Der Verein Sudaca zeigt in diesem Jahr lateinamerikanische Filme in zwei Festivalwochen. Die erste beginnt am Dienstag in der Mühlstraße mit kleineren Independent-Produktionen. Ende Oktober geht es dann mit den »großen« Filmen in der Schaubühne Lindenfels weiter. Mehr zum Programm findet ihr im kommenden kreuzer und auf lateinamerikanische-tage.de
»Lateinamerikanische Tage«: 26.–30.09., Mühlstraße 14 (Fortsetzung: 25.–29.10., Schaubühne Lindenfels)
Film der Woche: Bei den europäischen Filmfestivals ist der taiwanische Regisseur Hou Hsiao-Hsien Dauergast. 1989 gewann er mit dem Film »Eine Stadt der Traurigkeit« den Goldenen Löwen in Venedig. Insgesamt sechs Mal waren seine Filme für die Goldene Palme von Cannes nominiert. Nicht umsonst bezeichnet man ihn als Mitbegründer einer Nouvelle Vague Taiwans. Bei uns ist das Kino des von Kritikern weltweit hochgeschätzten Autorenfilmers nach wie vor relativ unentdeckt. Kein einziger seiner Filme ist hierzulande auf DVD erhältlich. Da ist es umso erfreulicher, dass der Verleih Rapid Eye Movies nun ein zentrales Werk des Regisseurs in die deutschen Kinos bringt, rund zwanzig Jahre nach seiner Veröffentlichung.
»Millennium Mambo« greift nach der Zukunft, erzählt die Geschichte als Rückblende im Jahr 2011, das zur Entstehung und Handlung des Films im Jahre 2001 noch in der unbekannten Zukunft lag. Für Protagonistin Vicky steht die Zeit ohnehin still. Vor Jahren hatte sie sich geschworen, Jack zu verlassen. Doch die beiden leben in einer gegenseitigen Abhängigkeit. Sie hatten sich jung verliebt. Die ambitionierten Träume gingen im Drogen- und Partyrausch verloren. Jetzt arbeitet sie in einer Bar als Hostess und wenn sie heimkommt, durchwühlt er aus Eifersucht jedes Mal ihre Handtasche. Als Vicky den Geschäftsmann Hao-Hao kennenlernt, keimt in ihr die Hoffnung auf einen Ausweg. Hou Hsiao-Hsiens Porträt einer perpektivlosen Jugend in Taipeh um die Jahrtausendwende feierte seine Premiere im Wettbewerb von Cannes. Zwei Jahrzehnte später erstrahlt es in neuem Glanz. Die neonduchfluteten, rauschhaften Bilder von Kameramann Mark Lee Ping-bing, bekannt für die vielfach ausgezeichnete Bildgestaltung von Wong Kar-Weis »In the Mood for Love«, profitieren von der 4k-Restaurierung. Und wir alle davon, dass Hou Hsiao-Hsiens Meisterwerk endlich in unseren Kinos entdeckt werden kann.
»Millennium Mambo«: 27.9., Luru-Kino in der Spinnerei
Wie ein Fisch an Land ist Businessman Vincent (Lambert Wilson) in den Bergen gestrandet. Sein Auto verweigert den Dienst und da ist es ausgesprochen günstig, dass Pierre (Grégory Gadebois) auf seinem Motorrad vorbeigeknattert kommt. Der schweigsame Bär lädt den redseligen Manager auf den Sitz. Er bringt ihn zunächst zu seiner Hütte inmitten der idyllischen Natur, serviert ihm ein Omelett und fährt ihn zurück in die Stadt. Bevor Vincent ihm seinen Dank aussprechen kann, ist er auch schon wieder verschwunden. Kurz darauf ist Vincent zurück in der Welt, die ihm vertraut ist. Der Chef eines Tech-Konzerns schläft nie und nutzt die Zeit stattdessen, um Marathon zu laufen und unterwegs neue Innovationen auszuknobeln, wenn er nicht gerade in irgendeiner Talkshow über sein Erfolgsrezept durch Leistung plaudert. Aber irgendwann brennt ihm eine Sicherung durch. Von Panikattacken geplagt kehrt er zurück zu Pierre in die Berge und quartiert sich bei ihm ein – nicht ganz ohne Hintergedanken, wie sich herausstellt.
