Eine schöne Idee, die ruhig Schule machen darf: Zum Start von Christian Petzolds »Roter Himmel«, der bei der diesjährigen Berlinale mit dem Silbernen Bären für die beste Regie ausgezeichnet wurde, zeigt die Passage drei Werke aus seinem Schaffen mit einer begleitenden Einführung. Kein anderer deutscher Regisseur vermag es, die Widersprüche der menschlichen Natur so pointiert zu beobachten wie er.
»Retrospektive Christian Petzold«: 16., 23.4., 1.5., Passage-Kinos
Film der Woche: In Japan wird gerade über die Thronfolge entschieden. Der 82-jährige Großmeister der Animation, Hayao Miyazaki, nimmt seinen Hut und wird mit »How do you live?« im Juli seinen letzten Film veröffentlichen. Vor allem Makoto Shinkai (»Your Name«) hat sich in den letzten Jahren daran gemacht, sein Erbe anzutreten. Mit seinem neuen Werk legt er nun eine tiefe Verneigung vor Miyazaki-San hin. So ist es sicherlich nicht nur der geographischen Lage im tiefsten Südosten der japanischen Insel geschuldet, dass die Reise von Suzume in einer kleinen Stadt in der Präfektur Miyazaki beginnt. Hier trifft das 17-jährige Mädchen auf den mysteriösen Sota, der sie in ein irrwitziges Abenteuer hineinzieht, das sie quer durch das Land führen wird. Auch das verheerende Erdbeben von 2011 spielt eine nicht unwesentliche Rolle bei der Inspiration zur Geschichte. »Suzume« feierte seine Premiere im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale. Vor 20 Jahren gewann dort »Chihiros Reise« den Goldenen Bären und im Anschluss den Oscar. Eine große Ehre also, dessen ist sich Makoto Shinkai bewusst. Die Zitate aus Klassikern wie »Kikis kleiner Lieferservice« oder »Das wandelnde Schloss« sind unübersehbar. Trotzdem ist »Suzume« alles andere als ein Abklatsch. Shinkai lässt seiner eigene Phantasie freien Lauf und nimmt sich die Stärken der Ghibli-Produktionen zum Vorbild. Das geht auf: »Suzume« wurde in seiner Heimat zum Hit und wird auch hierzulande die Japan-Fans begeistern.
»Suzume«: ab 12.4., CineStar, Cineplex, Kinobar Prager Frühling, Passage-Kinos, Regina-Palast
Vor einhundert Jahren war in Europa die Wahrscheinlichkeit zu überleben noch deutlich geringer. Großfamilien sorgten für den Fortbestand der Gene. Nicht jedes Familienmitglied schaffte es durch die harten Winter. Franz ist der jüngste Sohn eines Bauernpaares in den österreichischen Bergen. Als er völlig entkräftet das Bett hüten muss, trifft sein Vater eine Entscheidung: Er gibt den Jungen fort, an einen Großbauern unten im Tal. Nach einem traumatischen Abschied wächst Franz als Knecht des neuen Herren auf. Als er volljährig ist, lässt er den Hof hinter sich. Es ist das Jahr 1937. Das Heer braucht Soldaten. So heuert er an und fährt als Motorradkurier an die Fronten des Zweiten Weltkriegs. Sein einziger Halt ist ein junger Fuchs, den er im Wald aufließt. Ein Jahr lang begleitet er ihn, versteckt im Inneren des Mantels oder in der Motorradtasche. Das Tier wird zum einzigen Freund des stillen Gefreiten. Dieser Soldat war der Urgroßvater des Regisseurs Adrian Goiginger. Als Adrian 15 war, erzählte der ihm von seinem ungewöhnlichen Begleiter. Der Regisseur machte daraus einen berührenden Film darüber, wie ein Soldat verzweifelt versucht, sich ein Stück Menschlichkeit zu bewahren. Blickt man in die Augen seiner Wegbegleiter, sieht man ebenso verängstigte Kinder, die wie er in diesen Konflikt geworfen wurden. Ein kraftvolles Plädoyer für Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten, einnehmend verkörpert von Hauptdarsteller Simon Morzé (»Der Trafikant«).
»Der Fuchs«: ab 13.4., Passage-Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
Österreichisches Kino
Die Schaubühne rückt relevante soziale und politische Themen rund um das Buchmesse-Gastland Österreich in den Mittelpunkt. Eine sehenswerte Wechselwirkung, bei der es auch einige Klassiker zu entdecken gibt.
