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Kultur

Unrecht

Die Kinostarts der Woche

  Unrecht | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill

Die diesjährigen Lateinamerikanischen Filmtage sind zweigeteilt. Die ersten Filme waren bereits Ende September im Mühlstraße 14 e.V. zu sehen, dazu gab es Hintergrundgespräche zur Geschichte Lateinamerikas und Workshops zum Thema Entwicklungspolitik. In der Mühlstraße fanden kleinere Produktionen einen Platz. Ab dieser Woche stehen nun die größeren Produktionen in der Schaubühne Lindenfels auf dem Programm. 

»Lateinamerikanische Tage«: 25.–31.10., Schaubühne Lindenfels

Film der Woche: Gott pflegt eine seltsame Art von Humor. Als die Ureinwohner Amerikas zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts vertrieben wurden, teilten die Weißen dem Stamm der Osage Nation einen kargen Teil Oklahomas zu. Als sich die Erde plötzlich auftat und das Öl zu sprudeln begann, wurde die Osage Nation über Nacht zur reichsten Bevölkerungsgruppe der Vereinigten Staaten. Unter ihnen lebt der wohlhabende weiße Rinderzüchter William »King« Hale. Als sein Neffe Ernest aus dem Krieg zurückkehrt, nimmt er ihn bei sich auf und gibt ihm ein neues Zuhause. Ernest lernt die Einheimische Mollie kennen und verliebt sich. »King« rät ihm zur Heirat, ist Mollie doch die potentielle Erbin einer Vollblut-Familie. Da macht eine Serie von Todesfällen unter dem Volk der Osage Nation die Runde, die auch Mollies Familie betrifft. Innerhalb der »Verwaltung für indianische Angelegenheiten« ist jedoch niemand motiviert, die Tode aufzuklären. Als Regisseur Martin Scorsese das Sachbuch über die Osage-Morde von David Grann las, wusste er, dass er den Stoff für einen Film gefunden hatte. Er bewegte Chief Standing Bear und das Volk der Osage Nation dazu, ihm bei den Dreharbeiten behilflich zu sein. Diese Verpflichtung Scorseses, die Geschichte wahrheitsgetreu wiederzugeben, ist in jeder der 206 Minuten seines Films zu spüren – auch in der schauspielerischen Aufopferung seiner Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio und Robert DeNiro. Das macht »Killers of the Flower Moon« zu einem fordernden, packenden und erschütternden Meisterwerk.

»Killers of the Flower Moon«: ab 19.10., Cineplex, CineStar, Passage-Kinos, Regina Palast, Schauburg

 

Die Trostlosigkeit, die Johanna umgibt, ist kaum auszuhalten. Alles wird bestimmt von tristen Braun- und Beigetönen: Ihre Wohnung, ihre Kleidung und auch die Lokalredaktion, in der der Chefredakteur sie nur alle Lichtjahre mal mit interessanten Themen betraut. Und zu allem Überfluss stirbt noch ihre Oma, was endgültig zum großen Streit zwischen ihrer Mutter und den anderen Familienmitgliedern führt. Doch als sie munter mitmischen will und ihrem Onkel direkt auf der Beerdigung eine Ansage macht, ist es ihrer Mutter auch wieder nicht recht. 1997 scheint einfach nicht ihr Jahr zu sein. Doch als Johanna zufällig ein Schwarz-Weiß-Foto einer ehemaligen KZ-Aufseherin in die Hände fällt, wittert sie endlich einen Ausweg aus ihrer Tristesse: Sie macht die Dame ausfindig, steht eines Tages einfach vor ihrer Tür, und dann vor einer Wand aus Töchtern, die zunächst absolut kein Interesse daran haben, dass die Mutter von früher erzählt. Nur die alte Frau plaudert munter drauflos und freut sich, endlich eine Zuhörerin gefunden zu haben. Doch statt der großen Story findet Johanna auch hier nichts als Familienstreitereien. Regisseurin Sylke Enders (»Kroko«) erzählt die Geschichte in ruhigen Bildern und schafft ein atmosphärisches Bild des Kleinstadtlebens am Ende des letzten Jahrtausends. Getragen wird der Film besonders von einer großartigen Mareike Beykirch, für die es die erste Filmhauptrolle ist. HANNE BIERMANN

»Schlamassel«: ab 19.10., Cineding

 

