Film der Woche: Der Wald, der Sommer, ein alter Mercedes. Zwei Menschen treiben dahin, raus aus der Zivilisation, hinein in die Abgeschiedenheit. Sie sind schon ein ziemlich seltsames Paar: Die Freunde Leon und Felix haben völlig ungleiche Anforderungen an das Leben. Während Felix den Sommer genießen und vor allem am Strand abhängen will, um sich Inspiration für seine Fotoarbeit zu suchen, steht Leon unter Druck. Der junge Autor hat gerade das Manuskript zu seinem zweiten Buch fertig gestellt. In ein paar Tagen kommt der Lektor vom Verlag, um mit ihm darüber zu reden. Doch als die beiden Freunde an dem kleinen Ferienhaus ankommen, sind sie nicht allein: Nadja teilt die Hütte mit ihnen und vergnügt sich in den Nächten auch noch lautstark mit Devid, dem »Bademeister« vom Strand. Noch bevor Leon und Nadja sich das erste Mal begegnen, hat der eine feste Vorstellung von ihr und lässt sich nur unter Protest von seinen Vorurteilen abbringen. Ein schwieriger Charakter, der sich fast kindisch dagegen wehrt, glücklich zu sein. Für ihn ist es der Sommer an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Der erste Roman ging ihm überraschend leicht von der Hand, doch diese Leichtigkeit ist ihm abhanden gekommen. Leon ist festgefahren in seinem Weltbild. Kein anderer deutscher Regisseur vermag es die Widersprüche der menschlichen Natur so pointiert zu beobachten wie Christian Petzold (»Barbara«). Einnehmend leicht und mühelos breitet er die Figuren vor uns aus. Und am Horizont lodern die Flammen in der Hitze des brandenburgischen Sommers und drohen die Welt zu verschlingen.
»Roter Himmel«: ab 20.4., Passage-Kinos, Kinobar Prager Frühling
Dass Brandon Cronenberg Sohn der Horror-Legende David Cronenberg ist, war bereits bei seinem Erstling »Possessor« spürbar. War das Debüt noch subtil und doppelbödig mit gelegentlichen Schockmomenten, ist sein neuer Film nun ein Angriff auf alle Sinne und den Magen des Zuschauers. Dabei beginnt alles noch recht situiert und gediegen. Der Autor James Foster hat vor Jahren einen mittelprächtigen Roman geschrieben und wartet seitdem auf eine Eingebung für den Nachfolger. Solange lässt er sich von seiner reichen Frau Em aushalten. Zur Inspiration reist er mit ihr in ein Urlaubsresort auf der (fiktiven) Insel La Tolqa. Das vermeintliche Ferienparadies ist ein abgeriegelter Hochsicherheitstrakt der langweiligen Glückseeligkeit. Das Verlassen der Mauern strickt verboten. Als sie das Paar Gabi und Alban kennenlernen, hält es James und Em jedoch nicht lange auf den Liegestühlen. Auf dem Rückweg von der Spritztour überfährt der angetrunkene James in der Dunkelheit einen Bauern und landet in einer Zelle. Der Polizist Thresh offenbart ihm, dass es auf der Insel Tradition ist, ein Leben für ein Leben zu bezahlen. James könne sich allerdings freikaufen und ein eigens dafür geschaffener Klon übernimmt seine Strafe. Mit dem moralischen Grenzübertritt beginnt eine Spirale, die tief in die Abgründe der menschlichen Natur führt und bei der Cronenberg-DNA typisch in einem Strudel aus Blut, Schweiß und Sperma endet. Hauptdarsteller Alexander Skarsgård lotet dabei (mal wieder) furchtlos alle schauspielerischen Limits aus.
»Infinity Pool«: ab 20.4., Regina-Palast
Weitere Filmtermine der Woche
Tagebau Sachsen DDR
D 2021, Dok, R: Robert Soujon
Künstlerischer Dokumentarfilm über das Leben im Tagebau in Sachsen im Zeitraum der Gründung der DDR bis zur Wende 1989.
Luru-Kino in der Spinnerei, 20.04. 18:00 (Premiere), 20:00 (Premiere)
Österreichisches Kino
Die Schaubühne rückt relevante soziale und politische Themen rund um das Buchmesse-Gastland Österreich in den Mittelpunkt. Eine sehenswerte Wechselwirkung, bei der es auch einige Klassiker zu entdecken gibt.
Schaubühne Lindenfels, 18.–29.4.
Fulci-Horror-Doppel mit Donis
Der Horror-Papst bittet zur Audienz: In seinem monatlichen Horror-Doppel serviert Donis am Mittwoch zwei Filme von Italiens Splatter-Altmeister Lucio Fulci am Stück. Beide in deutsch und beide von 35mm. Wohl bekomms!
