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Kultur

Kurz und gut

Die Kinostarts der Woche

  Kurz und gut | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill

Die große Kunst des kurzen Films steht im April wieder im Rampenlicht der Schaubühne Lindenfels. Fünf Tage lang ist das Beste zu erleben, was die mitteldeutsche Kurfilmszene zu bieten hat. Daneben gibt es Workshops zum Weiterbilden, Panels zum Netzwerken, aktuelle VR- und XR-Projekte zu, Staunen und einen Blick über die Landesgrenzen nach Griechenland, das in diesem Jahr beim Kurzsuechtig zu Gast ist. Das umfangreiche Programm gibt’s unter kurzsuechtig.de

3.-7.4. Kurzsuechtig (Schaubühne)


Film der Woche: Nicholas Winton (Sir Anthony Hopkins), ein distinguierter Engländer, verbringt seinen Lebensabend recht unaufgeregt. Seine Frau Grete (Lena Olin) nötigt ihn immer wieder dazu, sein altes Arbeitszimmers aufräumen. Als er sich überwindet, stößt er auf eine alte Aktentasche mit Fotos aus der Vergangenheit. In der Erinnerung reist er nach Prag ins Jahr 1938. Tausende Juden aus Deutschland und Österreich waren vor den Nazis hier her geflüchtet. Nicholas (Johnny Flynn) hörte davon und reiste in die tschechische Hauptstadt, um zu helfen. Vor Ort ist er erschüttert von den Zuständen und schließt sich dem Komitee von Doreen Warriner (Romola Garai) an, um etwas für die Menschen zu tun. So gelingt es ihnen mit Hilfe seiner Mutter Babette (Helena Bonham Carter), viele hunderte Kinder nach Großbritannien zu evakuieren. Doch der Einmarsch der Wehrmacht steht bevor und Nicholas hadert mit jedem einzelnen Leben, das sie nicht retten können.

In seinem grundsoliden Biopic erzählt Regisseur James Hawes („Black Mirror“) die wahre Geschichte eines aufrechten Mannes, der ungern über die Vergangenheit sprach. Winton machte einfach, was er für richtig hielt und betätigte sich auch im Alter noch gemeinnützig, wofür er mit dem Order of the British Empire geehrt wurde. Erst Jahre später kamen seine Taten ans Licht der Öffentlichkeit. Als britischer Oskar Schindler wollte er jedoch nie bezeichnet werden. In einem emotionalen Finale mit den erwachsenen „Kindern von Winton“ unterstreicht Regisseur Hawes, wie wichtig jedes einzelne gerettete Leben ist. Das lässt keinen Kinogänger unberührt und gleitet dank der konzentrierten Leistung des zweifachen Oscarpreisträgers Sir Anthony Hopkins nicht in billige Gefühlsduselei ab. Eine kompetent inszenierte Lehrstunde in Geschichte, die in der aktuellen Stimmung zusätzliche Gravitas trägt.

»One Life«: ab 28.3., Passage-Kinos, Regina-Palast


Hauen Trolle in den Sozialen Medien heute ihre Kommentare im Akkord raus, war das in den 1920er Jahren noch etwas aufwändiger. Edith Swan (Olivia Colman), eine konservative Hausfrau mittleren Alters, findet eines Morgens einen anonymen Brief mit Hasstiraden im Briefkasten des Hauses im englischen Littlehampton, das sie mit ihren Eltern bewohnt. Die anzügliche Botschaft sorgt für einen Eklat in dem frommen Haushalt, zumal es nicht bei einem Brief bleibt. Die vermeintliche Verfasserin ist schnell gefunden: Die junge Mutter Rose Gooding (Jessie Buckley) ist erst vor Kurzem aus Irland in die verschlafene Küstenstadt gezogen und führt ein freizügiges Leben ohne feste Partnerschaft. Insgeheim bewundert Edith sie darum, doch die Briefe reißen nicht ab und obwohl Rose die Taten abstreitet, wird die Nachbarschaft immer unbehaglicher. Nur die Polizistin Gladys Moss (Anjana Vasan) ahnt, dass da etwas nicht stimmt. Die Kleinstadtposse, die Regisseurin Thea Sharrock („Ein ganzes halbes Jahr“) hier erzählt, basiert tatsächlich auf einer wahren Begebenheit. Die Ermittlungen, wer für die zahlreichen Briefe, die bald das gesamte County beschäftigen, verantwortlich ist, gestaltet Sharrock höchst vergnüglich. Oscarpreisträgerin Olivia Colman und ihre Leinwandpartnerin Jessie Buckley haben sichtlich Spaß daran, nach Herzenslust zu fluchen. Mit der Figur der Gladys als erste Polizistin in der Kleinstadt, wird nebenbei ein charmanter Kommentar zur chauvinistischen Polizeiarbeit geliefert, der auch heute noch Bestand hat.

