Ob im Kino oder im Stream: Queere Themen sind überall und das ist ganz wunderbar. Eine feste Institution seit vielen Jahren ist da die »Queere Filmwoche« in UT und Kinobar. Im Januar gibt es wieder eine Übersicht aktueller Produktionen im queeren Kontext: Neun Langfilme, zwei Kurfilmrollen, Dokumentar- und Spielfilme zeigen die Vielfalt. Von aufklärenden Doks bis hin zum Queer-Trash – alles dabei. Und als Sahnehäubchen gibt es Sally Potters Klassiker »Orlando« mit der unvergleichlichen Tilda Swinton.
»Queere Filmwoche«: 11.–17.1., Kinobar Prager Frühling, UT Connewitz
Film der Woche: Der Wald ist Sperrgebiet. Er ist das Reich der »Tiere«. Die einen sagen es mit einer gewissen Ehrfurcht in der Stimme, die weit meisten meinen es allerdings verächtlich. Diese »Tiere« sind nämlich eine unbekannte, neue Spezies. In Schüben werden die Menschen von einer Art Krankheit befallen, die sie in tierähnliche Wesen verwandelt. So wachsen dem einen Vogelflügel und ein Schnabel, während sein Körper noch der eines Mannes ist. In einer Welt, die von einer Welle von Mutationen heimgesucht wird, die einige Menschen nach und nach in Tiere verwandeln, setzt François alles daran, seine Frau zu retten, die von dieser mysteriösen Krankheit betroffen ist. Während die Region von neuartigen Kreaturen bevölkert wird, nimmt er seinen 16-jährigen Sohn Émile mit auf eine Suche, die ihr Leben für immer verändern wird. »Le règne animal« (übersetzt »Das Königreich der Tiere«) eröffnete im vergangenen Jahr die Sektion »Un Certain Regard« in Cannes. Im Herzen dieses außergewöhnlichen Fantasyfilms steckt eine berührende Vater-Sohn-Geschichte, überzeugend gespielt von Romain Duris und Paul Kircher.
»Animalia«: ab 11.1., Passage-Kinos, Regina-Palast, ab 15.2., Schaubühne Lindenfels
Anne, eine elegant und souverän auftretende Anwältin für Familienrecht, lebt gemeinsam mit ihrem älteren Mann Pierre und zwei adoptierten Töchtern in einem schicken Haus im Pariser Umland. Laue Champagnersoirées auf der Terrasse, Reitunterricht für die Mädchen, mit dem Cabriolet durch die Landschaft düsen: Mitten in den bourgeoisen Lebensstil platzt Pierres leiblicher Sohn Théo, der mit 17 Jahren zum Vater zieht. Nach einem holprigen Start findet Anne einen Draht zu ihrem Stiefsohn und fängt prompt eine Affäre mit ihm an. Ausgerechnet sie, die in ihrer Arbeit vergewaltigte und missbrauchte Teenager vor Gericht verteidigt, lässt sich hinreißen mit dem minderjährigen Théo zu schlafen. Wohlstandsverwahrlosung? Weitaus komplexer. »Manchmal wird aus dem Opfer eine Angeklagte«, erklärt Anne noch zu Beginn des Films einer Mandantin. Spätestens als Théo vor seinem Vater zusammenbricht und alles gesteht, zeigt sich, wie gut sie dieses grausame Spiel selbst beherrscht. Anne tut alles, um ihr angenehmes Leben zu verteidigen. Catherine Breillat hat mit »Im letzten Sommer« ein Porträt verfilmt, das schonungslos die Verletzlichkeit, die Lust und die moralischen Abgründe der Protagonistin zeigt – und wie diese Dinge letztlich miteinander in Verbindung stehen. Léa Ducker ist herausragend in der Rolle der ambivalenten Anne, die ihr Wissen um die Manipulierbarkeit ihrer Mitmenschen eiskalt missbraucht.
»Im letzten Sommer«: ab 11.1., Passage-Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
20.000 Arten von Bienen
E 2023, R: Estibaliz Urresola Solaguren, D: Sofía Otero, Patricia López Arnaiz, Ane Gabarain, 125 min
Ein Sommer bei der Familie, geschildert durch die Augen des achtjährigen Coco, der sich sicher ist, im falschen Körper geboren zu sein. Das einfühlsame Drama erhielt bei der Berlinale den Silbernen Bären für die darstellerische Leistung der kleinen Sofía Otero.
Ost-Passage-Theater, 17.01. 20:00 (OmU)
Alle reden übers Wetter
D 2022, R: Annika Pinske, D: Anne Schäfer, Judith Hofmann, Marcel Kohler, 89 min
Die Geschichte einer ostdeutschen Bildungsaufsteigerin zwischen Alltag in der Metropole und Aufwachsen in der Provinz.
Denkmalwerkstatt, 16.01. 18:00 (Cinema Casino, Eintritt frei, um 19:30 Uhr Gespräch mit der Regisseurin)
Alpen
GR 2011, R: Yorgos Lanthimos, D: Angeliki Papoulia, Aris Servetalis, Ariane Labed, Johnny Vekris, 93 min
Vier Menschen aus Athen gründen ein Unternehmen, in dem sie sich selbst vermarkten: Als Ersatzpersonen für Verstorbene, deren Platz sie auf Wunsch der Angehörigen in deren Leben einnehmen. Doch irgendwann läuft die Sache aus dem Ruder.
