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Kultur

Von wegen »digital ist besser«

Das Leipziger Tape-Label All My Ghosts feiert fünfjähriges Bestehen

  Von wegen »digital ist besser« | Das Leipziger Tape-Label All My Ghosts feiert fünfjähriges Bestehen  Foto: Nikolas Fabian Kammerer

Seit nun mehr als fünf Jahren bereichert das Label All My Ghosts die Leipziger Musiklandschaft. Nils Schäfer – selbst Musiker (Celsius Panda), zudem DJ, Veranstalter und Journalist – gründete das nischige Label einst, um Musik zwischen Dream-Pop, Shoegaze, Noise-Rock, Jazz und Ambient zu veröffentlichen, die viel zu groß für nur eine Genre-Schublade ist.

Im Gespräch mit dem kreuzer erläutert Schäfer, dass die Wahl des Namens zwar eher eine spontane Entscheidung gewesen sei, aber die Idee sich dann doch schnell konkretisierte, nämlich »dass das Label erst mal eine Plattform für mich und meine Freunde ist und dann mit der Zeit ein weiteres Umfeld anlockt. Es sollte eine Community entstehen, die Musik veröffentlicht.« Und diesem Anspruch geht Schäfer unermüdlich nach. Er unterstützt insbesondere lokale Musikerinnen und Musiker, greift für deren Veröffentlichungen auf Kassetten zurück: »Ich habe die Möglichkeit, schnell und kostengünstig etwas herzustellen. Tape ist für mich ein Medium, das in meinem Leben schon immer präsent war. Seit ich Teenager war, waren die Kassetten nie weg. Außerdem ist es schöner, wenn nach Konzerten auch Tapes daliegen, also man auch etwas Physisches mitnehmen kann von der Musik, die man so schätzt.«

Auch digital werden die Werke veröffentlicht. Leicht resigniert stellt er dahingehend aber fest: »Digital wird die Musik kaum gekauft. Streaming ist zwar das Hauptding und sehr wichtig für die Künstler, denn es ist eine Möglichkeit, in Playlisten zu landen und neue Hörer zu gewinnen – aber es ist die kleinste Einnahmequelle. Es ist eigentlich ein Witz!« An die Releases sind viele Aufgaben geknüpft: Der Labelbetreiber erzählt, dass er erst Schritt für Schritt herausfinde, welche und wie viele Herausforderungen hinter dem Begriff »Label« stecken. So ambitioniert wie entdeckungsfreudig geht Schäfer dabei vor und sein Schaffen bewährt sich über die Zeit. Sein Label-Jubiläum nimmt er zum Anlass, um auf allerlei für ihn großartige Momente zurückzublicken: So schätzt er etwa die Zusammenarbeit mit Franziska Kempiak besonders. Die Künstlerin arbeitet unter dem Namen Iska Kaek als Grafikdesignerin und gestaltet auch für All My Ghosts die Designs, Cover und Poster – sie hilft auch beim Basteln der Kassetten-Hüllen. Schäfer ergänzt: »Ein persönliches Highlight war zudem, dass ich die Band Twins in Colour kennengelernt habe, weil wir gute Freunde geworden sind. Die persönliche Verbindung mit den Musikerinnen und Musikern ist mir generell sehr wichtig.« Stets habe er die vorherigen Demos bis zum Release bewusst nicht gehört, um der offiziellen Veröffentlichung wie ein Fan entgegenzufiebern. »Dann habe ich mir ihr Album angehört und es hat mich total abgeholt.«

Schäfer schwärmt auch vom ersten Ghost-Fest – seit 2019 veranstaltet er das Festival an verschiedenen Orten. Für dessen Line-up schöpft er – nicht ausschließlich – aus dem Repertoire seines Labels. Obgleich ihn und das Team die Organisation und Umsetzung allerhand Mühen kosteten – insbesondere ab 2020 mit der besonderen Herausforderung, die jeweiligen Regeln während der Corona-Pandemie zu beachten und eine sichere Umgebung für Acts und Publikum zu bieten –, blickt Schäfer glücklich auf die Festivals und die positive Resonanz darauf zurück: »Ich schätze die spannende, vielseitige und offene Leipziger Musikszene.«

Da ein Jubiläum nicht nur zu Rück-, sondern auch zu Ausblicken einlädt, denkt Schäfer gleichwohl über die nächsten fünf Jahre nach: »Alles bleibt sehr spontan. Es werden noch viele Releases folgen, zum Beispiel von Elfyn, Twins in Colour und Gregor Dys. Und das nächste Ghost-Fest steht natürlich an.« Darüber hinaus gibt es anlässlich des Label-Jubiläums auch die jüngst veröffentlichte Kompilation »5 Years All My Ghosts«, auf der auch die Gitarren von Twins in Colour raunen und Amore Enterprise mit quirligen Rhythmen treiben – um nur zwei Beispiele zu nennen. Wenn das kein vielversprechender Ausblick auf die nächsten fünf Jahre ist. CLAUDIA HELMERT

> Mehr Infos unter www.allmyghosts.de


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