Die opulenten, oftmals sehr erotischen und auf kirchliche Themen Bezug nehmenden Gemälde des Mailänders Caravaggio gehören längst zu den großen Kunstwerken der frühen Neuzeit. Der Maler selbst war immer umstritten, da er als Modelle für seine Jungfrauen und Heilige ausgerechnet Prostituierte und Bettler von der Straße in sein Atelier holte. Nachdem sich Derek Jarman 1986 auf sehr homoerotische Weise mit Caravaggio beschäftigt hatte, entfaltet der Italiener Michele Placido (»Allein gegen die Mafia«) in seinem neuen Film »Der Schatten von Caravaggio« nun eine Art historischen Kriminalfilm. Im Jahr 1609 ist Caravaggio von Rom nach Neapel geflohen, da ihm aufgrund eines vermeintlichen Mordes die Todesstrafe droht. Der amtierende Papst entsendet einen Informanten, der die Freunde und Feinde des Malers befragen und so dessen Spur aufnehmen soll. In Rückblenden werden die gemeinsamen Erlebnisse der Befragten mit Caravaggio visualisiert, und auf diese Weise erhält auch das Publikum Einblick in den Werdegang und die Inspiration des Künstlers. Das ist wesentlich konventioneller inszeniert als seinerzeit bei Jarman, aber Placido gelingt es trotzdem, in opulenten Settings und aufwändigen Kostümen nicht nur die damalige Atmosphäre wieder auferstehen zu lassen, sondern Caravaggio auch als Freigeist auf der Suche nach Wahrheit zu zeichnen, der seiner Epoche insbesondere in Bezug auf die strikten Konventionen der römisch-katholischen Kirche Lichtjahre voraus war. FRANK BRENNER

»Der Schatten von Caravaggio«: Passage-Kinos

 

Der Hund gilt ja als der beste Freund des Menschen, besonders wenn diese selbst nicht so freundlich sind. Von seinem christlich ver(w)irrten Vater und dem Bruder wird Douglas Munrow als Kind zu ihren Kampfhunden in den Zwinger gesperrt. Doug verelendet, verlernt das Laufen und den Glauben an die Menschen, wird aber Alphatier und hat fortan eine getreue schwanzwedelnde oder zähnewetzende Meute Helfer um sich, die sich mit ihm durch alle Lebenslagen beißen. Luc Bessons Drama wird teilweise in Rückblenden erzählt, als Doug nach einer Festnahme von einer ebenfalls leidgeprüften Psychologin interviewt wird und dabei die entscheidenden Wendungen geklärt werden: Wie konnte er fliehen? Gab es trotzdem auch Liebe in seinem Leben? Wie lebt er überhaupt? In all diesen Szenen spielt Jones (u.a. »Three Billboards Outside Ebbing, Missouri«) nuanciert eine eindrückliche Mischung aus trotzigem Stolz und immer weiter blutender Verletzlichkeit und erinnert zwangsläufig wegen seines zwischenzeitlichen Makeups an Batmans Joker. Des Zuschauers Rätseln über das Gut/Böse-Schemata des Protagonisten wird immer wieder auf harte Proben gestellt, denn der »Dogman« scheut auch nicht davor, Gegner von seinen Vierbeinern zerfetzen zu lassen. So einfühlsam der Film über weite Strecken läuft, aalt er sich irritierenderweise gerade im letzten Drittel sehr im Blut. Trotzdem empfehlenswert, auch wegen Dougs ergreifender Performance als Edith-Piaf-Double. MARKUS GÄRTNER

»Dogman«: Kinobar Prager Frühling, Passage-Kinos, Regina-Palast, Schauburg

 

Weitere Filmtermine der Woche
 

In meinem Kopf ein Universum 
PL 2013, R: Maciej Pieprzyca, D: Dawid Ogrodnik, Arkadiusz Jakubik, Dorota Kolak, 111 min

Das berührende Meisterwerk des polnischen Kinos erzählt die wahre Geschichte von Mateusz, der in seinem Körper eingeschlossen versucht, einen Weg nach außen zu finden.

Passage-Kinos, 19.10. 18:00 (anschl. Gespräch, Filme vom Abschied)

 

Auf der Kippe 
D 2023, Dok, R: Britt Beyer, 86 min

Porträt der Lausitz vor dem Kohleausstieg und wie sich die Gegend im Namen des Strukturwandels neu erfinden muss.

