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Essen & Trinken

Wein ist Kontinuität

Das Restaurant Johann S. hat seit einem Jahr einen neuen Betreiber und ein neues Konzept

  Wein ist Kontinuität | Das Restaurant Johann S. hat seit einem Jahr einen neuen Betreiber und ein neues Konzept

Guter Wein und gutes Fleisch sind Sascha Kristmann wichtig, der seit einem Jahr das Restaurant Johann S. am Thomaskirchhof betreibt. In dessen Neuausrichtung flossen Erfahrung und Equipment aus dem Wine-Garden, zum Beispiel ein Vertikalgarten.

Montagmittag im Johann S. Betreiber Sascha Kristmann nimmt eine Lieferung entgegen: Die Tür geht auf, der Lieferant trägt Kisten mit Saale-Unstrut-Wein herein. Darunter befindet sich ein 2021er Silvaner aus der Weinmanufaktur Alte Zuckerfabrik, die dafür Trauben aus dem Bereich Schloss Neuenburg verarbeitete. Kristmann holt Gläser heran – Qualitätskontrolle ist schließlich unerlässlich. Der Silvaner ist schlank und vollmundig mit Aromen von Äpfeln und Birnen. »Die Alte Zuckerfabrik in Laucha ist ganz klein und liefert gutes Handwerk«, sagt Kristmann. Mit Wein kennt der Gastronom sich aus, viele Jahre arbeitete er in Restaurants, Hotels und Clubs in verschiedenen europäischen Ländern. 2019 erfüllte sich Kristmann mit dem Wine-Garden am Roßplatz einen lang gehegten Traum. Dann kam die Pandemie mit Lockdowns und setzte der Vinothek zu. »Der Wine-Garden hat es nicht geschafft«, fasst Kristmann die Sachlage zusammen. Stattdessen übernahm er schon im letzten April das Johann S., das der Vorbetreiber abgab.

Seither ist das Johann S. in gewisser Weise neu eröffnet, das Konzept ist schließlich ein anderes. »Das wird ganz gut angenommen, die Leute merken peu à peu, dass hier etwas neu ist«, so Kristmann. Unter dem Namen Johann S. existiert am Thomaskirchhof seit 1996 ein Restaurant. Der Name liegt nahe, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Neben der Thomaskirche und dem Bacharchiv, quasi in Wurfweite zum Bachdenkmal befindet sich das Lokal. Das frühere Johann S. bot solide Hausmannskost mit Kölschausschank für Raucher. Als Kristmann einzog, entfernte er erst einmal die Glaswand im großen Raum im Erdgeschoss. Einige der Möbel aus dem Wine-Garden siedelten vom Roßplatz in die Innenstadt, die Farbgebung veränderte sich, an den Wänden hängt nun Kunst. Ebenfalls mit umgezogen ist der grüne Vertikalgarten. Er belebt die Wand des Treppenaufgangs, der in das lichte Obergeschoss führt.

Auch die Küche ist neu aufgestellt und geht Richtung ambitioniert. Dazu gehören schön angerichtete Teller, eine überlegte Zubereitung und viel Handwerk. »Wir kochen alles frisch«, sagt Kristmann und bekräftigt: »Wirklich alles: vom Ansetzen der Jus über das Abdrehen der Spinatknödel bis zu den Königsberger Klopsen. Da ist keine Convenience dabei. Selbst zum Schnitzelpanieren nehmen wir Bio-Eier.« Auf der Speisekarte liest sich das zum Beispiel so: Bio-Lammkarree mit Kräuterkruste, Kartoffelgratin, wildem Brokkoli und feiner Jus. Getrüffeltes Beef-Tatar mit Kapern und Cognac. Leipziger Allerlei mit Flusskrebsschwänzen. Käsespätzle mit Bio-Bergkäse aus dem Zillertal. Zum Dessert wird ein Zitroneneis in der Frucht serviert oder Mousse au Chocolat mit Nougat. Die Bio-Kalbsleber ist perfekt gebraten, die Jus mit Apfel, Zwiebel und Rotwein ist von geschmacklicher Tiefe, der Kartoffelstampf dazu ist fest und buttrig. Dazu passt eine purpurne Cuvée aus Merlot und Pinot Noir vom österreichischen Weingut Hagn.

Das erwähnte Bio-Fleisch stammt von einem Hof in Österreich, den Kristmann persönlich kennt. »Mir ist sehr wichtig, wo mein Fleisch herkommt«, sagt er und beschreibt die Anfahrt zum Hof und dessen einsame Lage in der Landschaft. Ebenfalls aus Österreich stammen nicht wenige der Weine, die Kristmann anbietet: »Die Weingüter und die Winzer dort kenne ich gut, ich war dort schon bei der Weinlese mit dabei.« Die Kontinuität bleibt also der Wein: Die gediegene Weinkarte auf A3-Querformat entsteht ganz neu. Finden wird man dort nur europäische Weine – »es ist nicht zwingend notwendig, sich Weine aus Übersee zu holen«, so Kristmann. »In Europa gibt es tolle Weinregionen. Ich arbeite mit vielen kleinen Betrieben in Österreich, Italien, Spanien und Deutschland zusammen.« Am Rhein ist etwa der Jungwinzer Steffen Grünewald ansässig, dessen Weine Kristmann mit moderner Stilistik umschreibt. Sein Roter Riesling ist trocken, fruchtig und von leichter Mineralik und passt unter anderem sehr gut zu Spargel. Apropos: Selbstverständlich ist im Johann S. die Sauce Hollandaise hausgemacht und handgemacht.

> Johann S., Thomaskirchhof 17, 04109, Tel. 2 25 16 53, www.restaurant-johann-s-leipzig.de, Mo–So 12–23 Uhr, Hauptgerichte 18–48 €


Titelfoto: Marcus Korzer


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