anzeige
anzeige
Kultur

Archiv der sieben Millionen Fotografien

Die Deutsche Fotothek in Dresden feiert ihren 100. Geburtstag

  Archiv der sieben Millionen Fotografien | Die Deutsche Fotothek in Dresden feiert ihren 100. Geburtstag  Foto: Mahmoud Dabdoub

»100 Jahre – 100 Positionen« – so startet die Homepage der Deutschen Fotothek in ihrem einhundertjährigen Jubiläumsjahr und gibt einen ersten Überblick zu den mehr als 200 Vor- und Nachlässen von Fotografinnen und Fotografen – das Archiv der Fotografen, das die Institution besitzt. Die ausgewählten Motive sind jeweils verbunden mit ausführlichem Lebenslauf samt Angaben zu Publikationen, Ausstellungen sowie Literatur. Zu sehen sind auch viele Motive aus Leipzig – beispielsweise zum Leben in den Achtzigern in Schwarz-Weiß von Mahmoud Dabdoub. Geboren 1958 in Baalbek (Libanon), kam er 1981 in die DDR und erhielt einen von sechs Plätzen in der Fotografieklasse an der Hochschule für Grafik und Buchkunst. Dort begann er 1982 sein Studium bei Arno Fischer, Evelyn Richter und Helfried Strauß – 100 signierte Prints von ihm aus den achtziger Jahren befinden sich seit 2016 im Bestand der Fotothek. Vom 2021 verstorbenen Leipziger Fotografen Erasmus Schröter übernahm das Haus 34.700 Negative und 470 Diapositive. Seit 2014 befindet sich auch der umfangreiche Nachlass seines Vaters Wolfgang G. Schröter (1928–2012) in Dresden. Dazu zählen 50.000 Farb- und Schwarz-Weiß-Diapositive, Schwarz-Weiß-Negative, Vintage und Modern Prints sowie eine Handbibliothek und biografische Dokumente.

Die Anfänge der Fotothek liegen in Chemnitz. Dort wird im Mai 1924 der Sächsische Landesverband des Film- und Bildwesens gegründet, der sich ab November des Jahres Sächsische Landesbildstelle, Stiftung des öffentlichen Rechts nennt. Ein Jahr später erfolgt der Umzug in die sächsische Landeshauptstadt. Ab 1938 heißt die Institution Landesbildstelle und dient vor allem der Bereitstellung von Bildern – ob Dia oder Film – für die Bildungseinrichtungen. Nach Bombenschäden im Februar 1945 erfolgt zwei Jahre später die Wiedereröffnung. Ab 1952 lautet die Bezeichnung Staatliche Fotothek Dresden, vier Jahre später Deutsche Fotothek Dresden – Zentrales Institut für Kulturwissenschaftliche Bilddokumente, die seit 1961 der Staatsbibliothek Berlin unterstellt ist, seit 1983 der Sächsischen Landesbibliothek. Im damaligen Bestand befinden sich 650.000 Negative, 12.000 Positive sowie 60.000 Leihdias vor allem aus dem Bereich der Sozialdokumentation und Reportagefotografie. 1996 fusionieren die Bibliothek der TU Dresden und die Sächsische Landesbibliothek zur Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek, kurz SLUB, wo die Deutsche Fotothek seitdem beheimatet ist. Seit 2003 leitet Jens Bove die Fotothek, die er im Gespräch mit dem kreuzer als ein Universalarchiv beschreibt. Bildarchive befinden sich in einem Zwischenzustand – sie sind weder Museum noch ein öffentliches Archiv. Die Deutsche Fotothek ist eins der bedeutendsten. Dafür sprechen allein die über sieben Millionen Fotografien im Bestand, von denen über zwei Millionen online recherchiert werden können. Neben dem eigenen Bestand stellt die Fotothek für über 90 Partner-Institutionen – etwa die Stiftung F. C. Gundlach, den Nachlass von Roger Melis, das DDR-Bildarchiv oder die Werkdatenbank Bildende Kunst Sachsen – ihre technische Infrastruktur zur Verfügung, auf die täglich mehr als 2.000 Menschen zugreifen. Zwanzig Mitarbeitende kümmern sich um die inhaltliche und materielle Bereitstellung der Fotografien.

100 Jahre Institution bedeuten in diesem Fall auch 100 Jahre Geschichte der Bildträger samt den technischen Veränderungen im Medium, analog und digital. Diese verändern sowohl das Sammeln, Speichern und Bearbeiten als auch die Vermittlung der Spezifik des jeweiligen Bildträgers.

Bezogen auf die Materialität der Bildträger erklärt Jens Bove im Gespräch, dass bei der Präsentation im Internet in erster Linie die Bildinhalte und Motive zählen. Bei Ausstellungen und für die Forschung gehe es mehr um das Medium und die Frage: Wer hat wann was warum wie aufgenommen? Zudem erfordern historische Bildträger wie Dias oder Glasnegative Vermittlung, wenn sie ausgestellt werden.

Das eingangs vorgestellte Archiv der Fotografen stellt einen besonderen Schwerpunkt der Fotothek dar. Idealerweise findet die Übergabe des Archivs von einzelnen Fotografinnen und Fotografen nach einer längeren Zusammenarbeit mit der Fotothek statt. Von den vielen Anfragen zur Übernahme von Fotoarchiven können pro Jahr fünf in den Bestand der Fotothek überführt werden. So wächst das Bilderarchiv kontinuierlich an. Perspektivisch wünscht sich sein Leiter mehr Platz, mehr Personal zur Bearbeitung des Bestandes und eine größere Ausstellungsfläche, um die Bestände nicht nur digital sichtbar machen zu können. 


> Ausstellung mit Arbeiten von Erwin Fieger, Wolfgang G. Schröter, Reinhart Wolf bis zum 13.7., SLUB Dresden, www.deutschefotothek.de

 

 


Kommentieren


0 Kommentar(e)