den Zug nach Saint-Omer, um dort als Beobachterin einem Prozess beizuwohnen. Die senegalesische Mutter Laurence Coly wird vor einem Schwurgericht angeklagt, ihr Baby getötet zu haben. Während des Prozesses bekennt sie sich schuldig, behauptet allerdings, verhext worden zu sein. Die Geschichte beruht auf einem wahren Fall, den Regisseurin Alice Diop (»Nous«) 2016 noch als Dokumentarfilmerin begleitete, ehe sie sich entschied, darüber ihren ersten Spielfilm zu drehen. In warmen, lichtgesättigten Farben folgt »Saint Omer« dem Prozessverlauf. Lange Einstellungen zeigen die zwei Schauspielerinnen Kayije Kagame und Guslagie Malanda. Beide liefern in »Saint Omer« grandiose Leistungen ab. Obwohl sie nie miteinander reden, spürt man beim Zusehen immer ihre Verbindungslinien und wartet die ganze Zeit auf den Moment, in dem sich ihre zurückgehaltenen Gefühle endlich Bahn brechen. Auch wenn die Auflösung etwas holzschnittartig daherkommt, »Saint Omer« ist ein überzeugendes Spielfilmdebüt. JOSEF BRAUN

»Saint Omer«: ab 9.3., Passage-Kinos, Kinobar

 

Mitten im drückend heißen Berliner Sommer merkt Psychotherapeutin Ina, dass etwas nicht stimmt. Dauernd dieses Unwohlsein, dauernd dieser Schwindel. Doch sie hat keine Zeit, sich um sich selbst zu kümmern, schließlich haben alle anderen auch Probleme. Und die soll nun einmal sie lösen. Die neurotische Mutter Tamara wird 70 und fordert ungeteilte Aufmerksamkeit für ein Gartenfest, Inas Freund Reto will heiraten und gemeinsam nach Finnland auswandern, ihre Teenagertochter Elli will das nun überhaupt nicht. Und auch berufsbedingt läuft nicht alles rund. Regisseurin Katharina Woll begleitet in ihrem Langfilmdebüt »Alle wollen geliebt werden« einen Tag im Leben der Protagonistin, an dem klar wird: In Inas Leben ist kein Platz für sie selbst. Dass alle anderen so anstrengend sind, ist dabei auch selbstverschuldet. Während man der Therapeutin nur zuschreien möchte: »Lerne Grenzen zu setzen!« sperrt sich diese im mütterlichen Badezimmer ein, um endlich den wichtigen Arztbrief zwischen Sektausschank und Gesangsdarbietung zu überfliegen. Immerhin bringt der einen Wendepunkt. Und kaum gönnt sich Ina nur ein bisschen von dem Egoismus, in dem die meisten Menschen um sie herum scheinbar gebadet haben, drückt die Hitze gar nicht mehr so. Berlin im Sommer ist eigentlich ganz schön. SARAH NÄGELE

»Alle wollen geliebt werden«: ab 9.3., Passage-Kinos

 

Weitere Filmtermine der Woche

Filmriss Filmquiz
Wie viele Cameos hatte Marvel-Meister Stan Lee? Wann wurde der erste Tonfilm uraufgeführt? Welche Horrorserie kommt auf die meisten mörderischen Auftritte? Die beliebte Rate-Show rund ums Thema Film geht in eine neue Staffel. Mit frischen Fragen, Filmausschnitten und Spielen und natürlich reichlich Preisen zu aktuellen Kinoproduktionen, präsentiert von André Thätz und kreuzer-Redakteur Lars Tunçay.
Moritzbastei, 15.03. 20:00

Rock Chicks 
D 2022, Dok, R: Marita Stocker, 79 min
Was, wenn der König des Rock & Roll in Wirklichkeit eine Königin wäre? Ein Porträt der Frauen des Rock.
Passage-Kinos, 9. März, 14:30, 10. März, 18:30, 12. März, 18:45, 13.März, 14:30, 14. März, 14:30 und 15. März, 18:30 (alle OmU)
Cineding, 16. März, 19 Uhr und 17. März, 19 Uhr (beides OmU)


CAN and me 
D 2022, Dok, R: Michael P. Aust, Tessa Knapp, 84 min
Porträt des letzten noch lebenden CAN-Gründungsmitglieds Irmin Schmidt und sein Weg vom klassischen Dirigenten über den Schüler von Stockhausen zu CAN, weiter über Filmmusik für Wim Wenders und Roland Klick, Oper bis zur elektronischen Clubmusik.
UT Connewitz, 09.03. 20:00, 10.03. 19:00

Demon Slayer: Kimetsu No Yaiba – To The Swordsmith Village
J 2023, R: Haruo Sotozaki, 110 min
Drei Episoden der Anime-Serie in Spielfilmform zusammengefasst.
Cinestar, 09.03. 16:40 (Anime-Night, OmU), 14.03. 20:20 (Anime-Night, OmU)
Cineplex, 11.03. 18:00 (Anime-Night, OmU)
Regina-Palast, 12.03. 16:00 (Anime-Night, OmU)


Projekt Brânză – Rumäniens letzte Hirten 
D 2020, Dok, R: Uwe Fischer, 90 min
Doku über eine Hirtenfamilie in den rumänischen Karpaten.
Passage-Kinos, 12.03. 12:45 (FernBLICK, zu Gast ist Regisseur Uwe Fischer)

