Im Juni läuft mit »Asteroid City« nach »French Dispatch« bereits der elfte Spielfilm von Wes Anderson an. Bei François Ozon hat es nach »Peter von Kant« gerade mal neun Monate gedauert, bis zur Kinogeburt von »Mein fabelhaftes Verbrechen« im Juli. Die Passage-Kinos nutzen die Gelegenheit zu einer doppelten Retrospektive quer durch das Schaffen der beiden verspielten Virtuosen. Was sie eint? Dass ihre Filme unbedingt ins Kino gehören.
»François Ozon / Wes Anderson-Retrospektiven«: Juni/Juli, Passage-Kinos
Film der Woche: Maja und Hubert kennen sich schon ewig, Dawid und seine deutlich jüngere Freundin Nina erst seit wenigen Tagen. Die beiden Paare machen gemeinsam Urlaub auf der dänischen Ostseeinsel Bornholm. Mit an Bord, ihre drei Söhne. Maja ist schon zu Beginn der Reise frustriert über das ewig gleiche Urlaubsziel, die Gleichgültigkeit ihres Gatten, der sich lieber um die mitgebrachten Mountainbikes als seine Frau kümmert, und unzählige andere Kleinigkeiten. Als dann auch noch bei einer gemeinsamen Übernachtung der Kinder im Zelt ein Vorfall passiert, geraten die Ferien endgültig aus dem Ruder. Dabei ist der eigentliche Auslöser des Konflikts irgendwann egal und es geht um den unerfüllten Wunsch der Erwachsenen, aus dem gesellschaftlichen Korsett auszubrechen. Unter dem sonnigen Himmel Dänemarks gelingt der polnischen Regisseurin Anny Kazejak eine beißende Beziehungskomödie. Die idyllischen Urlaubsbilder von Strand und Meer stehen dabei im Kontrast zur zunehmend eskalierenden emotionalen Wetterlage. Die schauspielerischen Leistungen überzeugen, die Dialoge sitzen – kein Wunder, basiert »Fucking Bornholm« doch auf einem fünfteiligen Hörspielpodcast von Kazejak und Filip Kasperaszek. Seine Premiere feierte ihr Film im Wettbewerb beim Karlovy Vary International Film Festival im vergangenen Sommer. Ein großer böser Spaß, der an die Filme von Ruben Östlund (»Triangle of Sadness«) erinnert, dem Male Gaze aber eine weibliche Perspektive entgegensetzt. LARS TUNÇAY
»Fucking Bornholm«: ab 1.6., Passage-Kinos
In Büchern schmökern ist schön, der dahinter stehende Literaturbetrieb eher nicht so – das zeigt Régis Roinsards Thriller »Das Rätsel« (der frz. Originaltitel »Les Traduteurs«, also »Die Übersetzer« passt besser). Der letzte Teil der »Dädalus«-Trilogie – ein Welt-Erfolg – kommt bald raus und um den Hype zu optimieren bzw. zu schützen, sollen neun Übersetzer der erfolgreichsten Ländermärkte dem Meisterwerk zeitgleich in einer Art unterirdischem Bunker die jeweilige Sprache einhauchen und müssen auf Kontakt zur Außenwelt verzichten. Dabei werden sie getriezt und angetrieben vom sadistisch-schmierigen Verleger Éric Angstrom persönlich. Lambert Wilson spielt quasi seinen »Merowinger« aus »Matrix« diesmal im Verlagswesen. Als plötzlich ein Erpresser droht, den prognostizierten Mega-Bestseller vorab im Web zu leaken, steht fest: Der Täter muss einer der Übersetzer sein. Es folgen Verdächtigungen, Tote – und einige Details, die alles im neuen Licht erscheinen lassen. Natürlich erinnert das Setting auch an den jüngsten Whodunit-Knaller »Knives Out« – hier fehlt es jedoch an Weltstars en masse und auch an der dramaturgischen Detailverliebtheit. Dennoch punktet »Das Rätsel« zumindest in der zweiten Hälfte mit jeder Menge Plot Twists sowie überraschenden Flashbacks und lohnt den Kinobesuch – es sei denn, man hat ein wirklich gutes Buch zu Hause.
