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Kultur

Digitales Requiem

»Goldie« zeigt Erinnerungen an eine toxische Liebe

  Digitales Requiem | »Goldie« zeigt Erinnerungen an eine toxische Liebe  Foto: Rolf Arnold

In den dunklen Monaten steigt die Gefahr, die giftige Nostalgiepille zu nehmen und sich lustvoll in diese eine Beziehung zurückzuträumen, die eigentlich furchtbar war. In »Goldie« von Emre Akal bezahlt die Hauptprotagonistin (Alina-Katharin Heipe) sogar Geld dafür, um mittels virtueller Realität und künstlicher Intelligenz toxische Momente zurückzuholen. 

Das Bühnenbild ist innovativ: eine Leinwand, auf der der Erinnerungsfilm in animierter Form abläuft, und dahinter grün gekleidete Avatare (Wenzel Banneyer, Nicole Widera), die den Film einsprechen und jede Bewegung nachvollziehen. Im Zentrum steht die einsame Hauptprotagonistin mit ihrer VR-Brille. Und: Ihr Hamster Goldie (Niklas Wetzel) kommentiert das Geschehen ironisch. Schauspielerisch überzeugt die Inszenierung, gerade Goldie sorgt immer wieder für Lachflashs im Publikum, was der traurigen Thematik des Stücks guttut. 

Der Beziehungsplot ist simpel: Der Ex der Hauptprotagonistin ist ein egomanischer Schriftsteller, der im Schreiben vor allem Anerkennung sucht. Und sie meint, dass sie für ihn da sein, seine Stimmungsschwankungen ertragen und seinen Monologen liebevoll zuhören muss. Im Grunde ist es ein Stück über das Sinnlosigkeitsgefühl privilegierter Existenzen, das dann in toxisches Verhalten umschlägt. Und darüber, dass wir uns ja doch nie eindeutig an Dinge erinnern und es auch in ungesunden Beziehungen unschöne Dinge gab, durch die wir gelernt haben. Allerdings werden diese Themen eher aufgezeigt als bearbeitet. 

Wenn der Ex am Ende zu dem Schluss kommt, nicht immer er selbst sein zu können in einer Beziehung – wobei es sich vermutlich um eine Wunschfantasie seiner sich erinnernden Partnerin handelt –, überzeugt das begrenzt. Andererseits ist sich Emre Akal der belehrenden Tendenzen solcher Einlassungen bewusst und lässt seine Figuren eine Art poetische Fremdsprache sprechen, in der beide ihre Sätze gegenseitig vervollständigen. Ein Hinweis darauf, dass der Ex auch ein Teil des Bewusstseins seiner sich erinnernden Exfreundin ist. Weil sich die beiden vielleicht einfach eine Scheibe voneinander hätten abschneiden müssen. Warum das nicht gelungen ist, bleibt offen. 


> »Goldie«: 20.1., 1.2., 24.2., 20 Uhr, Diskothek/Schauspielhaus 

> Theaterredakteur Tobias Prüwer hat sich die Besonderheiten des Theaterstück angesehen. Den Artikel gibt es hier.


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