Luru-Kino in der Spinnerei, 26.04. 20 Uhr/22 Uhr
Auch Henker sterben
USA 1943, R: Fritz Lang, D: Brian Donlevy, Walter Brennan, Anna Lee, 130 min
Fritz Langs siebter US-Spielfilm basiert sehr lose auf den Ereignissen um das Attentat auf den berüchtigten Nazi-Politiker Reinhard Heydrich im Jahr 1942 in Prag durch zwei Exil-Tschechen und -Slowaken. Anders als in der Realität ist es hier ein Arzt, der nach der Ermordung Heydrichs auf der Flucht ist, während die Nazis blutige Rache an der Bevölkerung üben.
Cinémathèque in der Nato, 26.04. 19:30 (Hanns Eisler – Filmmusiken mit Sinn, mit Einführung und Vortrag)
Da kommt noch was
D 2022, R: Mareille Klein, D: Ulrike Willenbacher, Zbigniew Zamachowski, Imogen Kogge, 98 min
Zwei Jahre ist es her, dass ihr Mann Helga für eine andere Frau verlassen hat. Da erfährt sie unerwartet neues Glück mit dem polnischen Arbeiter Ryszard.
Cineplex, 26.04. 14:00 (Kinokränzchen), 14:30 (Kinokränzchen)
Princess Principal: Crown Handler
J 2021, R: Masaki Tachibana, 110 min
In der zweiteiligen Filmfortsetzung der Anime-Serie »Princess Principal« dreht sich alles um Spionage im Commonwealth.
Cinestar, 25.04. 17:00 (OmU, Teil 1&2), 20:00 (DF, Teil 1&2)
Cineplex, 25.04. 18:00 (OmU, Teil 1&2), 20:00 (DF, Teil 1&2)
Jujutsu Kaisen 0
J 2021, R: Seong-Hu Park, 105 min
Cinestar, 27.04. 17:30 (Highlights zur Manga-Comic-Con)
Dragonball Super: Broly
J 2018
Cinestar, 27.04. 20:00 (Highlights zur Manga-Comic-Con, OmU)
Demon Slayer the Movie: Mugen Train
J 2020
Cinestar, 28.04. 17:30 (Highlights zur Manga-Comic-Con)
One Piece Film: Red
J 2022, R: Goro Taniguchi, 115 min
Cinestar, 28.04. 20:00 (Highlights zur Manga-Comic-Con, OmU)
Phoenix
D 2014, R: Christian Petzold, D: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Nina Kunzendorf, 98 min
Eine Holocaust-Überlebende versucht herauszufinden, ob der Mann, den sie liebt, sie verraten hat.
Passage-Kinos, 23.04. 16:00 (Retrospektive Christian Petzold)
Der Fall Mäuserich
NL 2016, R: Simone van Dusseldorp, D: Hiba Ghafry, Jashayra Oehlers, Felix van de Weerdt, 77 min
Kinderfilm mit Gesangseinlagen, in dem ein Mädchen mitsamt einer kleinen Maus auf Klassenfahrt geht, bei der sie einiges über Freundschaft erfährt.
Passage-Kinos, 23.04. 10:45, 12:20
Einfach das Ende der Welt
AT/F 2016, R: Xavier Dolan, D: Marion Cotillard, Léa Seydoux, Nathalie Baye, 95 min
Ein sterbender Autor kehrt in seine Heimatstadt zurück, um seine Familie über seinen nahen Tod in Kenntnis zu setzen. Familiendrama von Xavier Dolan.
Passage-Kinos, 28.04. 20:00 (mit Dr. Simone Berruschot, Psychoanalyse trifft Film)
Kobanê
SYR 2022, R: Özlem Yasar, D: Dijle Arjîn, Ziya Çiçek, Asif Ahmed, Awar Elî, Mordem Firat, 140 min
Der Film der Filmkommune Rojava setzt sich mit dem Frauenwiderstand in der kurdisch-syrischen Stadt Kobanê an der Grenze zur Türkei auseinander.
Cinémathèque in der Nato, 24.04. 19:00 (mit Diskussion)
The Farewell
USA/CH 2019, R: Lulu Wang, D: Shuzhen Zhao, Awkwafina, X Mayo, 100 min
Als bei ihrer Großmutter Krebs diagnostiziert wird, reisen Billi und ihre Familie aus den USA nach China. Gemeinsam will man ein letztes Fest feiern, doch Nai Nai darf nicht erfahren, dass sie sterben wird. Wundervoll bittersüße Familiengeschichte.
Ost-Passage-Theater, 26.04. 20:00 (OmU)
Vamos a la Playa
D 2022, R: Bettina Blümner, D: Leonard Scheicher, Victoria Schulz, Maya Unger, 94 min
Die Freunde Benjamin, Judith und Katharina reisen nach Kuba und werden dort mit der sozialen Ungerechtigkeit konfrontiert. Die Erlebnisse treiben sie auseinander.
Passage-Kinos, 25.04. 18:45 (Premiere im Rahmen von »Junges Deutsches Kino«, mit der Regisseurin und der Produzentin)
Titelfoto: Filmstill aus »Roter Himmel«, Copyright: Christian Schulz.