Schaubühne Lindenfels, 20.10. 19:45


Chopin – Ich fürchte mich nicht vor der Dunkelheit
P/COR 2022, Dok, R: Joanna Kaczmarek, 58 min

Polnisches Institut, 19.10. 21:00 (33. Chopin-Tage)


Concerning Violence
S/F/DK/USA 2014, Dok, R: Göran Olsson, 99 min

Doku-Essay über die Befreiungsbewegungen in Afrika in den sechziger und siebziger Jahren, unterlegt mit dem von Lauryn Hill gelesenen Text von Frantz Fanon »Die Verdammten dieser Erde«.

Passage-Kinos, 19.10. 20:30 (Globale)


Im Stillen laut
D 2019, Dok, R: Therese Koppe, 74 min

Erika und Tine sind beide 81 und seit über 40 Jahren ein Paar. Zusammen leben und arbeiten sie auf dem Kunsthof Lietzen in Brandenburg – und blicken auf ein bewegtes Stück gemeinsame Geschichte zurück.

Frauenkultur, 19.10. 20:00 (LeLe*Tre)

 

Wenn die Nacht beginnt
CND 1995, R: Patricia Rozema, D: Pascale Bussières, Rachael Crawford, Don McKellar, 95 min

Camille unterrichtet klassische Mythologie an einem christlichen College. Als sie die junge Petra kennenlernt, die nicht nur Mitgefühl, sondern auch spontanes Verlangen für sie empfindet, gerät Camilles Leben ins Wanken.

Kinobar Prager Frühling 20.10. 17:00 (LeLe*Tre, OmU)

 

Die Freundin meiner Freundin
E 2019, R: Zaida Carmona, D: Zaida Carmona, Marc Ferrer, 89 min

Das schwierige Verhältnis zweier zielloser Frauen in den Dreißigern.

Kinobar Prager Frühling, 21.10. 19:00 (LeLe*Tre, OmU)
 

Aheds Knie
F/D/ISR 2021, R: Nadav Lapid, D: Avshalom Pollak, Nur Fibak, Michal Berkovitz Sasu, 110 min

Um in der Bibliothek eines abgelegenen Dorfes seinen letzten Film vorzustellen, macht sich ein israelischer Filmemacher auf den Weg mitten in die Wüste.

Schaubühne Lindenfels, 19.10. 18:30 (OmU), 22.10. 19:15 (OmU) (Aktuelles Kino aus Israel)


An einem schönen Morgen 
F/GB/D 2022, R: Mia Hansen-Løve, D: Léa Seydoux, Pascal Greggory, Melvil Poupaud, 112 min

Realistisch und einfühlsam schildert Mia Hansen-Løve das Schicksal einer Frau in den Dreißigern. Ihr Spiel aus Entscheidungen, verpassten Chancen und möglichen Abzweigungen auf dem Weg des Schicksals wird getragen von starken Darstellern.

Passage-Kinos, 26.10. 18:00 (anschl. Gespräch, Filme vom Abschied)

 

Die Theorie von Allem
D/A/CH 2023, R: Timm Kröger, D: Jan Bülow, Hanns Zischler, Olivia Ross, 118 min

Selbstbewusst inszenierter, hochspannender und atmosphärischer Mystery-Thriller im Stil des deutschen expressionistischen Films der Kino-Frühzeit.

Passage-Kinos, 22.10. 16:00 (Ausblick), 23.10. 20:00 (Premiere mit dem Regisseur)

 

Ein Ort namens Wahala
TGO/F/D 2021, Dok, R: Jürgen Ellinghaus

Am 11. November 1918 endete in Wahala / Chra (Togo) der Erste Weltkrieg. Stimmen der Vergangenheit brechen sich in Bildern der Gegenwart.

Passage-Kinos, 25.10. 20:30 (Globale)

 

European Outdoor Film Festival

Kurzfilmprogramm mit Outdoor- und Abenteuerdokus.

Werk 2, 22.10. 19:30, 23.10. 19:3024.10. 19:30

 

Good Boy
N 2022, R: Viljar Bøe, D: Gard Løkke, Katrine Lovise Øpstad Fredriksen, Amalie Willoch Njaastad, 80 min

Bei einem Tinder-Date trifft Sigrid den gutaussehenden und schüchternen Christian und geht mit zu ihm nach Hause. Dort lernt sie seinen »Hund« kennen: Frank, ein erwachsener Mann im Hundekostüm, der wie ein Hund in Christians Haushalt lebt. Sigrid ist verstört, doch als sie erfährt, dass Christian Alleinerbe eines Multimillionärs ist, wirft sie ihre Bedenken über Bord und bald laufen die Ereignisse aus dem Ruder.

