Mit einer Best-Trick-Session startet das Rahmenprogramm der Deutschen Skateboard-Meisterschaft in Leipzig
Da sage noch jemand, Skater würden nichts für den öffentlichen Raum tun: Zur Best-Trick-Session am Stephaniplatz – dem Auftakt zur Deutschen Skateboard-Meisterschaft am Donnerstagabend – wird erst einmal der Boden um das zu befahrende Element, eine Art lange, steinmeergesäumte Rampe, gefegt. Denn: Trotz aller Risikobereitschaft scheint man auch hier wenig Lust auf vermeidbare, kieselsteininduzierte Knochenbrüche zu haben. Spektakulär bleibt es dennoch: Zur Belustigung des Publikums und für etwas Preisgeld stürzen sich die Teilnehmenden mit selbst gewählten Tricks die Rampe hoch und runter. »Wenn ihr Schmerzen wollt, seid ihr hier richtig«, kommentiert der Moderator vom Verein Reudi Rollt. Körper samt Skateboards fliegen und drehen, es gibt Hip-Hop-Musik, Anteilnahme für jeden misslungenen und Jubel für jeden gestandenen Trick. Der weiteste, etwa personenhohe Sprung vom Ende der Rampe endet nach etwas Ausfahrweg wahlweise in einem Zaun oder Kieselfeld.
Mit im, ansonsten recht jungen, Publikum: Agnes (64) und Hejo (78) aus NRW. Eigentlich zum Urlaub in Leipzig, wurden sie über Plakate auf das Programm der Deutschen Skatemeisterschaft aufmerksam. Besonders hohe Chancen für eine eigene Teilnahme an der Session rechnen sie sich jedoch nicht aus, es sei denn, es gäbe Altersklassen. »Runterrollen und schön in der Kurve bleiben, das traue ich mir noch zu«, meint Hejo, eigentlich Bogenschütze. Das Angebot, ein Skateboard dafür zu organisieren, endet am Veto von Agnes. Beeindruckt von der Körperbeherrschung und dem Mut der jungen Leute sind sie allemal. »Am Anfang denkt man: ›Ach Gott, was machen die denn da!‹, aber wenn man sich ein bisschen reinfühlt, fährt man sozusagen mit den Augen mit«, meint Agnes.
Die Street-Sessions an wechselnden Orten in Leipzig sind Teil des Rahmenprogramms der Deutschen Skateboard-Meisterschaft, die dieses Wochenende am Heizhaus-Skatepark in Grünau ausgetragen wird. Ziel sei es, auch die lokale Szene einzubinden, meint Sven Bielig, Geschäftsführer des Heizhauses. Man wolle für all diejenigen etwas anbieten, die keine Lust auf das rein Sportliche, sondern auf Skate-Kultur und Szene haben. Jedes Side-Event werde von einer Local-Crew organisiert. Das Befahren der Street-Spots selbst sei, etwas skateuntypisch, offiziell abgenickt. Auch für Orte, an denen sonst große Verbotsschilder hängen.
Nach vielen letzten Versuchen endet die Session am Stephaniplatz, Teilnehmende und Publikum pilgern zum Reudnitzer Skatepark. Dort warten Bier und Grill – sowie weitere Möglichkeiten, beste Tricks abzuliefern. Zusammenstöße scheint es, dank internalisiertem Skateboard-Knigge, nicht zu geben, trotz der hohen Anfahrtsfrequenz an die Elemente. Gelebte zeitgenössische Achtsamkeit also, nach mehreren Versuchen gestandene Tricks werden skatetypisch unabhängig des Schwierigkeitsgrades bejubelt. Einen schönen Kontrast traditioneller Skateboard-Roughness liefert der erfolglose Versuch, die Metall-Kante eines Elements temporär zu entzünden. Doch sofort aufschreienden Kritikern sei gesagt: Die Spots werden im Anschluss wieder sauber gemacht. »Weil wir hier morgen wieder frisch rollen wollen«, erklärt Sven Bielig. So zeichnet die Session ein schönes Bild junger, engagierter Leute, die sich trotz des vielen Adrenalins, um ihre Mitmenschen und Orte sorgen.
Nach einer Auswertung der besten Tricks wird das Gesamt-Preisgeld von 2.000 Euro unter vielen Gewinnern aufgeteilt. Reich geht an diesem Abend niemand nach Hause, glücklich sicher viele.
> Deutsche Skateboard-Meisterschaft (6.–9.7.), Programm und Rahmenveranstaltungen an verschiedenen Orten in Leipzig, Eintritt frei, Infos: https://heizhaus-leipzig.de/projekt/deutsche-skateboard-meisterschaft
Foto: Leo Preisinger