Rund 50 Personen versammelten sich am vergangenen Donnerstag vor einem Hausprojekt im Leipziger Westen, um auf die Begehung durch einen Schornsteinfeger aufmerksam zu machen. Dieser war am 11. Januar 2016 am Angriff auf Connewitz beteiligt und wurde dafür zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Teilnehmer Max berichtet über die Versuche, die Feuerstättenschau zu verhindern.
Warum stehen Sie heute hier?
Weil unser Hausprojekt eine Duldungsverfügung von der Stadt Leipzig erhalten hat. Darin wurde angedroht, dass die Feuerstättenschau durch den Bezirksschornsteinfeger Christian S. heute notfalls auch mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt wird. Christian S. war 2016 beim Angriff auf Connewitz beteiligt, und wir wollen das nicht kommentarlos hinnehmen. Wir möchten den Besuch kritisch begleiten, da es für uns unerträglich ist, dass eine Person mit Verbindungen zu rechter Gewalt in linken Hausprojekten agieren kann.
Wie haben Sie versucht, sich dagegen zu wehren?
Zuerst kontaktierten wir die Landesdirektion Sachsen, die für die Berufung von Schornsteinfegern zuständig ist. Gemeinsam mit anderen Projekten haben wir unser Anliegen vorgetragen. Nach wenig Verständnis seitens der Landesdirektion haben wir einen Antrag zur Besorgung der Befangenheit eingereicht. Die Gefahrenabwehr der Stadt Leipzig hat diesen geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass unsere Sorgen unbegründet sind. Auch ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht wurde abgelehnt. Nun beugen wir uns der Begehung, auch um weitere Kosten abzuwenden – allerdings unter dem heutigen Protest.
Wie ist Ihr Eindruck vom Schornsteinfeger?
Abgesehen von seiner szenetypischen Frisur scheint er freundlich zu sein. Es besteht jedoch die Gefahr, dass seine angenehme Persönlichkeit dazu führt, dass er sich unbemerkt in linken Projekten bewegt. Tatsächlich wurde in der Vergangenheit schon in anderen Häusern entspannt mit ihm geplaudert. Es gibt zwar keine aktuellen Erkenntnisse über seine Verbindungen zur rechten Szene, aber auch keinen öffentlich wahrnehmbaren Bruch mit seinem rechtsradikalen Umfeld. Deshalb betrachten wir ihn weiterhin als potenzielle Gefahr. Als Bezirksschornsteinfeger muss er im Rahmen der Feuerstättenschau jeden privaten Raum mit Ofen oder aktivem Schornstein betreten und hat dadurch Einblick in das private Umfeld von Menschen, die potenziell Zielscheibe von rechter Gewalt werden können. Selbst wenn er diesen Einblick nicht mit der rechten Szene teilt, geht sein Betreten der Räume für die Betroffenen mit einem subjektiven Verlust von Sicherheit in ihren Privaträumen einher.
In manchen Regionen werden Schornsteinfeger als Glücksbringer angesehen. Man soll ihren goldenen Knopf berühren, ihnen die Hand schütteln oder einen Wunsch äußern – was ist Ihr Wunsch?
Die Aufklärung von Connewitz hinkt auch acht Jahre nach dem Überfall noch hinterher. Wir verstehen den Protest auch als solidarischen Akt mit denen, die 2016 vom Angriff auf Connewitz betroffen waren. Gleichzeitig wollen wir im Kiez darauf aufmerksam machen, damit Leute selbst entscheiden können, wie sie mit der Situation umgehen.
Nach getaner Arbeit wollte sich Christian gegenüber dem kreuzer nicht zu der Aktion »Kein Zutritt für Nazi-Schläger« äußern.