Project Wolf Hunting
COR 2022, R: Hong‐seon Kim, D: In-Guk Seo, Jang Dong-yoon, Gwi-hwa Choi
Eine Gruppe Gangster versucht die Kontrolle über ein Frachtschiff zu erlangen – koste es, was es wolle. Extrem harter Thriller aus Südkorea.
Cineplex, 11.03. 22:15
Passage-Kinos, 15.03. 20:30 (Creepy Wednesday, OmU)


E. T. – Der Außerirdische 
USA 1982, R: Steven Spielberg, D: Henry Thomas, Drew Barrymore, Dee Wallace, 120 min
Die Freundschaft zwischen dem kleinen Elliott und einem gestrandeten Außerirdischen. Steven Spielbergs Klassiker des fantastischen Familienfilms von 1982.
Passage-Kinos, 12.03. 15:00 (Oscar-Special)

Eine Revolution – Aufstand der Gelbwesten
F 2021, Dok, R: Emmanuel Gras, 104 min
Doku über die französische Gelbwesten-Bewegung.
Ost-Passage-Theater, 15.03. 20:00 (anschl. moderiertes Gespräch, OmU)

Expedition Arktis: Schweizer Forscher am Nordpol
CH 2021, Dok, 52 min
Der Eisbrecher «Polarstern» lies sich für eine Expedition erstmals über Hunderte Kilometer durchs arktische Eis driften. Mit an Bord sind Schweizer Wissenschaftlerinnen. Sie erforschen unter extremen Bedingungen Schnee und Atmosphäre. Mit dem Ziel, vor Ort Daten über das Klima zu sammeln.
Zeitgeschichtliches Forum, 16.03., 19:00 (mit Prof. Andreas Macke(Direktor Leibniz-Institut für Troposphärenforschung)und Mosaic-Expeditionsteilnehmern, Wissenschaftskino)

1001 Nights Apart
IRN 2022, Dok, R: Sarvnaz Alambeigi, 80 min
Kultur- und BürgerInnenzentrum D5, Wurzen
16.03. 19:00 (mit Gespräch)


Taxi Teheran
IRN 2015, R: Jafar Panahi, 86 min
Der iranische Regisseur Jafar Panahi wurde in seiner Heimat mit einem Arbeitsverbot für die nächsten 20 Jahre belegt und drehte trotzdem weiter. Sein überraschend heiteres Werk, eine Taxifahrt durch Teheran mit allerlei illustren Gästen, erhielt auf der Berlinale 2015 den Goldenen Bären. Ein mutiges Stück reaktionäres Kino.
Schaubühne Lindenfels, 12.03. 19:00 (OmU, Women. Life. Freedom)

Ballade von der weißen Kuh
IRN/F 2021, R: Maryam Moghadam, D: Maryam Moghadam, Alireza Sani Far, Pouria Rahimi, 105 min
Vor einem Jahr ist Babak wegen Mordes hingerichtet worden. Nun erfährt seine Witwe Mina, dass ein Justizirrtum vorlag. Sie verlangt eine offizielle Entschuldigung. Komplexes moralisches Drama in strenger, präziser filmischer Form.
Schaubühne Lindenfels, 14.03. 19:00 (OmU, Women. Life. Freedom)

Persepolis
F/USA 2007, R: Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud, 95 min
Von Heimweh geplagt, kann sich die in Teheran aufgewachsene Marjane am Pariser Flughafen nicht entscheiden, ob sie in den Iran zurückkehren soll. Sie blickt auf ihre Kindheit und Jugend zurück. Der Animationsfilm basiert auf dem gleichnamigen Comic von Marjane Satrapi.
Schaubühne Lindenfels, 17.03. 19:00 (OmU, Women. Life. Freedom)

Eine Geschichte von Liebe und Leidenschaft
F 2021, R: Leyla Bouzid, D: Sami Outalbali, Diong-Keba Tacu, Aurélia Petit, 101 min
Ahmed, ein junger Franzose algerischer Herkunft, trifft auf Farah, die sich mit erotischer arabischer Literatur beschäftigt. Das veranlasst Ahmed dazu, seine Wurzeln in Frage zu stellen.
Institut Français, 13.03. 19:00 (OmU, Internationaler Tag der Frankophonie)

Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung 
D/NL/LIT 2022, Dok, R: Sergei Loznitsa, 109 min
In seinem brandaktuellen Film setzt sich Loznitsa erneut mit der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinander und zeigt eindringlich, welches Ausmaß die Zerstörung der Städte folglich auf die Zivilbevölkerung hat.
Passage-Kinos, 16.03. 18:30 (in Anwesenheit des Regisseurs und des Produktionsteams, Premiere)

Mein Onkel Lubo 
D 2022, Dok, R: Nikola Boshnakov, Ray van Zeschau, 58 min
Der Leipziger Künstler Ray van Zeschau spürt seinem Onkel nach, dem verstorbenen bulgarischen Maler und Grafiker Ljuben Stoev, der Anfang der Sechziger an der Hochschule für bildende Künste bei Lea Grundig in Dresden studierte.
UT Connewitz, 16.03. 20:00 (Film und Gespräch)


Titelbild: Filmstill aus »Saint Omer«, Copyright SRAB FILMS ARTE FRANCE CINÉMA 2022


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