MARKUS GÄRTNER
»Das Rätsel«: ab 1.6., Passage-Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
A home is a home outside your own
Filmreihe zum Thema Sprache und Funktionsweise kollektiver Archive
Ideal Kunstraum, 02.06. 21:00
All Inclusive
D 2023, Dok, R: Thorsten Ernst, Tobias Lickes, 93 min
Der Dokumentarfilm begleitet Sportlerinnen und Sportler aus Deutschland, Finnland, der Mongolei und Kenia, Menschen mit entweder geistiger oder körperlicher Behinderung. Sie alle träumen von einer Teilnahme an den Special Olympics World Games 2023 in Berlin.
Passage-Kinos, 08.06. 18:45 (mit Kameramann Gordon Volk)
Bias
USA 2018, Dok, R: Robin Hauser, 88 min
Ein Dokumentarfilm über menschliche Verhaltensweisen und Vorurteile.
Bibliotheca Albertina, 06.06. 19:00 (Filmgespräch, OmU)
Bound - Gefesselt
USA 1996, R: Lilly Wachowski, Lana Wachowski, 108 min
Als Violet und Corky sich im Aufzug begegnen, ist es Liebe auf den ersten Blick. Sie beschließen, zusammen ein neues Leben zu beginnen, doch der Weg dorthin führt über den Gangster-Boss Mickey. Stylishes Regiedebüt der Wachowski-Schwestern (»Matrix«).
Ost-Passage-Theater, 07.06. 20:00 (OmU)
Darjeeling Limited
USA 2007, R: Wes Anderson, D: Owen Wilson, Adrien Brody, Jason Schwartzman, 91 min
Francis trifft im Zug zum ersten Mal seit der Beerdigung seines Vaters auf seine Brüder Peter und Jack. Gemeinsam fahren sie durch Indien, wobei Francis das Trio wieder zusammenführen will. Herrlich skuriler Wes-Anderson-Film mit Owen Wilson, Adrien Brody, Jason Schwartzman.
Passage-Kinos, 01.06. 20:30 (OmU, Wes Anderson Retrospektive)
Moonrise Kingdom
USA 2012, R: Wes Anderson, D: Bruce Willis, Edward Norton, Bill Murray, 94 min
Irrwitzige Ensemble-Komödie im unnachahmlichen Wes Anderson-Stil.
Passage-Kinos, 05.06. 20:30 (Wes Anderson Retrospektive)
Für die Vielen
AT 2022, Dok, R: Constantin Wulff, 120 min
Dokumentarfilm über die Arbeiterkammer Wien, eine Anlaufstelle für Menschen, die um ihren Job kämpfen.
Cineding, 08.06. 19:00, 09.06. 19:00 (mit Filmgespräch mit der FAU - Freie Arbeiter*innen-Union Leipzig)
Im Rausch der Tiefe
USA/F 1988, R: Luc Besson, D: Jean-Marc Barr, Jean Reno, Rosanna Arquette, 162 min
Ein faszinierender Abenteuer- und Taucherfilm mit kraftvollen Bildern und wundervollen Hauptdarstellern, hier und da hart an der Grenze zum Kitsch.
Regina-Palast, 06.06. 19:30 (Best of Cinema)
Cinestar, 06.06. 19:30 (Best of Cinema)
Cineplex, 06.06. 20:00 (Best of Cinema)
Kilimandscharo - Diesmal mit Krücken
D 2022, Dok, R: Michael Scheyer, 108 min
Nach einem Gleitschirmunfall ist der Bergsteiger Thomas Lämmle auf Krücken angewiesen, doch von seinem Traum, nochmals den Kilimandscharo zu besteigen, hält ihn das nicht ab.
Kinobar Prager Frühling, 01.06. 19:00 (in Anwesenheit des Regisseurs), 02.06. 17:15, 04.06. 16:00
Lange Weile
D 2016, Dok, R: Tina Bara, 62 min
Aus über 400 Schwarz-Weiß-Fotografien, die in den Jahren 1983-1989 in der Spätphase der DDR entstanden sind, montierte Tina Bara einen Fotofilm.