Kinobar Prager Frühling, 27.10. 20:45 (OmU, Preview)

 

Halloween Park 
S 2023, R: Simon Sandquist, D: Omar Rudberg, Emil Algpeus, Thomas Hedengran, 86 min

In einem Freizeitpark mit Halloween-Special meuchelt sich ein Serienkiller durch die Preview-Gäste.

Cineplex, 25.10. 20:30 (Shockbuster-Preview)

 

Joyland
PA 2022, R: Saim Sadiq, D: Ali Junejo, Alina Khan, Sania Saeed, 126 min

Der verheiratete Tagträumer Haider, jüngster Sohn einer konservativen pakistanischen Großfamilie, bekommt einen Job als Background-Tänzer in der Show der charismatischen Trans-Tänzerin Biba. Aus Haiders anfänglicher Faszination für Biba entwickeln sich schnell tiefere Gefühle.

Passage-Kinos, 25.10. 20:30 (QueerBLICK)


Kalt
D 2023, R: Julius Jendrezok, Johannes Prondzinsky, D: Anka Liebe, Rainer Frank, Long Dang-Ngoc, 18 min

Die gestresste Managerin Marianne sieht sich mit der Entscheidung konfrontiert, zahlreiche Mitarbeiter ihres Unternehmens zu entlassen. Zufällig trifft sie auf Thomas, einen Obdachlosen, der ihr damals als Angestellter geholfen hat, einen Job in der Firma zu bekommen.

Schaubühne Lindenfels, 21.10. 19:00 (Premiere in Anwesenheit des Filmteams)

 

Leo 
IND 2023, R: Lokesh Kanagaraj, D: Joseph Vijay, Sanjay Dutt, Trisha Krishnan, 175 min

Indischer Actionthriller über einen ehemaligen Auftragskiller, der von seiner Vergangenheit heimgesucht wird.

Cineplex, 21.10. 14:00 (OmeU)22.10. 11:00 (OmeU)

 

Nicht gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen 
D 2023, Dok, R: Tommy Schwarwel, 107 min

Doku über Menschen mit psychischen Erkrankungen.

Kinobar Prager Frühling, 24.10. 17:00

 

Not a Girl – Crossroads
USA 2002, R: Tamra Davis, D: Britney Spears, Anson Mount, Zoe Saldana, 95 min

Die romantische Komödie mit Britney Spears über ein Freundinnen-Trio auf einem Roadtrip nach Kalifornien kommt als Britney-Fan-Event zur kurzzeitigen Wiederaufführung.

Cineplex, 23.10. 19:00 (OmU)
Cinestar, 23.10. 19:30 (OmU), 25.10. 19:30 (OmU)

 

Observer.Survivor 
D 2022, Dok, R: Ghazal Alhamwi, 40 min

Doku über die Rolle der sozialen Medien während des Bürgerkriegs in Syrien. Davor wird der Kurzfilm »Sabreen« von Eythar Gubara gezeigt.

Schaubühne Lindenfels, 20.10. 18:00 (OmeU, im Anschluss Filmgespräch mit Eythar Gubara und Ghazal Alhamwi)

 

Rettung durch Wissenschaft?

Arte-Filmpremiere & Gespräch »Doomsday Clock«

Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli, 25.10. 19:00 (Globe23)

 

Sick Girls
D 2023, Dok, R: Gitti Grüter, 79 min

Die Doku über fünf Frauen mit der Diagnose ADHS vermittelt recht gut, wie sich die Erkrankung anfühlt.

Schauburg, 22.10. 20:15

 

White Angel – Das Ende von Marinka 
D 2023, Dok, R: Arndt Ginzel, 90 min

»White Angel« haben die Menschen den Rettungswagen getauft, mit dem Vasyl Pipa im Osten der Ukraine täglich versucht, Einwohner der Kleinstadt Marinka vor den russischen Bomben in Sicherheit zu bringen. Der Leipziger Arndt Ginzel begleitete ihn dabei.

Schaubühne Lindenfels, 24.10. 19:15 (anschließend virtuelle Fragerunde mit dem Regisseur, OmU)

 

Leningrad Cowboys Go America 
FIN/S 1989, R: Aki Kaurismäki, D: Kari Väänänen, Sakari Kuosmanen, Matti Pellonpää, 79 min

Die Rock’n’Roll-Band Leningrad Cowboys und die lakonische Geschichte ihrer Reise durch Amerika.

Kinobar Prager Frühling, 26.10. 19:00 (OmU) (Nordische Filmwoche)


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