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Kultur

Mjut auf mute

Nach fünf Jahren ist Schluss: Das Mjut hat zu Ende Dezember seinen Betrieb eingestellt – ein Nachfolgeprojekt ist in Planung

  Mjut auf mute | Nach fünf Jahren ist Schluss: Das Mjut hat zu Ende Dezember seinen Betrieb eingestellt – ein Nachfolgeprojekt ist in Planung  Foto: Christiane Grundlach

Lange Gesichter in der Leipziger Clubszene: Anfang November verkündte das Mjut, das sich seit 2018 zu einem der bekanntesten und aktivsten Elektro- und Technoclubs der Stadt entwickelt hat, dass es zum 31. Dezember 2023 seinen Betrieb einstellt. Zwar bleibe die Location erhalten, allerdings unter anderem Namen, mit neuer Geschäftsführung und neuem Konzept. Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Die Nachricht kam allerdings nicht ganz überraschend. Schon seit geraumer Zeit war über das Ende des Clubs spekuliert worden. Zumal die Schließung alles andere als ein Einzelfall, sondern vielmehr Ausdruck schon lange grassierender struktureller wie komplexer Problemlagen ist: Viele Locations sind finanziell angeschlagen. Zu den finanziellen Schieflagen, die auf die Nachwirkungen der Pandemie und die Rückzahlung der Coronahilfen zurückzuführen sind, kommen rasant gestiegene Energiepreise, Inflation und Langzeitthemen wie Gentrifizierung, die zu immer weiter steigenden Miet- und Immobilienpreisen und in letzter Konsequenz nicht selten zur Verdrängung führen – die Techno- und überhaupt Clubinstanz Distillery, die im Sommer ihren Betrieb eingestellt hat, steht dafür exemplarisch.

Doch zu schon oft angesprochenen und medial vergleichsweise sichtbaren Problemfeldern kommen weniger sichtbare Aspekte, wie Marcus Grahnert, bisheriger Mjut-Geschäftsführer, im Gespräch mit dem kreuzer betont: »Nach der ersten Phase der Pandemie gab es die Hoffnung auf einen Neustart. Es gab die Hoffnung, Dinge ganz anders machen zu können. Das ist aber so nie eingetreten. Die Phase der Neugestaltung und Umstrukturierung hat sich so lange hingezogen, dass viele Clubbetreiber mittlerweile am Ende ihrer Kräfte sind.«

Bürokratie on the Dancefloor

Kurz darauf wird Grahnert konkreter: »Viele Förderprogramme aus der Coronazeit sind immer noch nicht final abgerechnet. Der bürokratische Aufwand, der dahintersteckt, ist immens und in Teilen kaum stemmbar. Viele Projekte sind zwar supergut gemeint. Doch die Verwaltungen, die das dann umsetzen, sind oft einfach destruktiv.« Auf die Nachfrage, ob er sich mehr Unterstützung und Hilfe vonseiten staatlicher Stellen gewünscht hätte, antwortet er: »Ich hätte mir nicht mehr Unterstützung gewünscht, sondern weniger Bürokratie. Das ist das eigentliche Problem.«

Von seiner Kritik ausdrücklich ausnehmen möchte er dabei die Initiative Musik, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter er fernab starrer Regelwerke und Fristsetzungen stets als überaus engagiert, kulant und entgegenkommend erlebt hat: »Die machen wirklich einen tollen Job!«

Neben nächtlichen Partys hat das Mjut auch immer wieder Konzerte veranstaltet. Dafür wurde es erst im Oktober beim von Kulturstaatsministerin Claudia Roth vergebenen Applaus-Award in der Kategorie »Beste Livemusikprogramme« ausgezeichnet – für Grahnert trotz aller Probleme in jüngster Vergangenheit ein Zeichen der Anerkennung: »Ich habe mich über den Preis wirklich sehr gefreut. Es hat uns noch mal signalisiert, dass die Arbeit, die wir in den vergangenen Jahren in das Projekt gesteckt haben, nicht völlig umsonst war.«

Und nun?

Bereits im Statement vom 7. November war die Rede davon, dass der Betrieb der Location perspektivisch unter neuem Namen fortgeführt werden soll – wie und von wem auch immer. Für Grahnert selbst habe die Fortführung des Betriebes immer im Vordergrund gestanden. Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe habe er schließlich die letzten vertraglichen Einzelheiten mit den neuen Betreibern klären können. Konkret handle es sich um »eine Gruppe engagierter Menschen«, die schon länger in der Leipziger Clubszene aktiv ist. Der aktuelle Zeitplan sieht vor, die Location von Februar bis Mai für Off-Location-Partys zu nutzen, für die sich Interessierte mit einem entsprechenden Konzept an eine eigens eingerichtete Mailadresse wenden können (s. u.). Parallel sollen Teile der Location umgebaut werden, bevor der Betrieb ab Juni unter neuem Namen an den Start gehen soll. 

> Über folgende Mailadresse können sich Interessierte mit Veranstaltungskonzepten an die neuen Betreiber des ehemaligen Mjut wenden: events@lagerhof.space


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