Film der Woche: Eine Kleinstadt an der ostchinesischen Küste im Jahre 1995 – Die Zeitangabe, die Wei Shujun seinem Thriller »Only the River Flows« voranstellt und die sich deutlich in der grobkörnigen VHS-Optik widerspiegelt, ist wichtig. Als der Mord an einer älteren Frau geschieht, hat Detective Ma Zhe keine Computer-Datenbank zur Verfügung. Die Ermittlungen sind Handarbeit. Mit seinem Team bezieht er ein leerstehendes Kino und richtet sich ein Büro in der Vorführerkabine ein. Ein Verdächtiger ist schnell gefunden: Die alte Frau hatte einen geistig Behinderten bei sich aufgenommen. Der bleibt verschwunden. Dafür tauchen weitere Verdächtige auf und auch weitere Opfer. Ma Zhe, der selbst bald Vater wird, verliert sich zunehmend in dem Fall, den seine Vorgesetzten am liebsten schnell zu den Akten legen würden. Alles läuft ein wenig langsamer in Wei Shujun Cannes-Beitrag. So werden potentielle Mordwaffen an Schweinehälften ausprobiert und auf einer Kassette, die bei dem Mordopfer gefunden wird, ist ein Zug zu hören, den es zu ermitteln gilt. Shujun inszenierte die Romanvorlage von Yu Hua mit Anleihen an den Film Noir. Sein ambivalenter Held verfolgt einen Schatten durch die Gassen der Kleinstadt, während der endlose Regen über die Provinz schüttet. Zwischen den Zeilen erzählt »Only the River Flows« dabei viel über den chinesischen Polizeiapparat, über versteckte Identitäten und verbotene Liebschaften. LARS TUNÇAY
»Only the River Flows«: ab 22.2. Passage-Kinos, ab 29.2. Luru Kino in der Spinnerei
Eigentlich wollte Tammi (Elisabeth Bellé) ja nach Formentera. Das hatte sie ihren Followern versprochen und sich auf die nächsten Wochen mit Sonne, Strand und Poolpartys gefreut. Doch stattdessen muss sie mit ihrer Mutter (Sophie Lutz) zur Beerdigung ihres Opas Jackel (Peter Kurth) irgendwo in der Provinz. Dabei kannte sie ihn überhaupt nicht. Jetzt sitzt sie fest im Funkloch auf Jackels altem Rummelplatz und als es dann noch zu spuken beginnt, ist Tammi endgültig entnervt. Durch einen Blitzeinschlag erwachen nämlich die drei Figuren der Geisterbahn zum Leben und jetzt verfolgen Hexe (Anna Schudt), Riese (Moritz Führmann) und Rumpelstilzchen (David Bennent) die Teenagerin und treiben überall ihren Schabernack. Sie schalten das Riesenrad in den Turbogang, bringen den Campingwagen zum Fliegen und führen die Polizisten aus dem Dorf an der Nase herum. Notgedrungen macht sich Tammi daran, die Geister mit der Hilfe von Cousin Umbo (Noèl Gabriel Kipp) und Cousine Keks (Lale Andrä) zu bändigen und den Rummel zu retten und damit sogar noch Follower zu sammeln.
Mit viel Tempo, Witz und tollen Effekten verpasst Thomas Stuber dem DDR-Fernseh-Klassiker mehr als 40 Jahre später einen frischen Anstrich. Die Schauspieler haben dabei viel Spaß am Chaos auf dem Rummel und die Gesangseinlagen der Geister sorgen für Schwung. Besonders toll sind die drei Kinderdarsteller, die hier teilweise zum ersten Mal vor der Kamera standen. Das Punktepony mit der abstehenden Mähne hat die besten Lacher und der Titelsong bleibt noch lange im Ohr.