Der französische Regisseur und Autor Éric Besnard ist bekannt für publikumswirksame Wohlfühlfilme wie »Birnenkuchen mit Lavendel« oder »À la Carte! – Freiheit geht durch den Magen«. Bei »Die einfachen Dinge« kann er auf seine Hauptdarsteller bauen, um die grundsolide Geschichte einer aufkeimenden Männerfreundschaft zu erzählen. Lambert Wilson (»Das Rätsel«), einer der großen Stars des französischen Kinos, gibt den anstrengenden Tausendsassa, Grégory Gadebois (»Die Gewerkschafterin«) den unbeholfenen Eremiten. Gegenseitig helfen sie sich durch die Lebenskrise und für die Zuschauer springen ein paar positive Lebensweisheiten dabei raus. Das sorgt unterm Strich für unterhaltsame 90 Minuten mit pittoresken Bildern und ohne große Überraschungen.
»Die einfachen Dinge«: ab 21.9., Passage-Kinos, Schauburg
Weitere Filmtermine der Woche
1001 Nights Apart
IRN 2022, Dok, R: Sarvnaz Alambeigi, 80 min
Im Iran ist das Tanzen verboten. Und doch leben viele Menschen hinter verschlossenen Türen ihre Leidenschaft aus.
Schaubühne Lindenfels, 28.09. 19:00 (Tanztheatertage)
Invisible Demons
D/FIN/IND 2021, Dok, R: Rahul Jain, 66 min
Regisseur Rahul Jain wirft einen unverhüllten Blick auf die Umweltkrise seines Heimatlandes Indien.
Schaubühne Lindenfels, 27.09. 20:30 (anschl. Gespräch mit Gästen, Globale)
Une histoire du franc
F/B/D/SEN 2022, Dok, R: Katy Ndiaye, 102 min
Mit dem Ende des Kolonialismus in Afrika blieb der CFA Franc – die Währung der Kolonialherren, die bis heute nicht abgeschafft wurde.
Passage-Kinos, 28.09. 20:30 (anschl. Gespräch mit Gästen, Globale)
Kurs Südwest − Das Abenteuer meines Lebens
D 2023, Dok, R: Lukas Borchers, 104 min
Der Göttinger Student Lukas Borchers begibt sich mit seinem Kajak auf eine waghalsige Reise durch Südeuropa.
Kinobar Prager Frühling, 25.09. 16:00
Luchs, 25.9., 18:00 Uhr
Lonesome
AU 2022, R: Craig Boreham, D: Josh Lavery, Daniel Gabriel, Anni Finsterer, 95 min
Casey flieht vom Land in die Großstadt Sidney und lernt dort Tib kennen und lieben.
Passage-Kinos, 27.09. 20:30 (QueerBLICK, OmU)
Jung und Endo
D 2023, Dok, R: Medienprojekt Wupperta, 75 min
Kinobar Prager Frühling, 29.09. 17:00 (Sonderveranstaltung mit Gästen zum Tag der Endometriose)
Dunkirk
USA/F/GB/NL 2017, R: Christopher Nolan, D: Fionn Whitehead, Mark Rylance, Tom Hardy, 107 min
Zu Lande, zu Wasser und in der Luft: Christopher Nolan inszeniert fulminant die Befreiung der französischen Hafenstadt Dünkirchen von den Nazis durch die britischen Streitkräfte anno 1940.
