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Griff ins Klo

AfD, CDU und Freibeuter streiten sich über geschlechterneutrale Toiletten

  Griff ins Klo | AfD, CDU und Freibeuter streiten sich über geschlechterneutrale Toiletten  Foto: Stefan Ibrahim

»Eigentlich ist es traurig und eine Zumutung, dass wir uns überhaupt mit so einem Thema beschäftigen müssen«, eröffnet Stadtrat Christian Kriegel einen AfD-Antrag. »Dann lasst es doch einfach«, ertönen unter Gelächter Stimmen aus der Linksfraktion. Das Thema sind geschlechterspezifische Toiletten in kommunalen Gebäuden.

Ursprünglich hatte die AfD in einem Antrag gefordert, in städtischen Einrichtungen »zum Schutz von Männern und Frauen« nur noch Toiletten für Menschen mit Behinderung als geschlechtsneutral auszuweisen. Diese sollten für den geringen Anteil an Menschen ausreichen, die sich nicht in der binären Geschlechterordnung wiederfinden. Von diesem Antrag ließ sich in der nun zur Abstimmung stehenden Neufassung allerdings nur noch wenig erkennen. Die Stadtverwaltung hatte die ursprünglichen Forderungen für rechtswidrig erklärt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass es für den Erhalt geschlechtsspezifischer Toiletten keines Stadtratsbeschlusses bedürfe, da diese ebenfalls verfassungsrechtlich geschützt seien. Der zur Abstimmung stehende AfD-Antrag beschränkt sich daher darauf, Teile des Verwaltungsstandpunktes zu übernehmen. Den Schulen soll die Erarbeitung von geschlechterspezifischen und -neutralen Nutzungskonzepten von Sanitäranlagen überlassen werden.

Ute Elisabeth Gabelmann aus der Freibeuter-Fraktion erklärt die Aussprache anschließend gleich zur »inoffiziellen genderpolitischen Stunde« und attestiert dem Stadtrat, von dem Merkmal Geschlecht »geradezu besessen« zu sein. Nur, um anschließend über ihre eigene Anfrage zu Toiletten-Nutzungskonzepten zu berichten. Bei dem Sachbearbeiter, der ihre Anfrage beantworten musste, entschuldigt sich Gabelmann. Bei den Stadträtinnen und Stadträten, der sich laut Gabelmann zu Witzgestalten machten, wenn er über Klobecken diskutiere, aber nicht.

Sowohl Gabelmann als auch ihr Nachredner Falk Dossin (CDU) lassen es sich nicht nehmen, persönliche Toilettenanekdoten aus dem Urlaub zu teilen: »In Frankreich haben Raststättenklos häufig zwei Trittsteine und ein Loch im Boden«, berichtet Gabelmann eindrücklich. Darüber könnte man sich zurecht beschweren. Weiter nördlich hat Dossin hingegen bessere Erfahrungen mit öffentlichen Klos sammeln können. In Schweden gäbe es nur Unisextoiletten, die zudem meist sauberer seien als deutsche Klos. »Das funktioniert übrigens zweifellos und perfekt«, sagt Dosin. Daher sollte man sich angesichts der Sanierungsbedürftigkeit vieler Toiletten zuerst darüber Gedanken machen, wie man hygienische Mindeststandards einhält, bevor man sich überlege, welches Schild man draußen dranhänge.

Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek äußert sich parallel ähnlich über den Kurznachrichtendienst X: Der Stadtrat gönne sich eine Debatte über geschlechtergerechte Sanitäreinrichtungen, statt darüber, ob man diese neu bauen oder instand setzen müsse: »Die #noAfD redet über Klos im Stadtrat und es wird Scheiße«.

Im Plenum verzichten die Fraktionen der Grünen, Linken und SPD hingegen auf Wortmeldungen zum Toilettentagesordnungspunkt. Der Antrag wird fraktionsübergreifend gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.


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