»Spuk unterm Riesenrad«: Passage-Kinos, Regina-Palast, CineStar, Cineplex, Schauburg, Kinobar Prager Frühling
»Langer« und »Locke« schrubben sich nach der Schicht unter Tage ihren Dreck vom Rücken. Eine Szene, die symbolisch für die Härte ihres Jobs und den Zusammenhalt der Bergleute steht. Ihre teils jahrzehntelange Arbeit im Kohleabbau geht dem Ende zu. Das reißt große Fragen auf: Was kommt jetzt? Wer bin ich wirklich? Und bleiben wir Kumpel? Der Dokumentarfilm zeigt fünf teils sehr unterschiedliche (Ex-)Bergmänner und schneidet eine Vielzahl von Themen wie Geschlechtlichkeit, Generationenkonflikte, Herkunft und Sinn an. Die Kumpels »Locke« und »Langer« gehen trotz unterschiedlicher Work-Life-Ansichten auf gemeinsame Wohnwagentour. Transfrau Martina, deutschlandweit die einzige Frau im Steinkohlebergbau, hat sich vor ihrem Outing jahrelang verstellt und zugedröhnt. Jetzt sieht man sie bei Stimmübungen und auf Partnerinsuche. Der Tamile »Kiri« hat in rund 21 Jahren in Deutschland eine Vorzeige-Karriere hingelegt, rätselt aber über seine wahre Heimat. Thomas wohnt noch bei seiner Mutter und wirkt ohne seine alte Aufgabe verloren. Bei manchen der Charaktere erkennt man die tiefen Gräben, die sie überwunden haben – oder ahnt, welche noch vor ihnen liegen. Mit ruhigen Tönen und prägenden Bildern offenbart »Wir waren Kumpels« mehr als den Abgesang auf eine sterbende Branche, sondern ein vielschichtiges Panorama von Lebensentwürfen, die vor einem (weiteren) Bruch stehen. MARKUS GÄRTNER
»Wir waren Kumpel«: Passage-Kinos, 27.02. 18:30 (Premiere in Anwesenheit der Regisseure Christian Johannes Koch und Jonas Matauschek), Cineding, 14.–16., 22./23.3.
Weitere Filmtermine der Woche
Shorts Attack: Sex & Wahnsinn
6 Filme voll Sex & Wahnsinn in 90 Minuten.
UT Connewitz, 23.02. 20:00
Dark-Knight-Trilogie
USA 2005-12, R: Christopher Nolan, D: Christian Bale, Michael Caine, Gary Oldman, 460 min
Christopher Nolans herausragende Batman-Trilogie ist nicht nur für Comic-Fans ein Fest.
Cinestar, 24.02. 16:30
Demon Slayer: Kimetsu No Yaiba – Zum Training der Säulen
J 2024, R: Haruo Sotozaki, 116 min
Regina-Palast, 27.02. 18:00 (Anime Special, OmU), 19:00 (Anime Special, OmeU), 20:15 (Anime Special, OmU)
Die Anime-Reihe geht in eine neue Runde.
Cinestar, 27.02. 17:00 (Anime Special, OmU), 20:00 (Anime Special, OmU)
Cineplex, 27.02. 18:00 (Anime-Night, OmU), 20:00 (Anime-Night, OmU)
Der Mann, der nie im All war
D 2023, Dok, R: Tom Lemke, 94 min
Der Leipziger Regisseur Tom Lemke begleitet Tasilo aus Mittweida, der für die weltgrößte Sammlung von Raumfahrt-Objekten im Guinness-Buch der Rekorde steht.
Schaubühne Lindenfels, 27.02. 19:00 (Filmgespräch mit Regisseur und Gästen)
The Killing of a Sacred Deer
GB/IRL 2017, R: Yorgos Lanthimos, D: Colin Farrell, Nicole Kidman, Barry Keoghan, 121 min
Weshalb Stephen Murphy (Colin Farrell) sich mit dem stillen Martin (Barry Keoghan) trifft und ihn auch mit seiner Familie bekannt macht, bleibt eine Weile diffus. Irgendwann wird jedoch klar, dass der Herzchirurg sich für den 16-Jährigen verantwortlich fühlt, weil dessen Vater bei einer von ihm durchgeführten OP verstorben ist. Wie schon in seiner surrealen Satire »The Lobster« unterwandert Regisseur Yorgos Lanthimos erneut die Sehgewohnheiten seiner Zuschauer.
