Rastlos und schön sind nicht nur die Zeilen, sondern auch die Musik von Nils Keppel. Der Künstler schwimmt auf der Neuen Neuen Deutschen Welle, ein Genre-Revival, dass sich Elementen der Neuen Deutschen Welle bedient: Damals wie heute eint die Künstlerinnen und Künstler die Verwendung deutscher Texte und zumeist kantige Rhythmen. Seit seiner ersten Veröffentlichung »Drowning« aus dem Jahr 2019 bleibt der junge Musiker ungehalten zwischen Noise, Punk, Synth Pop. Im Gespräch mit dem kreuzer erzählt er von seiner Wahlheimat Leipzig, Genreschubladen und seiner neuen EP »Die Heile Welt«.
Ihre Songs werden zumeist der Neuen Neuen Deutschen Welle (NNDW) zugeordnet. Würden Sie Ihre Musik selbst dem Genre zuordnen?
Für mich war die Neue Neue Deutsche Welle immer eine Bubble von Leuten, die aus Stuttgart kamen, die in gleichen Venues herumlungerten. Alle kennen sich untereinander, es fühlt sich wie ein großer Freundeskreis an. Mit dem vermeintlichen Genrebegriff gab es dann plötzlich Licht auf ein paar Künstlerinnen und Künstler, die mit diesem Sound angefangen haben – ich finde aber, dass die Musikerinnen und Musiker alle sehr unterschiedlich klingen. Bei mir gibt es auch Shoegaze-Lieder, poppigere wie auch punkigere Songs.
Haben Sie sich auch mit der Neuen Deutschen Welle (NDW) der 80er auseinandergesetzt?
Mit gebrannten NDW-CDs meiner Eltern. Darauf waren Songs von Nena, Ideal, Grauzone – die habe ich als Kind immer gehört. Ich habe die Rollos heruntergemacht, die Diskokugel genommen und die CDs abgespielt.
Haben Sie Bands oder Songs aus der Zeit, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
»Berlin« von Ideal habe ich als Kind sehr viel gehört. Es gab ein paar Nena-Songs, die ich mochte, aber auch »Das Model« von Kraftwerk und »Eisbär« von Grauzone fand ich witzig. Mit der Vorstellung ein Eisbär zu sein, konnte ich mich voll identifizieren.
Was können die NNDW Künstler dem NDW Vibe hinzufügen?
Ich finde NNDW gar nicht interessanter als NDW. Ich glaube, damals gab es viel mehr Neues. Heute sehe ich in den Charts sehr viel Hiphop, der teilweise auch in Pop übergeht. NNDW bietet eine super Alternative dazu und ist viel zugänglicher als die frühere Dark Wave Szene.
In einem Interview sagten Sie, Musikvideos seien ein wichtiger Teil Ihrer Kunstperson. Warum ist das so?
Musikvideos eröffnen die Chance, eine Geschichte in dem Lied zu sehen. Außerdem mag ich die Möglichkeit, mich zu inszenieren.
Was macht denn Ihre Kunstperson aus?
Ich habe keinen Künstlernamen und arbeite unter meinem richtigen Namen. Nicht das Schlauste, denn hätte ich mich für Künstlernamen entschieden, könnte ich mich verkleiden und eine neue Person erschaffen – ganz ähnlich wie Ziggy Stardust. Dann wird klar: Es ist eine Performance. Auf der Bühne oder auf Instagram ist weniger Distanz zu den Inhalten – auch weil es unter meinem Namen passiert. Aber es fällt mir leichter, ich selbst zu sein. Ich hoffe einfach, dass ich einigermaßen dezent und sympathisch wirke.
Ihre neue EP heißt »Die Heile Welt« – was steckt hinter diesem Versprechen?
In dem Song »Die Heile Welt« geht es darum, dass einem immer von außen zugetragen wird, dass alles gut wird. Besonders als Heranwachsender bemerkt man dann, dass etablierten Strukturen schwierig sein können. Dann wird gesagt: Alles ist gut, das ist die heile Welt. Man bekommt so ein verzerrtes Bild an die Hand, mit dem man sich zufriedengeben muss. Die heile Welt ist für mich das Ausbrechen. Es ist die Hoffnung, dass noch irgendetwas kommt. Träume, Sehnsuchtsorte, Wünsche, eine Flucht ohne Ziel, das sind die Themen der EP.
> Die EP erscheint am 5. März
> Tourdaten von Nils Keppel gibt es hier.