Denkmalwerkstatt, 06.06. 18:00 (Regisseurin zu Gast, Cinema Casino)
Mariupol. Unlost Hope
UKR 2022, Dok, R: Maksym Litvinov, 62 min
Zeitgeschichtliches Forum, 05.06. 19:30 (in der Reihe »Die Ukraine - Kampf um Unabhängigkeit«)
Shorts Attack: Planet Ultra
Acht Filme, 85 Min.
UT Connewitz, 02.06. 20:00 (OmU)
Sophia Süßmilch - Die Filme 2007-2021
Luru-Kino in der Spinnerei, 04.06. 17:00 (Eintritt frei)
Sommerkino vor der Plagwitzer Markthalle
Die Sängerinnen Madeline Cain und Lissa Meybohm haben mit der Pianistin Madoka Ito zur Eröffnung des Sommerkinos an der Plagwitzer Markthalle eine sinnliche halbe Stunde voller humoristischer Duette und gefühlvoller Balladen vorbereitet. Im Anschluss gibt es dann Damien Chazelles »La La Land«.
01.06. 21:00
Taxi zum Klo
D 1980, R: Frank Ripploh, D: Frank Ripploh, Bernd Broaderup, Gitte Lederer, 92 min
Regisseur Frank Ripploh schildert teilweise autobiografisch und mit sich selbst in der Hauptrolle das Leben des jungen Lehrers Frank und seines Partners Bernd im Berlin der frühen Achtziger.
Conne Island, 08.06. 21:00 (2cl Sommerkino, OmeU)
The Knocking
FIN 2022, R: Joonas Pajunen, Max Seeck, D: Inka Kallén, Saana Koivisto, Pekka Strang, 87 min
Die Geschwister Maria, Mikko und Matilda kehren nach Jahren zum Elternhaus mitten im Wald zurück. Dort ereigneten sich schreckliche Dinge und je länger sie sich dort aufhalten, desto seltsamer wird ihr Verhalten. Finnischer Horrorfilm.
Passage-Kinos, 07.06. 20:30 (Creepy Wednesday Preview)
Tina
USA 2021, Dok, R: TJ Martin, Daniel Lindsay, 118 min
Doku über den verstorbenen Weltstar.
Passage-Kinos, 04.06. 11:30
Schauburg, 04.06. 17:00 (OmU)06.06. 17:00 (OmU)
Trenque Lauquen
ARG 2022, R: Laura Citarella, D: Laura Paredes, Juliana Muras, Ezequiel Pierri, 240 min
Das neue, vierstündige Werk des Filmkollektivs »El Pampero Cine« (»La Flor«) ist ein wild in sich selbst verschlungenes Mystery-Drama.
Luru-Kino in der Spinnerei, 04.06. 11:00 (OmU)
Vor deinen Augen verbeuge ich mich
D 2021, Dok, R: Georg Genoux
Seit 2018 reist Georg Genoux mit seinem Projekt Das Land, das ich nicht kenne durch Sachsen und macht dort Theaterprojekte - mit dem Ziel, Menschen vor Ort in einen Dialog zu bringen.
KOMM-Haus, 03.06. 18:00
Whiplash
USA 2014, R: Damien Chazelle, D: Miles Teller, J. K. Simmons, Paul Reiser, 107 min
Mitreißendes, unglaublich intensiv gespieltes Musikerdrama von Damien Chazelle, dessen Schnittrhythmus eine fast schon körperlich spürbare Einheit mit dem musikalischen Inhalt des Films eingeht.
Sommerkino vor der Plagwitzer Markthalle, 06.06. 22:00 (Special Musik - Filme, OmU)
Wino: The Documentary
USA 2023, Dok, R: Sharlee Patches, 106 min
Dokumentarfilm über die Doom-Rock-Legende Scott »Wino« Weinrich, Gitarrist und Sänger von Bands wie The Obsessed, Saint Vitus oder Spirit Caravan.
UT Connewitz, 03.06. 20:00
Foto: Filmstill aus »Fucking Bornholm«, Arsenal Filmverleih.