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Kultur

Was also ist Österreich?

Das Gastland der Leipziger Buchmesse bringt Senf, Dosenbier und Würstchen nach Leipzig

  Was also ist Österreich? | Das Gastland der Leipziger Buchmesse bringt Senf, Dosenbier und Würstchen nach Leipzig

Roboter, Dosenbier, fliegende Würstchen: Mit »Roboter mit Senf« zeigt sich das Buchmessen-Gastland Österreich von seiner literarischsten Seite. Zur 12. Ausgabe der Literaturshow wagt man am Donnerstagabend den Auslandsauftritt in der Schaubühne Lindenfels. Die dringende Frage, die sich dabei ganz selbstverständlich stellt: Was ist eigentlich Österreich?

Österreich ist nicht die Schweiz. So viel verrät schon der Dialekt, den man nicht nur vereinzelt, sondern von vielen aus dem Publikum hört. Dieses ist, für den Buchmessen-Laien, überraschend schick gekleidet und trägt teils zum Anzug schön literarisch einen Schal. Ein Indiz (für das Nicht-Schweiz-Sein) gibt auch die Verspätung, mit der die Show beginnt, doch verschafft sie etwas Zeit das Bühnenbild zu betrachten: Neben einem futuristischen Wurststand stehen dort eine Tischgarnitur und Schlagzeug, über allem hängt das Glühbirnen-Namensschild, begleitet von einer mystisch-boomenden Audiospur.

Action! Der Stand ist nun mit einem Roboter besetzt, es gibt Dosenbier und Würstchen, dazu eine Absichtserklärung der Gastgeber Klaus Kastberger und Daniela Strigl: Mit der Literaturshow wolle man die Literatur wieder in die Mitte der Gesellschaft bringen, erklären sie, deswegen auch der Wurststand. Eigentlich habe man erwartet vor einem deutschen Publikum zu spielen, doch ein Test am Eingang habe verraten, dass das Gastland-Motto »meaoiswiamia«, zu Deutsch etwa »mehr als wir«, von vielen ausgesprochen werden konnte. Man vermute jedoch mindestens einen Deutschen im Publikum, für den man sich anstrengen wolle.

Verständlicher als das Motto ist das Spiel, mit dem die erste Gästin, die Schriftstellerin Raphaela Edelbauer, begrüßt wird: Dazu werden elf Senfsorten aus einem österreichischen Supermarkt gereicht, stilecht abgefüllt in Bierdosen. Die Senfsorten gilt es mittels Geruchstest zu erraten, eine Speisekarte mit den Auswahlmöglichkeiten soll helfen. Nach drei Riech-Runden gewinnt Edelbauer gegen Strigl und erhält als Preis: ein Senf-Duft-Sackel. Es folgt ein Interview mit der Siegerin, welches überraschend wenig das Schreiben thematisiert, dafür umso mehr all das, was sie sonst so tut: Es geht um Rudern und Mode, um Schwimmen und die Pataphysische Gesellschaft Wien.

Die zweite Gästin erscheint anstatt des Roboters im Würstchenstand. Von dort liest die Autorin Marie Gamillscheg über Malakoff-Torte und die Differenz menschlicher Lebenswelten. Wie es denn für sie sei, wenn Österreich nun Gastland der Buchmesse ist, wollen die Gastgeber von Gamillscheg wissen. Es sei schön, von der Nische in der Buchhandlung zum Haupttisch zu rücken, antwortet die Autorin. Das Label der österreichischen Schriftstellerin schaffe derweil einen Exotismus-Bonus.

Zum dritten Gast, dem Liedermacher »Der Nino aus Wien«, bürgerlich Nino Mandl, wieder ein Spiel: Zwei Minuten haben Nino und Gastgeber Kastberger Zeit, um im Saal versteckte Würste zu finden und aus Entfernung in Töpfe zu werfen. Mit viele Ruhe begibt sich Nino auf Wurstsuche und findet diese beim Publikum und an eine Wand geklebt. Er wagt den Wurf, mindestens einer gelingt. Etwas Enttäuschung gibt es dann beim Dosenbier: Für die Buchmesse hatte Nino Durchsagen für die Straßenbahnen eingesprochen, laut den Gastgebern wurden jedoch die Stationsansagen, überraschend für den Liedermacher, gestrichen. Im Anschluss an die Show gibt der Liedermacher noch ein Konzert.

Was also ist Österreich? Eine zu große Frage für einen einzigen Abend, daher hier nur eine Impression:  Das Gastland Österreich trinkt in der Schaubühne Dosenbier und wirf Würste, ist mal bemüht und mal witzig. Unsympathisch ist das nicht. Und die Literatur? Vielleicht sei die schon in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sinnieren die Gastgeber gegen Show-Ende, und man habe es einfach noch nicht gemerkt.


Foto: Lena Prehal


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