anzeige
anzeige
Kultur

Von Flucht und Fürsorge

Ein Ausblick auf die zehnte Ausgabe des F/Stop-Fotofestivals unter neuer Leitung

  Von Flucht und Fürsorge | Ein Ausblick auf die zehnte Ausgabe des F/Stop-Fotofestivals unter neuer Leitung  Foto: Nils Petersen

Vom 31. Mai bis 16. Juni lädt F/Stop-Festival für Fotografie wieder zum Besuch – schon vorher starten Ausstellungen, eine Gesprächsreihe läuft bereits. Kuratiert wird die Jubiläums-, weil zehnte Ausgabe von dem in Wien lebenden Team Magdalena Stöger und Leon Hösl. Sie wurden vom 2020 gegründeten F/Stop-Beirat ausgewählt, der aus einem fünfköpfigen Team besteht – zu dem beispielsweise Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang-Universität der Künste in Essen, und der vorletzte F/Stop-Kurator Jan Wenzel von Spector Books gehören. 

Stöger und Hösl konzipierten und kuratierten bisher unter anderem in Freiburg im Breisgau die dortige erste Biennale und belebten im Schwarzwald eine ehemalige Pension zu einer sommerlichen Residenz für Künstlerinnen und Künstler.  

Das Konzept der beiden für Leipzig lautet nun: »Flucht in die Öffentlichkeit« und »wird Handlungen an der Schwelle von individueller Fürsorge und politischer Wirksamkeit eine Plattform geben und mittels der Medien Fotografie und Film das Verhältnis von Sichtbarkeit und Widerständigkeit aus historischer und zeitgenössischer Perspektive befragen«. Dabei soll »aktivistische Praxis ins Bild gesetzt« werden, ausgegangen von Erinnerungsbildern und archivarischen Praktiken. Ziel des Festivals sei es, mit »Ausstellungen und einem breiten Rahmenprogramm die virulente Debatte zur Fürsorge als alternative Form kollektiver Solidarität auf die Bereiche Bilderzeugung, Öffentlichkeit und Aktivismus zu übertragen und damit einen Blick auf die Potentiale und Wirkungsbereiche von Fürsorgepraktiken zu werfen«. 

Alle beteiligten Künstlerinnen und Künstler – die erst im März der Öffentlichkeit vorgestellt werden – verwenden »fotografische und filmische Mittel, um die Widersprüchlichkeit institutioneller Fürsorge aufzuzeigen und nach Wegen zu suchen, um ein neues und radikales Verständnis von Fürsorge zu entwickeln«. 

Das Konzept klingt sehr angestrengt zeitgeistfördermittelkonform und etwas oberlehrerhaft. Passt aber zum Jahresthema »Radikale Fürsorge« vom Lindenauer Kunstraum D21, der das F/Stop-Festival seit 2021 trägt und von der Stadt durch institutionelle Förderung 124.480 Euro im Jahr 2023 erhielt. 

Bereits im November hat die Online-Gesprächsreihe F/Stop-Talk begonnen, die Künstlerinnen und Künstler sowie Projektinitiativen vorstellt. Als Erste sprach Gabriele Stötzer zu »Bewegung im geschlossenen Raum« – unter anderem zu ihren Performances in der DDR. Am 19. Januar wird der 1984 in Istanbul geborene Fotograf Aykan Safoğlu aus Wien zu Gast sein und über seine fotografische Haltung sprechen.  

In Vorbereitung zum Festival entwickelt das Kuratorium gemeinsam mit der Klasse für Fotografie von Heidi Specker sowie der Klasse für Fotografie im Feld der zeitgenössischen Kunst von Michael Franz an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Beiträge.  

Ebenfalls vor dem Start Ende Mai beginnt der Residenz-Aufenthalt der niederländischen Fotografin Oxiea Villamonte, den das niederländische Konsulat und der Mondriaan-Fonds anlässlich des Buchmesse-Gastlandauftritts der Niederlande und Flanderns finanziert: Villamonte wird von Februar bis April bei LIA, dem Leipzig International Art Programme mit Sitz auf der Spinnerei, zu Gast sein. Während der Buchmesse findet zudem im Grassi-Museum für Angewandte Kunst wieder die Fotobuchmesse statt. Auch hier ist F/Stop dabei, denn zwischen dem perspektivisch wieder im Zweijahresrhythmus geplanten Festival organisiert D21 in Person von Sandra Plessing auch das Format Fotoszene Leipzig: Hierbei treffen sich lokale Akteurinnen und Akteure aus dem Fotogeschehen, besuchen gemeinsam Ausstellungen und Ateliers. Ein Aufruf zu Beginn des Jahres widmet sich diesen lokalen Positionen, um sie auch in das Festivalprogramm einzubeziehen. 

Das eigentliche Festival bespielt dann die Innenstadt, denn das Kuratorium will »raus aus der Kunstblase« und rein in die gesellschaftliche Wirklichkeit, so das Orgateam vom D21. Dafür steht der bewusste Weggang vom Spinnereigelände, wo sowohl 2007 die erste als auch seit 2012 die letzten Ausgaben stattfanden. In der Innenstadt soll ein Ausstellungsparcours möglichst viele Menschen erreichen. Künstlerische Positionen zu den oben genannten Inhalten von Fürsorge, Flucht und Öffentlichkeit bespielen dann Räume und öffentliche Plätze in Kooperation mit Institutionen wie dem Museum der bildenden Künste oder der Galerie für Zeitgenössische Kunst.  

Zudem wird es wieder das bewährte System mit Satellitenausstellungen im Stadtgebiet geben, die jenseits des offiziellen Themas fotografische Positionen vorstellen werden. 

 

> F/Stop-Talk mit Aykan Safoğlu, 19.1., 19 Uhr, D21 und online 

> Prolog-Ausstellung »Kritische Gruppen«: D21, 4.4.–10.6. 

> F/Stop »Flucht in die Öffentlichkeit«: 31.5.–16.6., Innenstadt, Symposium 7./8.6. 

> www.f-stop-leipzig.de 


Kommentieren


0 Kommentar(e)