18.–29.4., Schaubühne Lindenfels
BANFF Centre Mountain Film Festival World Tour 2023
Im kanadischen Banff treffen sich seit 1976 Alpinisten, Filmemacher und Abenteurer mit Rang und Namen. Die Abenteuerkurzfilme des Banff Mountain Film Festivals sind wieder auf Welttournee und bei einem zweistündigen Filmabend zu sehen.
Werk 2. 19.04. 19:30
Der Wackelatlas – Sammeln und Jagen mit H. C. Artmann
AT 2021, Dok, R: Emily Artmann, 58 min
Porträt eines im besten Sinne verschrobenen Fantasten: Der Wiener Schriftsteller H. C. Artmann.
Schaubühne Lindenfels. 19.04. 19:00 (mit dem österreichischen Dichter Ferdinand Schmatz, Österreichische Filmschau)
Die Hexen von Salem
F/DDR 1957, R: Raymond Rouleau, D: Simone Signoret, Yves Montand, Mylène Demongeot, 145 min
In das strenge Leben einer christlichen Gemeinschaft bricht die Sexualität der jungen Abigail ein. Dies und weitere aufgestaute, ungelöste Konflikte erhöhen den Druck auf das soziale Gefüge und das Weltbild der Siedler. Mit Einführung – Hanns-Eisler-Reihe.
Cinémathèque in der Nato, 20.04. 19:30 (Hanns Eisler – Filmmusiken mit Sinn, mit Einführung & Diskussion)
Die Kehraus-Trilogie
D 1990-2006, Dok, R: Gerd Kroske
Langzeitbeobachtung der Lebensläufe von Leipziger Straßenreinigern zwischen 1989 und 2006.
Denkmalwerkstatt, 18.04. 18:00 (Kehraus(1990),Kehrein,Kehraus(1996)und Kehraus,wieder(2006))
El Houb – The Love
NL 2022, R: Shariff Nasr, D: Fahd Larhzaoui, Lubna Azabal, Slimane Dazi, 102 min
Der marokkanisch-niederländische Karim kehrt in sein Elternhaus zurück und eröffnet seinen Eltern, dass er auf Männer steht.
Cineplex, 17.04. 20:15 (OmU, Pride Night)
Filmriss Filmquiz
Wie alt war Christian Bale, als er vor der Kamera von Steven Spielberg stand? Welche Farbe hat Freddy Kruegers Pulli? In wie vielen Marvel-Filmen stand Robert Downey Jr. als Tony Stark vor der Kamera? Egal ob Popcorn oder Arthouse – André Thätz und kreuzer-Redakteur Lars Tunçay quizzen sich mit euch durch die Filmgeschichte. Als Lohn gibt's feine Preise.
Moritzbastei, 19.04. 20:00
Moritzkino: »Star Trek Into Darkness«
Moritzbastei, 19.04. 20:00
Retour à Reims
F 2021, Dok, R: Jean-Gabriel Périot, 83 min
Dokumentarfilm über die Arbeiter- und Arbeiterinnenklasse in Frankreich.
Institut Français, 17.04. 19:00 (anlässlich des César-Filmpreises, OmeU)
Searching For Sequoyah
USA 2021, Dok, R: James M. Fortier, 57 min
Sequoyah war der Erfinder der Cherokee-Schrift, die beim Schreiben der Cherokee-Sprache noch heute verwendet wird. Ein Dokumentarfilm über Leben, Wirken und den mysteriösen Tod des Visionärs.
Bibliotheca Albertina, 18.04. 20:00 (Native Cinema)
Tagebau Sachsen DDR
D 2021, Dok, R: Robert Soujon
Künstlerischer Dokumentarfilm über das Leben im Tagebau in Sachsen im Zeitraum der Gründung der DDR bis zur Wende 1989.
Luru-Kino in der Spinnerei, 20.04. 18:00 (Premiere), 20:00 (Premiere)
The Game – Die Balkanroute
SRB/HRV/HUN 2018, Dok, 120 min
Der Dokumentarfilm rückt Geflüchtete in den Fokus, die auf ihrem Weg über die Balkanroute bei jedem Grenzübertritt vor neue Herausforderungen gestellt werden.
Ost-Passage-Theater, 19.04. 20:00 (anschl. berichten Medical Volunteers International über ihre Arbeit)
Titelfoto: Filmstill aus »Suzume«. Copyright: Crunchyroll.