Luru-Kino in der Spinnerei, 28.02. 21:00 (OmU)
Down by Law
USA/D 1986, R: Jim Jarmusch, D: Tom Waits, Roberto Benigni, John Lurie, 106 min
Der Ausbruch und die sich anschließende Odyssee dreier völlig unterschiedlicher Häftlinge durch die Sümpfe Louisianas, in deren Verlauf sie enger aneinandergeschweißt werden, als sie es sich hätten vorstellen können. Großartig gespielte, so intelligente wie warmherzige Komödie von Jim Jarmusch.
Schaubühne Lindenfels, 25.02. 21:45 (OmU)
Dune-Doublefeature
USA 2021/24, R: Denis Villeneuve, D: Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Zendaya, 322 min
Beide Teile der epischen Science-Fiction-Romanadaption am Stück.
Passage-Kinos, 28.02. 18:30 (OmU)
Existenz
CDN/GB, R: David Cronenberg, D: Jude Law, Ian Holm, Jennifer Jason Leigh, 97 min
Herausragender Horrorthriller von David Cronenberg, der hier über die zunehmende Verschränkung von Virtualität und realer Lebenswelt reflektiert.
Passage-Kinos, 26.02. 20:00 (mit Einführung und Gespräch, Passagen-Werke, OmU)
Ich bin dein Mensch
D 2021, R: Maria Schrader, D: Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, 108 min
Basierend auf der Erzählung von Emma Braslavsky, inszenierte Maria Schrader die Annäherung einer Frau zu einem Partnerschafts-Roboter.
Zeitgeschichtliches Forum, 27.02. 19:00 (Filmvorführung und anschl. Diskussionsrunde, Leipziger Wissenschaftskino)
Klute
USA 1971, R: Alan J. Pakula, D: Donald Sutherland, Jane Fonda, Roy Scheider, 114 min
Landei-Cop John Klute (Donald Sutherland) sucht im New Yorker Rotlichtmilieu nach einem verschwundenen Freund und gerät dabei an ein Callgirl (Jane Fonda), das von einem Killer verfolgt wird.
Luru-Kino in der Spinnerei, 28.02. 19:00
Liuben
E/BG 2023, R: Venci Kostov, D: Bojidar Iankov Asenov, Dimitar Banenkin, David de Gea, 109 min
Victor kehrt nach Hause zurück, um seinen Großvater zu beerdigen, und beschließt, den Sommer über zu bleiben, als die Liebe zuschlägt.
Passage-Kinos, 28.02. 20:30 (OmU, QueerBLICK)
Neptune Frost
RWA/F/CAN/GB/USA 2021, R: Anisia Uzeyman, Saul Williams, D: Cheryl Isheja, Bertrand Ninteretse, Eliane Umuhire, 105 min
Diese afro-futuristische Vision, eine Mischung aus Science-Fiction-Parabel, punkigem Kostüm-Musical und einer exzentrischen Romanze mit queerem Twist, führt uns in den bergigen Dschungel von Ruanda, wo ein Hacker-Kollektiv versucht, ein autoritäres Regime zu stürzen.
Ost-Passage-Theater, 28.02. 20:00 (Black Cinema, OmU)
Schalom neues Deutschland – Juden in der DDR
D 2018, Dok, R: Tom Franke
Das ambivalente Verhältnis zwischen den ostdeutschen Juden und dem Staat DDR zeigt die Dokumentation durch die persönlichen Erfahrungen jüdischer DDR-Bürger auf.
Denkmalwerkstatt, 27.02. 16:00
Oppenheimer
GB/USA 2023, R: Christopher Nolan, D: Cillian Murphy, Emily Blunt, Matt Damon, 180 min
Christopher Nolan porträtiert J. Robert Oppenheimer und seinen Weg zur Atombombe.
Passage-Kinos, 24.02. 17:30
Past Lives
USA 2022, R: Celine Song, D: Greta Lee, Yoo Teo, John Magaro, 106 min
In ihrem autobiografisch geprägten Regiedebüt erzählt Celine Song eine universelle Geschichte über Migration, die von lebensnahen Figuren zum Leben erweckt und von einem wundervollen Darstellerensemble getragen wird.
Passage-Kinos, 22.02. 20:30 (OmU)