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Kultur

Happy Birthday Kurzsuechtig!

Die Kinostarts der Woche

  Happy Birthday Kurzsuechtig! | Die Kinostarts der Woche

Das Kurzsuechtig Kurzfilmfestival wird 20 Jahre alt – Deswegen gibt es in diesem Jahr einen zusätzlichen Festivaltag, für den eine Jubiläumsveranstaltung inklusive Retrospektive organisiert wurden. Am 14.4. wird außerdem eine große Festivalparty im Felsenkeller geschmissen. Neben den Wettbewerben für Animation, Dokumentarfilm, Fiktion, Experimentalfilm und Extended Reality gibt es wieder ein Gastland-Spezial: Am 13.4. werden in der Cinémathèque in der Nato Kurzfilme aus Tschechien präsentiert. Es ist nämlich nicht nur das Jubiläumsjahr des Kurzsuechtig, auch die Städtepartnerschaft zwischen Leipzig und Brünn jährt sich 2023 zum fünfzigsten Mal.

> »20. Kurzsuechtig Kurzfilmfestival«: 11.16.4., u.a. Schaubühne Lindenfels, Felsenkeller, Cinémathèque in der Nato
> www.kurzsuechtig.de

 

Film der Woche: Irinas Leben steht Kopf. Während die alleinerziehende Ukrainerin alles tut, um einen tschechischen Pass zu erlangen, wird eines Tages ihr 13-jähriger Sohn Igor bewusstlos im Treppenhaus aufgefunden. An seinem Krankenhausbett erwartet sie bereits die Polizei. Der Fall scheint klar: Igor wurde zusammengeschlagen. Von Roma vermutlich, mit denen die Familie im selben tristen Hochhausblock am Stadtrand lebt. Ein Eklat, den sich die örtlichen Neonazis gerne zu Nutze machen möchten. Sie organisieren eine Demonstration und fordern von Irina, dort aufzutreten. In realistischen, das heißt in diesem Fall überwiegend grauen, Bildern und ohne Musik, zeigt Regisseur Michal Blaško wie der tschechische Alltag für jene aussieht, die ganz außen stehen. In respektvoller Distanz folgt die Kamera Irina, bei ihrem Versuch zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Kräften den richtigen Weg für sich und ihren Sohn zu finden.

Das ist packend erzählt und trotz der unspektakulären Schauplätze und Dialoge gerade in seiner Schlichtheit fesselnder als so mancher moderne Thriller. Der Film vermag das Kunststück, nicht zu langweilen und gleichzeitig gesellschaftskritisch zu sein. Seine Themen reichen jedoch weit über Tschechien hinaus. Wollte man sie in einer Frage zusammenfassen, dann möglicherweise folgendermaßen: Wie gehen wir mit denen um, die im Abseits stehen? »Victim« findet darauf seine eigenen, mitunter erschütternden Antworten. JOSEF BRAUN

»Victim«: ab 6.4., Luru-Kino in der Spinnerei


Adam wächst als Sohn eines einfachen Fischers in der ägyptischen Provinz heran. Doch es zieht ihn weg von dem strengen, gottesfürchtigen Zuhause. Als er ein Stipendium für die al-Azhar-Universität in Kairo erhält, sieht er seine Gelegenheit gekommen. Fasziniert und überfordert durchstreift er den Campus und versucht, die komplexen Strukturen im Machtzentrum des sunnitischen Islam zu durchschauen. Sein Kommilitone Zizo zeigt ihm die Welt außerhalb der altehrwürdigen Mauern. Doch als Adam mit ansieht, wie Zizo brutal ermordet wird, gerät der junge Student zwischen die Fronten eines Machtkampfs. Der Groß-Imam ist tot, ein neues religiöses Oberhaupt soll gewählt werden und jede Partei versucht, die Wahl zu beeinflussen. Die Strukturen aus Regierung und religiösen Führern in Ägypten sind komplex und wirken im ersten Moment überfordernd. Durch die Augen des Protagonisten wird aber auch der Zuschauer mit fortschreitender Lauflänge des Films hineingezogen. Hauptdarsteller Tawfeek Barhom bietet dabei eine willkommene Projektionsfläche für uns. Seine Perspektive erinnert an die des jungen Novizen in Umberto Ecos »Der Name der Rose«, eingangs unbedarft und unschuldig, aber am Ende erwachsen. Die dichte Inszenierung des schwedischen Regisseurs Tarik Saleh (»Die Nile Hilton Affäre«) macht den Gewinner des Drehbuchpreises in Cannes zu einem spannenden und außergewöhnlichen Politthriller.

»Die Kairo Verschwörung«: ab 6.4., Passage-Kinos

 