»Kleine schmutzige Briefe«:  ab 28.3., Passage-Kinos, Regina-Palast


Die Schülerinnen und Schüler des Elite-Internats sind begeistert, als die junge Lehrerin Miss Novak (Mia Wasikowska) an ihre Schule kommt. Ihr Ansatz einer neuen Ernährungslehre findet bei den jungen Menschen Anklang, umfasst sie doch Selbstfürsorge, Gesundheit und Umweltbewusstsein. Ihr Ansatz: Der Verzicht auf Nahrung ist gut für Körper und Klima. Die Begeisterung für die Lehre von Miss Novak steigert sich in der Dynamik der Gruppe und der Ernährungskult nimmt allmählich faschistoide Züge an. Die Eltern schauen hilflos dabei zu, wie sich ihre Kinder immer mehr abkapseln.

Die junge Pädagogin lehrt „Bewusstes Essen“ und löst damit einen Trend aus, der in Zeiten der Social-Media-befeuerten Selbstoptimierung gar nicht so abwegig erscheint. Dass sich die jungen Menschen hier willenlos der Selbstzerstörung hingeben, ist eine kühne Provokation der österreichischen Regisseurin Jessica Hausner. Bereits in „Little Joe“ verpackte sie ihren gesellschaftlichen Kommentar in Science Fiction-Elemente und auch in ihrem vielfach ausgezeichneten Film „Lourdes“ behandelte sie blinden Fundamentalismus. Die Aussage von „Club Zero“ ist alles andere als subtil, Hausner zeigt keine Lösungen, sondern seziert das Problem. Ihre Versuchsanordnung eines Ernährungskults wirkt dabei lehrbuchhaft und wenig überraschend. Die visuelle Gestaltung ist kunstvoll. Hauptdarstellerin Mia Wasikowska („Alice im Wunderland“) überzeugt als unterkühlte, berechnende Verführerin, ebenso wie die jungen Darsteller. Dem Drehbuch mangelt es jedoch an einem befriedigenden Ende, das über die zynische Weltsicht dieser finsteren Satire hinaus bestand hat.

»Club Zero«: ab 28.3., Passage-Kinos, Schauburg, Kinobar Prager Frühling

 

Weitere Filmtermine der Woche

Die Passion Christi
USA 2004, R: Mel Gibson, D: James Caviezel, Monica Bellucci, Maia Morgenstern, 127 min

Angelehnt an die Passionsspiele stellt Regisseur Mel Gibson den Kreuzestod Jesu als Erlösungstat für die Menschheit dar und spart dabei nicht an visueller Grausamkeit.

Passage-Kinos, 31.03. 11:30


Dune-Doublefeature 
USA 2021/24, R: Denis Villeneuve, D: Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Zendaya, 322 min

Beide Teile der epischen Science-Fiction-Romanadaption am Stück.

Schaubühne Lindenfels, 29.03. 18:30 (OmU)


Erbarme Dich! – Die Matthäuspassion
NL 2015, Dok, R: Ramón Gieling, 98 min

Der musikalische Dokumentarfilm lässt unterschiedlichste Menschen ihre besondere Beziehung zum Werk Johann Sebastian Bachs aufzeigen

Passage-Kinos, 01.04. 11:30 (Oster-Matinee)
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Der Baader Meinhof Komplex
D 2008, R: Uli Edel, D: Moritz Bleibtreu, Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara, 144 min

Die Geschichte der ersten RAF-Generation als atemloses und mit exzessiven Gewaltdarstellungen inszeniertes (Action-)Kino. Mit seinem auf dem gleichnamigen Buch von Stefan Aust basierenden Skript beansprucht Bernd Eichinger nach »Der Untergang« erneut die Deutungshoheit für eine Schlüsselperiode deutscher Zeitgeschichte.

Cinestar, 02.04. 19:30
Regina-Palast, Cineplex, 02.04. 20:00


Kurzsuechtig

Die große Kunst des kurzen Films steht im April wieder im Rampenlicht der Schaubühne Lindenfels. Fünf Tage lang ist das Beste zu erleben, was die mitteldeutsche Kurfilmszene zu bieten hat. Daneben gibt es Workshops zum Weiterbilden, Panels zum Netzwerken, aktuelle VR- und XR-Projekte zu, Staunen und einen Blick über die Landesgrenzen nach Griechenland, das in diesem Jahr beim Kurzsuechtig zu Gast ist. Das umfangreiche Programm gibt’s unter kurzsuechtig.de

3.-7.4., Schaubühne Lindenfels


Night On Earth 
USA 1991, R: Jim Jarmusch, D: Armin Mueller-Stahl, Winona Ryder, Roberto Benigni, 128 min

In fünf Episoden, die sich in einer einzigen Nacht in L.A., New York, Paris, Rom und Helsinki ereignen, zeigt Jim Jarmusch, wie aufregend der Beruf des Taxifahrers sein kann.

Schaubühne Lindenfels, 01.04. 18:00 (OmU, The Indepen  dent Cinema of Jim Jarmusch)


Something You Said Last Night NEU
CDN/CH 2022, R: Luis De Filippis, D: Carmen Madonia, Ramona Milano, Paige Evans, 96 min

Ren fährt mit ihrer dysfunktionalen Familie in den Sommerurlaub. Im engen Feriendomizil kommen nach und nach so einige Konflikte auf und Geheimnisse ans Licht.

Kinobar Prager Frühling, 31.03. 19:00 (OmU)


 

 

 


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