Schaubühne Lindenfels, 26.09. 21:00 (Nolanheimer: Eine Retrospektive, OmU)
Der General
USA 1926, R: Buster Keaton, D: Buster Keaton, Glen Cavender, Jim Farley, 78 min
Ein verliebter Südstaaten-Eisenbahner durchbricht mit seiner Lokomotive während des US-Bürgerkrieges die Front, um seine Angebete wiederzusehen. Klassisches Meisterwerk der amerikanischen Stummfilmkomödie.
Grassi-Museum für Völkerkunde, 29.09. 19:00 (Mit Richard Siedhoff live an der historischen Kinoorgel)
Nelly & Nadine
S/B/NOR 2022, Dok, R: Magnus Gertten, 92 min
Die wahrhaft ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen Nelly und Nadine, die sich einst im KZ Ravensbrück kennengelernt haben.
Ost-Passage-Theater, 27.09. 20:00 (OmU)
Oskar Fischinger − Musik für die Augen
D 2023, Dok, R: Harald Pulch, 89 min
Das dokumentarische Künstlerporträt spannt einen Bogen von Fischingers Anfängen über die Flucht vor den Nazis bis zu seiner Arbeit für die großen Hollywood-Studios.
Passage-Kinos, 28.09. 18:30 (in Anwesenheit des Regisseurs, Premiere)
Push – Für das Grundrecht auf Wohnen
(S 2019, R: Fredrik Gertten, Dok)
Der Begriff Gentrifizierung ist für die aktuelle Wohnproblematik mittlerweile nicht mehr groß genug. In der Zwischenzeit sind Wohnräume weltweit besonders in städtischen Ballungsgebieten zu reinen Anlagemitteln geworden. An diesem Punkt setzt Leilani Farha die UN-Spezialreporterin für angemessenes Wohnen an. Ihre Aufgabe ist es, herauszufinden, warum und aus welchen Gründen Menschen aus den Städten verdrängt werden. Dafür reist sie um die ganze Welt.
Passage-Kinos, 28.09. 18:30
Over the Sky
J 2020, R: Yoshinobu Sena, 95 min
Als die Schülerin Mio in einen Autounfall verwickelt wird, kommt sie in einer mysteriösen Parallelwelt wieder zu sich.
Cinestar, 26.09. 17:00 (Anime-Night), 20:00 (OmU Anime-Night)
Regina-Palast, 26.09. 17:30 (Anime-Night), 19:30 (OmU Anime-Night)
Cineplex, 26.09. 18:00 (Anime-Night, OmU), 20:00 (Anime-Night)
Love in the GDR
Liebe überwindet Grenzen im Doppelfilmabend der Stiftung Friedliche Revolution mit dem aktuellen Dokumentarfilm »Sorry, Genosse« und »Hinter den Fenstern« von 1983, der das Liebesleben in einem Potsdamer Neubaublock beleuchtet.
Denkmalwerkstatt, 26.09. 18:00
Hinter den Fenstern
DDR 1984, Dok, R: Petra Tschörtner, 43 min
Petra Tschörtner befragt drei Ehepaare, Mitte bis Ende Zwanzig, nach ihren Erfahrungen mit der ehelichen Partnerschaft. Sie leben im gleichen anonymen Potsdamer Neubaublock.
Denkmalwerkstatt
26.09. 18:00 (Cinema Casino)
The Earth Is Blue As an Orange
UKR/LTU 2020, R: Iryna Tsilyk, D: Myroslava Trofymchuk, Hanna Gladka, Stanislav Gladky, 74 min
Während die Außenwelt aus Bombenanschlägen und Chaos besteht, versuchen Hannah und ihre vier Kinder, im ukrainischen Donbass-Kriegsgebiet ihr Zuhause als sicheren Hafen voller Leben und Licht zu erhalten.
KOMM-Haus, 28.09. 19:00 (OmU, Revolutionale: Conflicted)
Wie wir wollen
D 2021, Dok, R: Sara Dutch
Dokumentarfilm, in dem 50 Menschen aus Deutschland zu Wort kommen, die eine ungewollte Schwangerschaft abgebrochen haben.
Cinémathèque in der Nato, 27.09. 19:30 (OmeU)