Könnte es sein? Das Mundwerk hätte er, die Größe, das musikalische Talent, den Sex-Appeal...vielleicht eher nicht. Aber denkbar wär‘s. Okay, es erfordert schon ein wenig oder eigentlich viel Fantasie, sich vorzustellen, dass Mick Jagger tatsächlich der Vater von Olaf Schubert ist. Den Rolling Stones-Frontmann und den lebenden Pollunder verbindet nicht wirklich viel. Aber da ist dieses Tonband, das Schubert beim Aufräumen des familiären Kellers findet. Darauf ist tatsächlich seine Mutter zu hören, bei einem Interview mit Mick Jagger, aufgenommen 1965 in Münster. Seine Mutter, im Westen, mit Mick Jagger – Olaf Schubert kann es kaum fassen und macht sich auf die Spurensuche. Dabei redet er mit Wegbegleiterinnen seiner Mutter über ihre Zeit bei DT64, dem Jugendradiosender der DDR, mit Musikern und Fans, die damals dabei waren beim ersten Deutschlandauftritt der Stones in der Halle Münsterland. Bei der Suche nach der Wahrheit wird natürlich einiges charmant zurechtgebogen. Im Vorbeigehen entsteht aber auch eine Geschichte der Rockmusik in der DDR. Gespräche mit Flake von Rammstein, Liedermacher Hartmut König oder City-Frontmann Toni Krahl vermitteln ein Gefühl dafür, wie es war, jung und rebellisch zu sein in der sozialistischen Republik. Die Idee für die Mockumentary hatte die Dokumentarfilm-Regisseurin und Drehbuchautorin Heike Fink (»Eisheimat«). Sie fragte Comedian Olaf Schubert an, der sofort begeistert war. Sein Improvisationstalent trägt die fiktiv-filmische Selbstfindung auch über einige Momente Leerlauf hinweg. »Olaf Jagger« eröffnete die Hofer Filmtage, wo die Regisseurin mit dem »Förderpreis Neues Deutsches Kino« ausgezeichnet wurde und den Preis der Kritik erhielt.

»Olaf Jagger«: ab 6.4., CineStar, Passage-Kinos, Regina-Palast, Schauburg

Weitere Filmtermine der Woche

Im Buchmesse-Monat April widmet sich das UT zwei Nachbarregionen. Mit einer Auswahl an Essays, Spiel- und Dokumentarfilmen bietet das UT einen Eindruck vom aktuellen Filmschaffen der Balkanregion und wirft einen Blick über den Zaun zum Nachbarn Österreich.

»Balkan Film Week«: 11.–14.4., UT Connewitz


Shorts Attack: Arbeit und Ekstase
82 min

Das kann heiter werden: Auf einer Vernissage werden Menschen inszeniert, eine Hotline-Arbeiterin will die KI austricksen und eine Frau vom Land sucht mit einem Huhn Arbeit in der Stadt. Das und mehr in acht Filmen in 82 Minuten.
UT Connewitz, 07.04. 20:00


Anhell69
KOL/RUM/FRA 2022, Dok, R: Theo Montoya, 72 min

Junge queere Menschen aus Medellín kämpfen gegen ein repressives Umfeld. Ein Film über eine Welt ohne Zukunft, die Kraft der Gemeinschaft und die schmale Grenze zwischen Leben und Tod. Gewinnerfilm der Goldenen Taube im Internationalen Wettbewerb des Dok Leipzig.
Ost-Passage-Theater, 12.04. 20:00 (OmU)


Erbarme Dich! – Die Matthäuspassion
NL 2015, Dok, R: Ramón Gieling, 98 min

Der musikalische Dokumentarfilm lässt unterschiedlichste Menschen ihre besondere Beziehung zum Werk Johann Sebastian Bachs erzählen.
Passage-Kinos, 10.04. 11:30 (OmU)


Wilde Maus 
AU/D 2017, R: Josef Hader, D: Josef Hader, Pia Hierzegger, Georg Friedrich, 103 min

Bei seinem Regiedebüt sehen wir Josef Hader so, wie wir ihn kennen und lieben: als misanthropischen Loser mit sprödem Charme.
Passage-Kinos, 06.04. 20:30 (Filmland Österreich, Leipzig liest)


Große Freiheit 
D/A 2021, R: Sebastian Meise, D: Franz Rogowski, Georg Friedrich, Anton von Lucke, 116 min
 

Noch im Jahr 1968 ist Homosexualität in Deutschland verboten und wird bestraft – eine Kontinuität aus Zeiten des Nationalsozialismus. Hans Hoffmann, der sich auf öffentlichen Toiletten mit anderen Männern zum Sex trifft, wird dafür verurteilt und muss ins Gefängnis. Doch dort knüpft er auch wahre Freundschaften. Ein berührender Film über die Ungerechtigkeiten der Wirtschaftswunder-BRD und eine Liebesgeschichte trotz aller Widrigkeiten.
Passage-Kinos, 12.04. 20:30 (Filmland Österreich, Leipzig liest)
 

Insights – Stuttgart Trainwriting
D 2022, Dok, 98 min

Doku über die Graffitis auf den Zügen Stuttgarts in den letzten 30 Jahren.
Kinobar Prager Frühling, 06.04. 21:00


Mentawai – Seelen des Waldes
INO/D 2023, Dok, R: Joo Peter, 75 min

Doku über die letzten Ureinwohner auf dem Mentawai-Archipel südlich von Sumatra, die von der Abholzung ihrer Urwälder akut bedroht sind.
Kinobar Prager Frühling, 11.04. 20:00 (Premiere in Anwesenheit des Regisseurs)


Suzume (Preview)
J 2022, R: Makoto Shinkai, 122 min

Das Mädchen Suzume trifft auf den Türwächter Sota und wird hineingezogen in ein irrwitziges Abenteuer, das sie auf eine Reise durch Japan führt.
Cinestar, 11.04. 17:00, 20:00 (OmU)
Kinobar Prager Frühling, 11.04. 17:30 (Preview)
Regina-Palast 11.04. 17:30, 19:45 (OmU)
Cineplex, 11.04. 20:00


Titelfoto: Filmstill aus »Victim«, Copyright: Rapid Eye Movies.


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