Passage-Kinos, 15.01. 20:30 (OmU, Retrospektive Yorgos Lanthimos)
Back Home! A Journey through the Rise (and Fall?) of the Capitalocene
D 2022, R: Aleksi Kuesy, 91 min
In der 2-Kanal-Videoinstallation verfolgt Aleksi Kuesy die Entwicklung der politischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Attitüde zum immer präsenter werdenden Thema des Klimawandels, wie wir sie in den letzten 40 Jahren erlebt haben.
Cinémathèque, 12.01. 19:00 (Vernissage mit Filmscreening)
Becoming Giulia
CH 2023, Dok, R: Laura Kaehr, 103 min
Der Schweizer Dokumentarfilm folgt über drei Jahre hinweg einer Prima-Ballerina aus Zürichs Oper.
Passage-Kinos, 14.01. 13:00 (EinBLICK)
Black Block
D 2023, Dok, R: Fred Kowasch, 94 min
Der Dokumentarfilm nähert sich dem Phänomen und dem Mythos »Schwarzer Block« über eine Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten. Der Film berücksichtigt u. a. die Ereignisse des G-20-Gipfels in Hamburg, die Vorgänge am Hambacher Forst und das jüngste Gerichtsverfahren in Dresden sowie die Geschehnisse am sogenannten Tag X in Leipzig.
UT Connewitz, 19.01. 19:00 (Filmpremiere und Gespräch, Nachholtermin)
Eren
TRK 2023, Dok, R: Maria Binder, 95 min
Porträt von Eren Keskin, einer bekannten türkischen Menschenrechtsverteidigerin, die seit mehr als 30 Jahren unerschütterlich für die Grundrechte und den Frieden in der Türkei kämpft.
Cineding, 19.01. 19:00 (mit Gespräch, OmU)
European Outdoor Film Tour
Kurzfilmprogramm mit Outdoor- und Abenteuerdokus.
Cineplex, 13.01. 20:00
Knochen und Namen
D 2023, R: Fabian Stumm, D: Fabian Stumm, Knut Berger, Doreen Fietz, 102 min
Boris und Jonathan sind schon viele Jahre ein Paar. Eines Tages scheint der Wendepunkt ihrer Beziehung gekommen zu sein und sie hinterfragen ihre ganze Partnerschaft.
Passage-Kinos, 18.01. 19:00 (Premiere mit Fabian Stumm und Knut Berger)
La Page Blanche
F 2023, R: Murielle Magellan, D: Sara Giraudeau, Pierre Deladonchamps, Grégoire Ludig, 100 min
Eloïse erwacht auf einer Parkbank in Paris, unfähig, sich daran zu erinnern, wer sie ist. Also macht sie sich an eine Investigation ihres eigenen Lebens. Skurrile Komödie.
Institut Français, 15.01. 19:00 (Eintritt frei, OmeU)
Leere Netze
D/IRN 2023, R: Behrooz Karamizade, D: Hamid Reza Abbasi, Sadaf Asgari, Keyvan Mohammadi, 101 min
Der junge Amir wird in die von Gewalt geprägten Geschäfte der Kaviar-Mafia verwickelt, als er versucht, das Geld für die Hochzeit mit seiner Freundin Narges zusammenzubekommen.
Passage-Kinos, 16.01. 18:30 (Premiere mit Regisseur Behrooz Karamizade)
Permanent Vacation
USA 1980, R: Jim Jarmusch, D: John Lurie, Richard Boes, Frankie Faison, 77 min
Jim Jarmuschs Langfilmdebüt ist ein schräges, lyrisches Porträt New Yorks zu Beginn der Achtziger.
Schaubühne Lindenfels, 17.01. 20:30 (OmU, The Independent Cinema of Jim Jarmusch)
Smashed
USA 2013, R: James Ponsoldt, D: Mary Elizabeth Winstead, Aaron Paul, Nick Offerman, 81 min
Kate will trocken werden, doch ihr ebenfalls alkoholabhängiger Mann Charlie steht ihr dabei im Weg.
Luru-Kino in der Spinnerei, 16.01. 19:00 (mit Gästen, OmU, Rausch & Stigma)
The Long Goodbye
USA 1973, R: Robert Altman
Philip Marlowe (Elliott Gould) bringt seinen Freund Terry Lennox über die Grenze nach Mexiko - und wird kurz darauf als vermeintlicher Fluchthelfer verhaftet, denn Lennox soll seine Frau ermordet haben. Der Versuch, Lennox' Unschuld zu beweisen, wird durch dessen angeblichen Selbstmord nicht eben erleichtert. Und je tiefer Marlowe in das mysteriöse Geschehen eindringt, desto mehr gerät er selbst in Gefahr. Ungewöhnliche, originelle und oft diskutierte Chandler-Verfilmung vom großen Robert Altman.
Cineding, 18.01. 19:00 (This isn’t America. This is LA)